[18][Story] - Venture of life

Der kleine Teladi aus dem X-Universum hat Gesellschaft bekommen - hier dreht sich jetzt auch alles um das, was die kreativen Köpfe unserer Community geschaffen haben.

Moderators: HelgeK, TheElf, Moderatoren für Deutsches X-Forum

Majonese
Posts: 134
Joined: Sun, 14. Feb 10, 16:59

Post by Majonese » Tue, 4. Jan 11, 21:53

Ädit: Ich hoffe ich hab dich grade nicht zu sehr durch den Fleischwolf gedreht, aber das ist es was ich dazu meine... -.-´ Ich hoffe andere sehen das etwas anders als ich... ^^
Genau deshalb poste ich die Kapitel, damit ihr mir sagen könnt, was gut ist und was nicht :wink:
gerade gaaanz rein zufällig genau dort ist, wohin deine Helden flüchten...
Dazu muss ich schon noch was sagen:
Spoiler
Show
Es war nicht einmal annähernd Zufall, dass dieses Wesen genau dort spawnt, wo die hinflüchten...
________________________________________________
Kapitel 11- Seyrià
Es war eigentlich keine richtige Besprechung, nur weil sie hier wie in einer Ratssitzung für Arme waren. Es war mehr ein "vor sich hinmurmeln" von Ideen, wie sie aus ihrer Situation herauskommen konnten. Dabei waren nicht nur die Gespräche an sich nahezu inhaltslos, auch die Personen waren alles andere als sonderlich aufgeweckt.
Nick wirkte ziemlich erschöpft, hatte den Kopf zwischen die Arme gelegt und lauschte dem, was die anderen sagten. Isaac wusste so viel, dass Nick das letzte Mal geschlafen hatte, als sie noch auf der Flame Sword gewesen waren, das lag inzwischen auch gut zwei Tage zurück.
Auch Nathalia hatte den Kopf auf die Hand gestützt und schaute müde umher, auch wenn sie immer noch versuchte dem Gespräch folgen zu können. Es war für Isaac angenehm in ihrer Gegenwart zu sein, auch wenn sie im Moment alles andere als gesprächig war.
Jessica warf Isaac immer wieder prüfende Blicke zu und er hatte keine Ahnung was mit ihr war. Er kannte sie noch überhaupt nicht und auch das, was er bisher von ihr wusste, sagte überhaupt nichts über sie aus. Bisher hatte sie noch nicht viel gesagt und wenn sie mal sprach, waren es meist nur wenige Worte. Eine gewisse Abneigung ging von ihr aus. Dabei konnte sich Isaac sehr gut vorstellen warum; er und Nathalia waren eigentlich Eindringlinge in das mehr oder weniger ruhige Leben der Besatzung auf der Flame Sword. Kathleen schwebte in Lebensgefahr, John war tot und sie befanden sich auf einem kleinen Bergungsschiff, ohne eine Möglichkeit irgendetwas zu tun.
Isaac selber beteiligte sich so gut es ging, doch seine Gedanken schweiften immer wieder ab. Auch er fühlte sich müde, doch trotz seiner Verletzungen war er Entschlossen irgendetwas zu tun und sei es nur eine sinnlose Diskussion zu führen. Nur schlafen kam für ihn nicht infrage und er glaubte, dass er Angst vor diesen Träumen hatte, wobei er das auch nicht genau sagen konnte.
Sie hatten schon versucht zu klären, wohin sie als nächstes überhaupt fliegen sollten. Sie brauchten dringend Verpflegung, sie hatten nicht mal genug für die nächsten paar Tage, auch Munition war knapp, sie hatten nicht mehr als ein paar Impulskapseln und ein halbes Dutzend Granaten. Bei einem Angriff hatten sie so oder so keine Chance, da sie nur eine Art übergroße Rettungskapsel flogen.
"Was ist mit Kathleen?", fragte Isaac nach und Nick erhob sich ein Stück.
"Die einzigen, die wohl ganz sicher irgendein Mittel haben, ihr zu helfen, sind die Acronta selber und an die kommen wir wohl schlecht heran."
"Aber gibt es denn nicht sonst noch irgendwo Leute, die vielleicht wissen, wie Kathleen zu helfen ist!", begann Isaac, bevor wieder dieses unangenehme und allmählich nervende Schweigen eintrat.
Nathalia meldete sich zu Wort. "Wir brauchen ein Gegengift, nichts weiter. Wir müssen niemanden fragen, was gegen das Gift der Acronta hilft, wir müssen jemanden fragen, der weiß wo wir welches bekommen!"
"Das wird lustig; Entschuldigen Sie bitte, wir brauchen ein bisschen Acronta-Gift, wir sind zu blöd um es selber zu besorgen und weil das ja auch Bäumen wächst haben Sie bestimmt auch was davon...klar doch!", meinte Nick entnervt. "Und selbst wenn wir jemanden zufällig treffen würden, der uns zufällig helfen kann und will, brauchen wir bestimmt auch ne hübsche Stange Geld, ich würde keinesfalls das Gegengift, welches ich als hochrangiger Forscher an einer terranischen Forschungseinrichtung habe und damit Reaktionen an Mäusen ausprobiere, kostenlos hergeben."
Nick schien allmählich richtig aggressiv zu werden, teils wegen ihrer ganzen Situation, teils wegen dieser Verzweiflung nichts tun zu können.
"Ich glaube nicht, dass wir Geldprobleme haben werden", meinte Nathalia. "Glaubt mir, die To´kaèsh sind keine Götter, nur weil sie so heißen und wir haben Geld wie jeder andere auch...also mehr als genug."
"Ja, alles auf euren kleinen Kriegszügen eingenommen", meinte Nick verächtlich.
"Vielleicht ist das ein Konto, welches ich schon als kleines Mädchen hatte, wo meine Eltern noch für verantwortlich waren, nur habe ich dieses Geld nie gebraucht. Natürlich können wir auch einfach klauen, was wir benötigen, aber vielleicht wäre es euch lieber, wenn ich einfach das Geld nehme und damit alles ganz legal auf irgendeiner Raumstation erwerbe, wenn du so viel Wert darauf legst!", gab Nathalia gereizt zurück.
Nick verschränkte die Arme. "Könnt ihr nicht einfach eure Freunde herbeirufen? Wenn ihr euch schon Götter nennt, könnt ihr doch auch problemlos Hilfe anfordern!"
Aus irgendeinem Grund verärgerte diese Aussage Isaac ziemlich. "Wir sind keine Götter! Ich glaube kaum, dass es so etwas wirklich gibt und das hier", er hob seinen rechten Arm so gut es ging an, "würde einem Gott niemals passieren können! Du musst dich damit abfinden, dass Nathalia und ich auch nur Menschen sind. Wir sind trotz unserer Fähigkeiten auf vollkommen weltliche Dinge angewiesen."
"Außerdem glaube ich kaum, dass wir sonderlich groß empfangen werden würden. Mit Waffen ja, aber Isaac und ich haben den Kreis der Zehn verlassen."
"Der Kreis der zehn?", hakte Jessica nach. Zum ersten Mal schien ihr Interesse geweckt.
"Ich...die zehn To´kaèsh haben sich zusammengeschlossen, der Kreis der Zehn. Du weißt sicherlich, dass die To´kaèsh auch als Sucher bekannt sind. Also auf der Suche nach irgendetwas." Nathalia strich sich die Haare aus dem Gesicht, die- wie Isaac erst jetzt auffiel- einen blassen Grauton angenommen hatten. "Nur vereint konnten wir unsere Suche überhaupt beginnen."
"Wonach habt ihr eigentlich gesucht?", fragte Jessica weiter.
"Keine Ahnung. Das weiß nur unser Anführer, Faèn. Er ist auch der einzige, der überhaupt noch wirklich an das glaubt, was wir tun. Isaac und ich sind in seinen Augen Verräter, Faèn hat versucht Isaac umzubringen und ich glaube kaum, dass die anderen To´kaèsh uns nicht auf der Stelle umbringen würden."
"Also, Geldprobleme würden wir keine haben, doch wo sollen wir Hilfe für Kathleen herbekommen? Und wo sind wir vor den Rettern in Sicherheit?", versuchte Isaac zurück zum Thema zu kommen.
"Sie sind hinter uns her?", fragte Jessica überrascht und Nick wirkte ebenfalls erschrocken.
Nathalia nickte müde. "Ja, die Terraner haben uns die Möglichkeit gegeben, uns von der Venator zu entfernen aber die Retter sind ein Netzwerk, es gibt vermutlich hunderttausende, nicht nur Soldaten sondern auch einfache Bürger aller möglichen Rassen, die mich und Isaac sofort erkennen würden. Ich glaube, es ist inzwischen bekannt, dass wir beide Verräter sind."
"Also sind sie nicht hinter uns sondern nur hinter euch beiden her!", sagte Nick wütend. "Wir hätten deutlich weniger Probleme, wenn..." Den Rest des Satzes ließ er offen. Es dauerte einen Moment bis Isaac verstand, worauf Nick hinaus wollte. Bevor er etwas sagen konnte sprang Nathalia auf und ließ ihrem Zorn freien Lauf.
"Isaac und ich sind nicht freiwillig hier!", brüllte sie Nick ins Gesicht. "Für alles was passiert gibst du uns die Schuld, du glaubst, dass du irgendetwas ändern könntest!" Nick schrumpfte mit einem Mal zusammen und nun wurde Isaac klar, was für Fähigkeiten Nathalia als Tokaier hatte. Ihr Gesicht schien deutlich schmaler zu sein und ihre Zähne standen raubtierähnlich hervor. Aus Nathalias Händen hatten sich in Sekunden Klauen geformt und sogar ihre Körperhaltung änderte sich, sie ging leicht in die Hocke, wie als ob sie kurz vor einem Angriff wäre. Ihre Augen hatten ein grausames rot angenommen, genau wie ihre Haare.
Isaac war in irgendeiner Weise erleichtert, jetzt wurde ihm klar, dass nicht nur er unerklärliche und unpassende Wutanfälle hatte. Er legte Nathalia eine Hand auf die Schulter und sie setzte sich schnaubend, ohne noch etwas zu sagen. Auch schien ihr Körper wieder zurückzuwandeln. Die Zähne wurden wieder normal, die Hände verloren die Krallen, ihre Augen nahmen wieder einen Grünton an und ihre Haare gingen wieder in ein mattes Grau.
"Es wäre hilfreich, wenn ihr euch nicht ständig in den Haaren hättet!", meinte Isaac müde aber bestimmt, ehe er fortfuhr. "Nathalia hat recht, daran lässt sich nichts ändern, dass wir hier sind."
Nick entgegnete wütend aber immer noch etwas eingeschüchtert: "Was wollt ihr hier? Ihr habt bei uns nichts, was ihr hier bei uns wollt! Wenn wir durch euch beide nur unnötig in Gefahr geraten, solltet ihr wohl besser verschwinden!"
"Was willst du denn als nächstes tun?", fragte Isaac möglichst ruhig und neutral, auch wenn Nicks Worte eine gewisse Wahrheit hatten.
"Ich möchte, dass Kathleen überlebt! Ohne euch wäre es nie soweit gekommen, John wäre noch am Leben und Kathleen würde nicht im Sterben liegen!", gab Nick aufgebracht zurück.
"Und mir ist das deiner Meinung nach alles vollkommen egal?", fragte Isaac leise. "Meinst du nicht, dass es mich ebenso frustriert, Kathleen nicht helfen zu können? Glaubst du, dass mir Johns Tod egal ist?"
"Ich...", begann Nick etwas verwirrt, aber Isaac fiel ihm ins Wort.
"Mir ist bewusst, dass ihr euch jahrelang auf der Flame Sword ein Leben wie eine Art Familie aufgebaut habt! Euch ging es lange Zeit gut und die Welt war wohl wunderbar, nicht? Aber ich glaube, dass ihr es noch nicht allzu lange mitbekommen habt, dass wir in einem Krieg sind! Es ist wohl schwer zu erwarten, dass in einem Krieg alles immer so kommt, wie man es erwartet! Wie man es gerne haben möchte!"
Nick sagte nichts, stattdessen meldete sich Jessica mit knappen Worten. "Was tun wir also als nächstes?" Ohne Zweifel schien sie das Ziel ihrer kleinen Besprechung nicht aus den Augen verloren zu haben.
Nick murmelte entgeistert: "Krieg...klar doch...wenn ihr nicht mehr im Kreis der Zehn oder wie dieser Mist heißt seid, müsste es doch gar keinen Krieg mehr geben..."
Entnervt verdrehte Isaac die Augen, doch er wusste, dass Nick versuchte irgendetwas an der Wahrheit, die weder ihm, noch den anderen hier Anwesenden gefiel, zu ändern versuchte. "Faèn möchte nicht nur diese Suche beenden, er möchte zudem die Zivilisationen vernichten. Alle Wesen, die sich selbst als intelligent bezeichnen sollen ausgerottet werden!"
Für Isaac kam diese Aussage ganz normal vor, schließlich war es das, was die Retter schon seit Jahrhunderten versuchten. Doch Nicks und Jessicas Gesichter zeigten eine Mischung aus Abscheu und Entsetzen. Auch wenn er dieses Töten verabscheute, musste Isaac zumindest diesen Beweggrund verteidigen. "Ihr wisst, wie die Erde zu dem geworden ist, was sie jetzt darstellt?", fragte er, doch Nick und Jessica schüttelten die Köpfe, sogar Nathalia wusste es nicht. Dabei war es Isaac erst vor wenigen Sekunden wieder eingefallen, was mit diesem legendären Planeten passiert war; anscheinend konnte er sich wirklich nach und nach erinnern, was er in seinem bisherigen Leben mitbekommen hatte.
"Die meisten Leute wissen nicht, wie die Erde früher war. Heute ist sie verseucht, voller Ruinen und hat nichts von ihrer Schönheit behalten. Und das innerhalb von zweitausend Jahren. Denn davor war die Erde das, was wir uns unter einem Paradies vorstellen würden, schneebedeckte Berge, düstere Wälder, ein blauer Ozean und millionen von Tier- und Pflanzenarten. Von diesen Tieren jedoch stach eine Art ganz besonders hervor; sie nannte sich selbst Mensch, was an sich schon besonders war. Doch diese Rasse war keinesfalls ein großer Schritt der Evolution, es war mehr eine Missbildung oder ein Virus. Der Mensch stand nicht an der Spitze der Nahrungskette und er erhob sich nicht bis nach dort, er rottete seine Feinde einfach aus. Durch die Entwicklung dieser Rasse starben so viele Lebewesen aus, dass die Erde bereits vor dreitausend Jahren besudelt war. Doch damals hätte noch Hoffnung bestanden, das Gesicht der Erde umzugestalten, es wieder zurückzuwandeln; ohne den Menschen."
Isaac bemerkte gar nicht, dass er eine Geschichte erzählte, die er irgendwann- genau wusste er nicht- selber so erzählt bekommen hatte. Er konnte sich sogar an jedes einzelne Wort erinnern. "Doch durch den technologischen Fortschritt der Menschen brachen auch immer mehr Kriege zwischen den Nationen aus. Massenvernichtungswaffen wurden immer häufiger eingesetzt und sie töteten nicht nur Menschen, sie töteten alle Tiere und Pflanzen. Es gab sogar die Möglichkeit sich mithilfe von Bunkern zu schützen, doch die Menschen dachten gar nicht daran diese Orte mit anderen Tieren zu teilen, damit diese sich ebenfalls schützen konnten. Sobald ein Lebewesen in die Bunker kam, wurde es getötet, wenn es kein Mensch war.
Der Krieg, der sich vor gut zweitausend Jahren auf der Erde abgespielt hatte, das Ende des dortigen Lebens. Es waren Acronta gewesen, die terranische Planeten und Stationen angegriffen hatten und die Erde war nicht der einzige Planet, der mit grausamen Waffen angegriffen wurde. Heute lebt niemand mehr auf diesem Planeten und er ist ein Mahnmal der Acronta geworden. Und das Symbol der Retter. Das Schicksal der Erde hat diesen Krieg ausgelöst, hat überhaupt erst die To´kaèsh zusammengerufen."
Die drei schauten Isaac entgeistert an, doch während Nathalia nur darüber entsetzt war, dass Isaac diese Geschichte überhaupt kannte und dass er sich plötzlich wieder daran erinnert hatte, waren Jessica und Nick schockiert über den Inhalt dieser Erzählung. Ohne zu warten fuhr er fort.
"Die Retter kennen keine Regeln, nur weil es nicht wie ein Krieg anfühlt, heißt das nicht, dass es keiner ist. Die Zivilisationen müssen sich an Regeln im Krieg halten, was absolut lächerlich ist, die Retter sagen ihren Feinden nicht: Wir sind jetzt im Krieg. Passt auf, wenn ihr einen von uns seht. Noch dazu sind die Retter keine eigene Rasse und somit zwischen all den anderen Bürgern nicht ausfindig zu machen, bis sie zuschlagen."
Einen Moment lang herrschte Stille, dann stieß Nick ungläubig aus: "Die Zivilisationen ausrotten?"
"Ja, die Zivilisationen ausrotten, hast schon verstanden! Was meinst du, warum wir in den letzten beiden Jahrtausenden überhaupt keine technologischen Fortschritte hatte, außer in der Waffentechnik? Selbst die Mode ist schon zweitausend Jahre alt, wenn nicht sogar noch älter. Alles, was die Menschen herstellen oder bauen hat sich schon seit Generationen nicht verändert; bis auf die Waffen. Ich hasse es zu töten und ich möchte die Menschen nicht ausrotten, wie es die Retter tun wollen, doch ich glaube nicht, dass so etwas eine positive Entwicklung ist!"
"Gut, jetzt wisst ihr beide, was euch erwartet, wenn ihr auf andere Retter stoßt", meinte Isaac müde. "Nur haben wir immer noch nicht geklärt, was wir als nächstes tun. Wohin soll´s jetzt gehen?"


Der Rest des Gesprächs sah so aus, dass Nathalia und Nick, beide mit ziemlich erschöpftem Ausdruck und beinahe ohne ein Wort herumsaßen und Jessica und Isaac zuhörten, die darüber sprachen, wohin sie jetzt fliegen wollten. Oder eher mussten. Das was Isaac bei Jessica zuerst für Abneigung gehalten hatte, wirkte nun doch mehr wie Zurückhaltung und Vorsicht, vermutlich einfach weil er kein einfacher Mensch war.
Es dauerte nicht allzu lang- was vielleicht daran lag, dass Nick und Nathalia nur herumsaßen-, dann hatten sie sich auf ihre nächstes Ziel geeinigt, wo sie nicht nur sicher vor dem terranischen Militär wären, sondern auch, wo sie sich versorgen und möglichst auch ein richtiges Schiff auftreiben konnten. Ein Beschleuniger im Orbit von Tenla führte in ein von Piraten kontrolliertes System, zwar wussten Isaac und Jessica weder den Namen des Systems noch des Piratenclans, der dort herrschte, doch sie einigten sich unter sehr spärlichen Einwürfen von Nick oder Nathalia schließlich darauf, dass es die einzige Möglichkeit wäre.
Zwar hatte Tenla vier orbitgestützte Beschleuniger doch einer davon führte zurück nach Nura-III, wo sich noch immer die Flotte der Retter befand, zwei führten in terranisches Militärgebiet, was sowohl Zufall als auch Pech war und ein Beschleuniger führte in ein Piratengebiet. Dort war es tatsächlich- auch wenn das merkwürdig klingen mochte- am sichersten.
Jessica verließ kurz darauf den Besatzungsraum und allmählich schien auch Nick wieder wach zu werden, zumindest fing er an Fragen zu stellen über das, was er vorhin gehört hatte, von möglicher Hilfe für Kathleen, den Beweggründen der Retter bis zu Fragen über Nathalia und Isaacs Herkunft, er schien unbedingt wissen zu wollen, warum er sich in dieser Situation befand.
Isaac fiel auf, dass Nick noch immer einen teilweise genervten, teilweise verärgerten Gesichtsausdruck hatte. Doch zwischen ihm und Nathalia war schon bald ein Gespräch entbrannt und weil Isaac allmählich Kopfschmerzen bekam- was zweifellos an seinen bisherigen Erlebnissen lag, daran zweifelte er kein bisschen- wollte er sich doch hinlegen.
Er befand sich jetzt auf dem Weg zurück in den Krankensaal, inzwischen fühlte er sich da sogar fast wohl, wenn man davon absah, dass Isaac meistens halbtot dort in einem Bett erwachte. Seine Kopfschmerzen wurden immer schlimmer, je näher er dem Krankensaal kam, fast so als wollten sie verhindern, dass Isaac irgendwelche Mittel gegen seine Schmerzen nahm.
Als er die Tür zum Saal schließlich öffnete und kurzerhand einen der unzähligen Schränke neben der Tür durchwühlte, dachte er wieder über die monströse Kreatur nach, welche ihn angegriffen hatte. Wohlgemerkt, ihn, Isaac. Nick hatte ohne Probleme zurück aufs Schiff gehen können, während Isaac keine Chance dazu gehabt hatte. Auch fragte er sich, wie dieses Wesen hierhergekommen war, vor allem aber, was es gewesen war. Doch vermutlich war das auch egal, umkehren und nachschauen, was es mit dieser Kreatur auf sich hatte, wäre Wahnsinn und unnötig, sodass Isaac sich mit dem Gedanken abfinden musste, es nicht herausfinden zu können.
Isaacs Kopfschmerzen wurden immer heftiger und allmählich glaubte er nicht, dass es irgendwie an Stress oder etwas Ähnlichem lag. Ohne irgendetwas gegen die Schmerzen gefunden zu haben, schloss er die Schränke wieder und beschloss, abzuwarten. Als er auf der Flame Sword aufgewacht war, hatte er nach nur zwei Tagen nicht die Spur einer Verletzung gehabt und angefangen hatte das auch mit plötzlichen Schmerzen.
Auch wenn Isaac kaum noch die Augen öffnen konnte, ging er zu einem der Betten und legte sich vorsichtig darauf, um seinen Arm zu schonen. Sein Kopf dröhnte, pochte und brannte und er hatte nicht die geringste Vorstellung, was es bedeutete, wenn sich sein Körper selbst generierte. Er würde Nathalia so bald wie möglich danach fragen müssen, doch zuerst musste er erst mal diese verdammten Schmerzen aushalten.
Trotz der Versuche die Augen zu schließen und zu schlafen, Isaac lag eine halbe Ewigkeit- wohl eher nur ein paar Minuten- wach und starrte die schwach erleuchtete Decke an. Schließlich hielt er das Herumliegen nicht mehr aus und stand auf. Allmählich wunderte sich Isaac wirklich über die Stärke und Dauer dieser Schmerzen. Als sich seine Wunden auf der Flame Sword von alleine geheilt hatten, war es nur ein kurzer Moment des Schmerzes, nicht aber so etwas.
Die gesunde Hand an den Kopf gepresst wollte er den Raum verlassen und schon auf dem Weg zur Tür wurde das Dröhnen in seinem Schädel schwächer. Er hielt inne und wartete, doch seine Hoffnung, dass diese verfluchten Qualen endlich aufhören würden, erfüllte sich nicht. Isaac verfluchte es, ein To´kaèsh zu sein. Gerade eben noch hatte er sich keine Gedanken darum gemacht, doch solche Schmerzen von einem Moment auf den nächsten waren nicht auszuhalten und da half auch kein hin und her Gelaufe.
Und so, wie diese Kopfschmerzen gekommen waren, verschwanden sie wieder.
Isaacs Blick klärte sich und nicht die Spur von Unwohlbefinden blieb zurück. Was war das für ein kranker Mist? Erleichtert und trotzdem wütend öffnete Isaac die Tür auf den Gang. Und bevor er einen Schritt machen konnte, verschwand alles um ihn herum in einem grellen Licht.


Zwar gab es nie ein wirklich gutes Verhältnis zwischen Acronta und Menschen und nachdem sich die Gemeinschaft zwischen den verschiedenen Völkern aufgrund der Angriffe der Retter aufgelöst hatte, waren diese beiden Rassen beinahe in einem Krieg versunken. Doch nicht überall herrschte Zwietracht, zumindest in keinem allzu großen Maße. Gerade Nura-III war ein Platz, der trotz seiner Abgeschiedenheit als Symbol der Eintracht und des Zusammenseins von Menschen und Acronta betrachtet, auch wenn es nicht der einzige Planet war, den beide Völker miteinander bevölkerten.
Inzwischen war der ganze Planet nicht nur deutlich bekannter, sondern vor allem vollkommen zerstört. Auf Nura-III hatten mehrere millionen Menschen und Acronta gelebt, es waren eigentlich viele Millionen gewesen, auch wenn es nie genaue Zahlen gegeben hatte.
Es gab keine Funksignale mehr, die von den Städten auf Nura-III ausgingen, keine Hilferufe mehr, kein Schiff versuchte Flüchtlinge in irgendein anderes System zu bringen. Wie auch? Es gab keine Schiffe mehr, keine Funkstationen und auch sonst keine intakten Gebäude mehr. Es gab noch nicht einmal mehr Leute, die flüchten mussten oder die Hilfe anfordern konnten. Sämtliche Städte waren mit Bomben und Raketen bedeckt worden, anschließend waren hunderttausende Soldaten mit Landeplattformen und schweren Schiffen auf den Boden gekommen und hatten sich durch die Trümmerfelder in den Straßen gekämpft.
Nicht nur, weil Acronta, Menschen, Reiiel und andere Wesen am Angriff beteiligt waren und auch eine bunte Ansammlung an Fahrzeugen, Waffen und Ausrüstung mitgeführt worden waren, auch weil keine Gefangenen gemacht wurden. Planeteninvasionen waren nichts Neues, auch wenn sie jedes Mal wieder für Schlagzeilen in den benachbarten Systemen sorgten, doch immer war in diesen Nachrichten die Rede von tausenden Sklaven oder Geiseln. Auf Nura-III war jeder Mensch und jeder Acront abgeschlachtet worden, die Leichen lagen zu hunderten in den brennenden Gebäuden, unter Trümmern oder einfach auf der Straße herum, wer sollte sich schon um sie kümmern und sie bestatten?
Zwar war Nura-III eigentlich eine recht warme Welt, doch der allzu seltene Winter hatte nun die Hauptstadt heimgesucht, zumindest das, was davon übrig war.
Gerade einmal vor einer Woche waren die ersten Raketen explodiert und die ersten Schüsse gefallen und schon jetzt herrschte eine unglaubliche Ruhe auf dem gesamten Planeten. Keine Gleiter, keine in den Raumhäfen startenden und landenden Raumschiffe und auch die Stadt mit ihren einst gigantischen Gebäuden, die alle drei Meter hohe Stockwerke hatte und auch am Tag mit Licht durchflutet war, lag in Trümmern. Die meisten Gebäude waren aus verschiedenen Arten von Beton oder anderem Stein errichtet worden, sodass nun zwischen den hoch in den Himmel ragenden Ruinen keine Straßen mehr zu erkennen waren, sondern nur noch Steinsplitter, Flammen, Wracks von allen möglichen Maschinen und teilweise grausam entstellten und verbrannten Leichen.
Gerade einmal eine Woche...
Es kam Ruvon wie eine Ewigkeit vor. Eine Woche war es erst her, doch statt wie sonst in einem der Patrouillenkreuzer zu schlafen, verbrachte er die Nächte unter der Erde. Es war verdammt dunkel, es stank nach verbranntem Fleisch und die Luft war stickig. Es waren uralte Keller, die tief unter die Erde gingen, teilweise waren sie verschüttet, doch es war hier wenigstens einigermaßen sicher. Die Retter konnten nicht einfach hier hinab kommen.
Trotzdem, es war eine Erleichterung dieses Versteck erstmal verlassen zu können, in dem sich an die hundert Überlebende aufhielten. Davon waren gut die Hälfte Soldaten, die den einzigen Eingang in dieses Kellersystem verbargen. Vor einem Tag waren die Schiffe der Retter abgezogen, nur einige Patrouillen blieben im Schnee zurück und das waren so wenige Krieger, dass Ruvon und die anderen schließlich beschlossen hatten, die Umgebung zu sichern und dann zu versuchen, die Überlebenden irgendwo unterzubringen. Wie, das spielte keine Rolle, zuerst ging es darum, die verbliebenden Retter auszuschalten, sofern sich noch welche in den Resten der Hauptstadt aufhielten.
Mit dreizehn anderen Männern und Frauen, alle schwer bewaffnet, stapfte Ruvon durch den Schnee. Hin und wieder waren die Straßen blockiert, sodass der Trupp umkehren musste, doch sie alle hatten keine Bedenken hier raus zu kommen. Notfalls würden sie tagelang herumirren, doch daran dachte keiner von ihnen.
Die Kälte und die vergangenen Ereignisse machten Ruvon schwer zu schaffen und er wusste, dass es den anderen auch so erging. Die Nacht war hereingebrochen und sie alle waren trotz der gelegentlichen Brände nahezu blind, sodass er schließlich eine Rast im Untergeschoss eines noch recht intakten Hauses befahl. Dieses war riesig, doch davon war nicht mehr viel zu erkennen.
Ruvon war offiziell gesehen kein Befehlshaber, er hatte eigentlich keine Kommandos zu geben, doch er war trotz seiner erst vierzig Lebensjahre der Erfahrenste unter ihnen. Dass sich mehr Soldaten als Zivilisten in den Schacht hatten retten können lag daran, dass der Zugang zu diesem Schacht direkt unter einer Kaserne lag. Leider waren diese Soldaten zwar gut ausgebildet, verfügten aber über keinerlei praktischer Erfahrung.
Deshalb befolgten sie alle seine Befehle, auch wenn es für ihn ziemlich merkwürdig war, dass sie alle das machten, was er sagte. Ihm war bewusst, dass er für das Leben seiner Soldaten verantwortlich war und gerade das machte Ruvon Angst. Sie würden garantiert auf Patrouillen der Retter stoßen. Deswegen hatte Ruvon auch keine Lust unvorbereitet auf Feinde zu treffen.
Während die Männer und Frauen in dem teilweise eingestürzten Haus ihre Ausrüstung ablegten und versuchten sich hinzulegen, ging Ruvon zu einer recht kleinen Frau, die in der Ecke saß. Ihre Haare waren dunkelblond und fielen ihr in Strähnen über die Schultern, ihre Augen blickten wachsam umher, wie als fürchtete sie einen Angriff von irgendjemandem oder irgendetwas. Als sie Ruvon erblickte, schaute sie auf und wusste vermutlich auch, was er ihr gleich auftragen würde.


Ihm war sofort bewusst, dass sich Wut in ihm ansammelte, doch dieses Mal würde Isaac sich nicht zurückhalten, es gar nicht erst versuchen. Er konnte nichts sehen, lediglich dieses Licht und er wusste bereits, was es war. Jemand hatte seinen Geist nach seinem ausgesandt. Zumindest hatte es Nathalia so beschrieben. Dass er gerade jetzt auf diese Weise aus seinem Körper gerissen wurde, nur damit irgendjemand mit ihm plaudern konnte, trieb ihn zur Weißglut.
Dann erreichten ihn Worte und obwohl er keine Stimme vernehmen konnte, hatte er das Gefühl, dass das grelle Weiß um ihn herum vibrierte, so machtvoll war diese Wahrnehmung. Hätte Isaac einen Körper gehabt, wäre er zurückgewichen, doch er konnte so noch nicht einmal sagen, ob das, was er sah wirklich real war.
"Du musst mir zuhören, denn ich habe nicht viel Zeit!"
"Wer bist du?", fragte Isaac sofort, denn er verspürte nun doch so etwas wie Angst, sein Zorn über dieses gewaltsame Eindringen in seinen Geist war verraucht.
"Hör mir zu! Bitte!" Die Stimme hatte zwar keinen Tonfall, doch Isaac meinte, dass sie flehend klang und er beschloss mit seinen Fragen zu warten. "Ich weiß, wonach Faèn sucht! Die To´kaèsh wissen nicht, wonach sie suchen, doch er weiß es. Um die Zivilisationen aus Rache zu vernichten, muss er ganze Welten zerstören!"
Isaac fuhr dazwischen, denn er hatte sofort begriffen, worauf der Unbekannte hinaus wollte. "Er sucht also nach etwas, womit er ganze Welten vernichten kann?"
"Nein!", unterband die Stimme machtvoll weitere Fragen. "Er sucht nach etwas, womit er den Schaden durch weltliche Waffen wieder ausgleichen kann. Wenn er ganze Welten mit Feuer überziehen lässt, dann hat er zwar die Zivilisationen, die für alle Kriege, für alles Leid der Natur verantwortlich sind, ausgelöscht, doch auch das, was er eigentlich retten wollte- nämlich das Leben- hat er damit vernichtet. Das wonach ihr sucht, kann Leben erschaffen!"
Zwar war Isaacs Gabe als To´kaèsh eine hohe Intelligenz und ein perfektes Erinnerungsvermögen, doch jetzt wurde dies auf eine harte Probe gestellt. Faèn wollte also alles Leben vernichten und dann Neues erschaffen. Und er brauchte alle zehn To´kaèsh in sich vereint, um etwas zu aktivieren, was Leben erschaffen konnte. "Das, was wir in unseren Träumen sehen?", fragte Isaac noch einmal nach.
"Ja, wir alle können es immer wieder sehen, es sucht uns in Visionen heim und verhindert so, dass wir es vergessen", sagte die Stimme.
"Was heißt wir?", fragte Isaac überrascht. "Bist du einer der Zehn?"
Ein kurzes Zögern erfolgte, dann erwiderte die Stimme: "Nein. Doch auch ich kann diese Zeichen sehen. Doch ihr habt euch geirrt, ihr könnt dieses Artefakt nicht aktivieren."
"Was?", fragte Isaac ungläubig. "Wir können es nicht aktivieren? Warum sonst sind wir das, was wir sind? Warum gibt es zehn von uns, wenn wir nicht einmal vereint aktivieren können, wonach wir Jahrhunderte lang suchen? Wer sonst soll dieses Artefakt benutzen können?"
"Ich", antwortete die Stimme sofort. "Ich habe keine Zeit mehr..."
Isaac spürte, wie die Helligkeit nachließ, allmählich wurde es dunkler, auch wenn noch immer nichts zu erkennen war. "Warte...was soll ich tun?"
Die Stimme war schon weit entfernt, soweit man das in so einer Dimension überhaupt sagen konnte. "Ihr müsst mir helfen. Mein Körper ist schon schwach..." Wie zur Bestätigung dieser Worte wurde es fast vollständig dunkel und Isaac spürte schon wieder seinen Körper.
"Wie heißt du?", fragte er in die Dunkelheit.
Ganz leise antwortete die Stimme: "Seyrià..."

Als Isaac die Augen aufschlug, fluchte er. Wieso hatte er nicht weiter nachgefragt? Jetzt wusste er noch nicht einmal, wer da mit ihm gesprochen hatte und der Name half ihm genauso wenig weiter, wie das, was er gerade erfahren hatte. Er war wirklich erstaunt, wie seine eigene Persönlichkeit verschwunden war, er hatte einfach nur den tonlosen Stimmen gelauscht und noch nicht einmal nachgedacht. Warum?
Schließlich war Isaac gerade von irgendjemandem angesprochen worden. Einfach so. Jetzt lagen Isaac so viele Fragen auf der Zunge, dass er am liebsten geschrien hätte. Das einzige, wo sich Isaac sicher sein konnte war, dass jemand seinen Geist angegriffen hatte und ihn nicht einfach nur berührt hatte. Woher er das wusste, war ihm selber nicht klar, anscheinend lag das an dem Wissen, welches nach und nach in seinen Verstand zurückkehrte, doch das war jetzt unwichtig.
Die Kopfschmerzen und die Orientierungslosigkeit hatten also am Angriff auf seinen Geist gelegen, ansonsten war es eigentlich genau so gewesen, wie auf der Flame Sword als Nathalia nach ihm gesucht hatte. Es interessierte Isaac immer mehr, wie das Aussenden des eigenen Bewusstseins funktionierte.
Doch als er sich aufrichtete, versuchte er zuerst die unzähligen Fragen über die Unbekannte Gestalt aus seinem Verstand zu verdrängen, was ihm dank seiner Intelligenz oder zumindest aufgrund seiner Fähigkeit als To´kaèsh sehr leicht fiel. Isaac bemerkte, dass sein rechter Arm kaum zu bewegen war und riss sich schließlich den Verband und die Fixierungsträger aus Eisen herunter, um den Arm besser bewegen zu können. Er war vollkommen in Gedanken versunken und verließ den Krankensaal wieder.
Natürlich war Isaac bewusst, warum es überhaupt die Retter gab, sie wollten die Zivilisationen vernichten, jede Spur auf deren Existenz auslöschen und anschließend selber diese Zivilisationen ersetzen. Erst jetzt wurde Isaac bewusst, dass er selber dieses Ziel angestrebt hatte, doch er wusste nun, was Faèn tun wollte. Faèn wollte nicht nur intelligentes Leben vernichten, er wollte wirklich alles an Leben ausrotten, überall im Universum. Wie er das schaffen wollte, war Isaac schleierhaft, doch anscheinend war Faèn auch der einzige, der dieses Ziel verfolgt. Doch Isaac konnte darin keinen Wahnsinn entdecken, es ergab alles einen Sinn.
Die Zivilisationen, die sich immer weiter entwickelt hatten, verwüsteten schon seit Jahrtausenden -wenn nicht sogar noch länger- ihr Umfeld, sie bekriegten sich und ganze Planeten, die einst voller Leben waren, hatten heute ein entstelltes Gesicht. Faèn wollte quasi den Zyklus des Lebens vollkommen auslöschen und anschließend mit etwas komplett Neuen ersetzen. Isaac hätte es sogar als reale Vorstellung angesehen, wenn es da nicht ein Problem gäbe: es gab hunderttausende Planeten, sie alle hatten entweder schon seit mehreren millionen Jahren Leben oder durch die Ausbreitung der Völker künstliche Lebensräume für alle möglichen Tiere und Pflanzen bekommen. Wie wollte Faèn zuerst dieses ganze Leben vernichten und anschließend auch noch neu einsetzen?
Und was Isaac vor allem beschäftigte: Das Symbol, was er und jeder andere To´kaèsh sah, war für sie vollkommen wertlos. Dieses...Artefakt...sie konnten es nicht benutzen aber genau das war es, was Faèn benötigte, um seinen überdimensionierten Plan umzusetzen. Wusste Faèn das überhaupt? Dass sie nicht nach dem Artefakt suchen mussten? Stattdessen war ihre Suche nicht die nach einem Artefakt, das Leben erschaffen konnte, sondern nach...an dieser Stelle hatte Isaac keine Ahnung mehr.
Seryrià...er wusste nicht, wer das sein sollte. Er wusste ja noch nicht einmal, ob es sich bei dieser Person um einen Mann oder eine Frau handelte, ob es überhaupt ein Mensch war. Und das war der Schlüssel für dieses Artefakt.
Isaac hielt inne und stellte fest, dass er wieder bei dem Besatzungsraum gelandet war, in dem sie vorhin noch miteinander gesprochen hatten. Als er die Tür öffnete, sah er sofort, dass Nick auf gegangen war. Nathalia schien zu schlafen und saß noch immer am gleichen Tisch, an dem sie auch zuvor gesessen hatte. Es war eigentlich Zufall gewesen, dass Isaac ausgerechnet zurück in den Besatzungsraum gegangen war, wo er doch nicht genau wissen konnte, ob Nathalia noch dort war. Auch hatte er Glück dass sie alleine war.
Er hasste es immer wieder zu reden und noch mehr zu reden, doch nach dem, was gerade eben geschehen war, hatte Isaac keine Ahnung, was er sonst tun konnte. Außer rede.
Er setzte sich auf einen Stuhl und schaute zu Nathalia. Eigentlich hätte man gar nicht gesehen, dass sie eine To´kaèri war, im Moment wirkte sie wie jeder andere Mensch auch. Sanft berührte Isaac sie an der Schulter. Sofort öffnete sie ihre Augen und zuckte ein Stück zurück, dann erkannte sie, wer vor ihr saß.
"Was is?", fragte sie vollkommen verschlafen und rieb sich über das Gesicht.
Gerade hatte Isaac noch unbedingt über diese Begegnung reden wollen, doch mit einem Mal kam ihm etwas anders in den Sinn, was ihm im Moment merkwürdig wichtig vorkam. "Ich...wollte wissen, was ich immer für...Anfälle habe. Manchmal verliere ich einfach die Kontrolle über mich, wie vorhin als Nick zu uns kam und auch schon auf der Flame Sword. Was hat es damit auf sich?"
Nathalias eben noch von Müdigkeit gezeichnetes Gesicht schien sich zu glätten, die Haare verloren die Trübnis und sie saß auch etwas aufrechter da. Auch wenn sie ihren Körper mehr oder weniger verändern konnte, sodass sie nicht so müde wirkte, ihr Blick war genauso müde und stumpf wie zuvor. "Das ist wirklich nichts Besonderes. Alle To´kaèsh haben immer wieder zu vollkommen unpassenden Momenten solche Wutausbrüche. Sie kommen von den Kräften im Inneren des Körpers und deuten daraufhin, dass der Körper zu schwach ist, um solche Kräfte zu tragen."
"Aber was ist, wenn...wenn ich im falschen Moment einen Anfall habe? Auf einem Schlachtfeld, wenn ich mit jemandem alleine irgendwo bin..."
"Man kann lernen damit umzugehen und diese Gefühlsausbrüche zurückzuhalten. Früher oder später werden sie entweichen aber du kannst lernen sie eine gewisse Zeit lang zurückzudrängen. Eigentlich konntest du das sogar richtig gut, ich habe dir nie ansehen können, ob du die Emotionen in dir zurückgehalten hast oder nicht." Nathalia streckte sich und gähnte laut. "Du solltest wirklich auch mal schlafen, morgen kommen wir schließlich bei ein paar bösen Piraten an und ich glaube, dass Nick und Jessica dann auch mal ´ne Runde pennen werden." Sie grinste schief.
Dann erlosch ihr Lächeln. "Äh...Isaac...dein Arm...?"
Isaac war verwirrt. "Was soll damit sein?"
Nathalia schaute ihn vollkommen entgeistert an und griff nach seinem rechten Arm. Sie stand auf und tastete seinen Unterarm ab, dann sagte sie aufgelöst: "Isaac, dein Arm ist vollkommen verheilt! Nichts, die künstlichen Knochen sind einfach weg und deine sind wieder zusammengewachsen!"
Mit einem Mal schaute Isaac genauso entsetzt auf seinen Arm. Hatte dieses Wesen erst vor einem halben Tag seinen Arm zerquetscht? War sein Knochen nicht zertrümmert und musste er nicht mit dem Arm in einer Schlinge herumlaufen? Isaac riss seinen Arm los und sprang einen Schritt nach hinten. "Was ist das?", keuchte er, doch Nathalia gab keine Antwort. Wann hatte Isaac die Verbände und Schienen verloren? Es musste irgendwann im Krankensaal gewesen sein, keine halbe Stunde war das her...eigentlich keine fünf Minuten.
Ein Lächeln ging über Isaacs Gesicht und jetzt wusste er wieder, was passiert war. Natürlich, er war aufgewacht, nachdem er mit diesem Unbekannten gesprochen hatte. Vorher war sein Arm noch gebrochen gewesen...doch danach...
"Nathalia, ich glaube ich weiß es. Ich weiß, warum mein Arm wieder geheilt ist! Alle meine Wunden sind geheilt!"
"Und warum?", fragte Nathalia beunruhigt. Sie setzte sich, doch noch immer war ihr Blick aufgeregt und verwirrt.
Isaac setzte sich wieder zu ihr und versuchte seinen Arm möglichst nicht allzu deutlich zu zeigen. Er versuchte ruhig zu bleiben und sich zu ordnen. Ihm war klar, dass es wieder auf ein langes Gespräch hinausgehen würde, doch im Moment war ihm das egal. "Zuerst habe ich eine Frage an dich."
Nathalia nickte und schien sich allmählich wieder zu beruhigen, Isaac fuhr fort. "Was weißt du über Seyrià?"

Child of Bodom
Posts: 928
Joined: Wed, 30. Nov 05, 19:47
x3

Post by Child of Bodom » Thu, 6. Jan 11, 00:48

Hmmm... Leider muss ich sagen, dass ich so gut wie nichts zu diesem Teil sagen kann... Normaler Weiße setzte ich hier entweder eine lange Kritik hin oder stelle eine Frage, die mich besonders interessiert... Und jetzt im Moment kann ich irgendwie nichts dergleichen tun... Ob das possitiv ist oder negativ kann ich gerade selbst nicht ganz beurteilen... Dieser Teil hier ist ein Übergangsteil, das merkt man eindeutig... Er führt von einem Teil der Geschichte zum nächsten hin...

Leider konnte mich die Tatsache dass Faen auf dem Holzweg ist mit seiner Suche nicht so recht berühren, genau wie mich seine Gründe für seine (meiner Meinung nach immer noch genauso durchgeknallten und bösartigen) Pläne... Du hattest mal gemeint es gäbe in VoL kein gut oder böse, aber für mich ist Faen vergleichbar mit dem Imperator aus Star Wars... Bösartig bis ins Mark aber er weiß es äußerst effektiv zu verbergen... Ich denke nicht dass dies von dir beabsichtigt war und deshalb merke ich es mal an... ^^ Ich würde vlt. mal einen tragischen Vergangenheitspart über Faen empfehlen, was ihn denn zu dieser Ansicht gebracht hat und das möglichst Tränentreibend... Dann hast du ne gute Chance auf das was du wolltest... ^^

Ansonsten finde ich es erstaunlich, dass sich viele von einen Charaktären jetzt vollkommen gegenteilig zu dem verhalten was sie vorher waren... Waren es nicht Nick (gut vor allem John, aber war der nicht auch dabei?) der Isaac ganz am Anfang unbedingt in den Krieg ziehen wollte? Was ist da denn passiert? Hab ich irgendwas wichtiges verpasst? ^^

Joa, ich habs doch wieder geschafft ne längere, ausführlichere Kritik zu verfassen... Damit hatte ich gar nicht gerechnet... Insgesamt interessiert mich allerdings ja schon, wie es jetzt im Piraten-Sektor weiter geht, gerade da ich weiß, dass du einen ganz anderen Weg gehen und ganz anders damit umgehen wirst als ich in Crimson Space... ^^

Majonese
Posts: 134
Joined: Sun, 14. Feb 10, 16:59

Post by Majonese » Sun, 16. Jan 11, 20:24

Boah...ich bereue es inzwischen überhaupt mit VoL angefangen zu haben...zumindest die ersten fünf oder sechs Kapitel^^ Da ich die aber nicht mehr ändern kann, haue ich jetzt halt die Kapitel so raus. Ich will nämlich auch mal etwas beenden^^

________________________________________________
Kapitel 12- Zu viel für einen Menschen
Die Straßen waren gut einen Meter von Schnee bedeckt und zwischen all den Trümmern, zerbrochenen Einrichtungsstücken aus den Häusern und Feuern lagen teilweise vollkommen verkohlte Leichen. Tote Acronta zu sehen war sehr schwer, da sich ihr Körper schon nach wenigen Stunden selbst zersetzte und so verhinderte, dass die körpereigenen Gifte nach außen drangen. Hier war das unnötig, es war niemand mehr da, dem diese Gifte schaden konnten...fast niemand.
Ailin versuchte nicht daran zu denken, während sie über die bis zur Unkenntlichkeit und schon teilweise mit Schnee bedeckten Toten stieg. Auch versuchte sie ruhig zu bleiben, auch wenn die Angst an ihr zerrte. Eigentlich hätte sie wütend auf Ruvon sein müssen, da er sie raus in die Kälte schickte, damit sie alleine die Umgebung erkunden konnte. Ihr war allerdings selber klar, dass das notwendig war und sie auch keine anderen Mittel zur Verfügung hatten.
Außerdem hatte Ruvon Ailin nicht ohne Grund losgeschickt. Sie war sehr klein und schnell, hatte eine gute Ausdauer und konnte auch sehr gut mit ihren Waffen umgehen.
Ailin blickte zurück. Der Unterschlupf in den Ruinen, in dem sich die anderen Soldaten versteckt hielten lag erst zweihundert Meter zurück und das obwohl Ailin schon mehrere Minuten unterwegs war. Der Schnee machte ein Vorwärtskommen nahezu unmöglich.
Neben Ailin waren auch zwei weitere Späher unterwegs, doch sie liefen in verschiedene Richtungen, sodass Ailin ganz auf sich alleine gestellt wäre, wenn sie auf die Retter treffen würde. Ihr und auch allen anderen Soldaten war klar, dass ihre Feinde nicht vollkommen abgezogen waren, überall waren noch kleinere Gruppen, mal nur zwei oder drei Krieger, mal ein ganzes Dutzend mit schwerem Kriegsgerät. Ob sie einfach zurückgelassen worden waren oder ob sie weiter nach Überlebenden suchten, wusste Ailin nicht und es war ihr auch weitgehend egal.
"Ich glaube nicht, dass ich durch die Straßen kommen werde!", sprach Ailin in ihr Funkgerät und sah sich um. Es war eiskalt und begann wieder zu schneien. Auf Nura-III gab es nur einen sehr kurzen Winter, doch der war immer sehr heftig. Gerade jetzt, wo der halbe Planet in Trümmern lag, schien es noch mehr Schnee zu geben als sonst.
Einen Moment lang herrschte Stille, dann hörte Ailin Ruvon antworten. "Auch Mike und Jonas kommen nicht weiter. Aber wir müssen irgendwie herausfinden, ob hier noch Retter sind!"
Ailin kam eine Idee. "Und was ist mit den Häusern?", fragte sie. "Durch die MN-Rails kommen wir schneller durch die Stadt."
Natürlich war alles ziemlich schlecht geplant worden, Ailin und die anderen beiden Späher waren einfach so losgeschickt worden, ohne wirklich einen Plan zu haben. Doch in ihrer Situation blieb ihnen eigentlich nichts anderes übrig und einen richtigen Plan hatte keiner von ihnen. "Wenn sich auch nur irgendwo etwas regt, verschwindet ihr sofort wieder auf die Straßen!", meinte Ruvon, "Die Gebäude stehen zwar teilweise noch aber sie können ohne Vorwarnung einstürzen und euch mitreißen! Ich möchte nicht, dass einer von euch draufgeht, verstanden? Ihr trefft euch wieder an der Kingston-MN-Railstation, zwei Kilometer weiter im Süden. Ich komme mit dem Rest des Trupps nach."
Ailin war zuerst froh, die Straße zu verlassen, da den Weg, den sie gehen musste vom brennenden Wrack eines Transporters teilweise blockiert wurde und sie wollte den hoch in den Himmel züngelnden Flammen nicht allzu nahe kommen. Sie wählte ein ehemaliges Bürogebäude, welches zwar nach den neuesten und modernsten Maßstaben gebaut und entworfen worden war aber ohne die hell und freundlich leuchtenden Lichter leblos und kalt wirkte. Kaum war sie in die Eingangshalle getreten, stieg Übelkeit in ihr hoch. Bisher hatte sie verbrannte Leichen gesehen, halb unter Schnee begraben, die man kaum als solche erkennen konnte. Auch sonst hatte Ailin nicht wirklich mitbekommen, was sich an der Oberfläche abgespielt hatte, weil sie und die anderen den unterirdischen Unterschlupf während des Angriffs nicht einmal verlassen hatten. Doch hier entblößte sich ihr zum ersten Mal, was wirklich passiert war. Blut, überall am Boden war Blut. Teilweise lagen grausam zerstückelte Leichen zwischen dem Blut und den austretenden Organen. Ein widerlicher Geruch drang in Ailins Nase und sie musste sich erst überwinden, weiterzugehen.
Die Eingangshalle ließ einen Blick nach oben in die oberen Stockwerke zu, es war eine riesige Galerie und obwohl das Glas größtenteils gesplittert war und alles sehr dunkel wirkte, war es ein ziemlich faszinierender Anblick, da die Stahlträger eine Art Muster bildeten, ehe sie unter einer großen Metalldecke zusammenliefen.
Bei jedem ihrer Schritte knirschten Glasscherben oder Körperteile von Leichen, doch Ailin gab sich Mühe nicht darauf zu achten, sondern mehr auf irgendwelche andere Geräusche. Die Menschen und die wenigen Acronta hier hatten keine Chance gehabt zu fliehen, einige Leichen lagen noch in einer recht bequemen Haltung auf den Bänken in der Eingangshalle, wo sie zuvor noch gesessen hatten und sich vielleicht fröhlich unterhalten hatten.
Bisher hatte Ailin gar nicht gemerkt, wie grausam das alles war. Es war ihr einfach nur wie eine Art vorübergehender Traum vorgekommen. Als ob die Toten hier alle im nächsten Moment aufspringen würden und ganz normal weiterleben würden. Genau das...Ailin gab sich einen Ruck, genau solche Gedanken waren tödlich für die Beherrschung eines Soldaten und wenn Ailin noch auf Truppen der Retter treffen würde, dann musste sie einen klaren Kopf haben.
Ohne auf all das Blut unter ihren Füßen zu achten, bewegte sich Ailin in ihrer Rüstung und mit der Waffe im Anschlag weiter. Ihr Ziel waren die Aufzüge und von dort aus das MN-Railsystem. Als sie einen der Aufzüge erreichte, der am Ende eines kurzen Ganges lag, schaute sie nach oben. Einer der Luftschächte, durch den je nach Klima warme oder kühlende Luft durch das Gebäude strömte, lag direkt über ihr, doch er funktionierte nicht mehr und die Platte mit dem Ventilator lag fest in der Öffnung. Und trotzdem, Ailin wurde das Gefühl nicht los, dass hier irgendetwas war.
In dem Moment, als sie diesen Gedanken fasste, hörte sie ein Schaben. Es war direkt über ihr. Keuchend sprang Ailin vom Lüftungsschacht weg und hielt ihre Waffe bereit. Mit angehaltenem Atem wartete sie einige Augenblicke, doch das Geräusch wiederholte sich nicht noch einmal. Als der Aufzug schließlich aufschwang, trat Ailin rückwärts hinein und drückte den Knopf, der sie zur MN-Railstation bringen würde.
Die Fahrstuhltür schloss sich mit einem leisen Geräusch. Nicht einen einzigen Moment lang hatte sich Ailin Gedanken darum gemacht, wieso es überhaupt noch Strom gab und die Aufzüge überhaupt noch funktionierten.
Eine Gestalt sprang in den Gang und schaute einen Moment lang auf die Türen des Aufzugs. Sie erkannte, dass ihre Beute nicht mehr in Reichweite war und suchte nach einem anderen Weg nach oben, um ihr Opfer doch noch zu bekommen. Das Wesen wirkte von der Größe wie ein Mensch, die Haut aber war an vielen Stellen aufgerissen und Blut und Knochen standen teilweise hinaus. Die Kleidung hing in Fetzen und die Beine standen in einem merkwürdigen Winkel ab. Die Wirbelsäule ragte der Länge nach aus dem Rücken und sah aus wie ein Streifen, der zwischen den Schultern lag. An der Wirbelsäule saßen vier lange Zusatzarme, die genauso aussahen wie ein ganz normaler Arm, nur waren Anstelle der Hände jeweils lange schwertähnliche Sicheln. Zwei dieser Arme ragten neben den richtigen Armen hervor, die anderen zwei hatten sich durch die Schultern des Wesens gebohrt und hingen vor dem Körper des Wesens. Zwar hatte es noch Augen, doch mit ihnen konnte es nichts mehr sehen, sie waren trüb, glasig...tot.
Und doch bewegte sich die Kreatur mit einer Zielstrebigkeit ihrem Opfer hinterher, ohne auf irgendetwas zu achten. Sie hatte nur das eine Ziel ihrem Schöpfer das zu geben, was er verlangte.


"Schläfst du eigentlich nie?", fragte Nick scherzhaft, als er das Cockpit des kleinen Schiffs betrat. Es war nicht allzu groß doch außer einem Sitz, sowie zwei Kontrollen war auch nichts weiter drin. Dafür konnte man von hier aus sehr gut schauen, was sich vor dem Bergungsschiff befand.
Jessica schaute auf. "Nicht wirklich. Wir sind gerade im Fiera-System angekommen und ich weiß nicht, wie die Piraten hier auf uns reagieren werden. Es sieht doch merkwürdig aus, wenn ein einzelnes kleines Bergungsschiff, welches vom terranischen Militär gesucht wird, plötzlich Schutz bei einem Piratenclan sucht."
"Wir hätten auch noch andere Möglichkeiten gehabt...", begann Nick gereizt, doch Jessica unterbrach ihn verärgert.
"Nein, hätten wir nicht! Und wenn du etwas dagegen hast, dass wir jetzt zu ein paar Piraten fliegen, dann hättest du vielleicht nicht pennen sollen, als wir das gestern erst ausführlich besprochen haben!" Nick schaute weg. "Man, was ist los mit dir?", fragte sie laut. "Seit wir von der Flame Sword fliehen mussten, hast du nichts Besseres zu tun, als Nathalia und Isaac blöd anzumachen und dich über unsere beschissene Situation aufzuregen!"
"Du glaubst also das, was Isaac von diesem tollen, kleinen Krieg erzählt hat? Dass diese wahnsinnigen Retter versuchen alles Leben, einschließlich sich selbst, zu töten?" Nick fuhr herum und funkelte Jessica wütend an.
Sie hielt seinem Blick stand. "Du warst doch selber so scharf drauf, dass Isaac mit uns kommen würde! Dass er sich uns anschließen würde!"
"Ja, das war bevor ich wusste, dass er einer von diesen wahnsinnigen To´kaèsh ist! Vorhin hat er versucht mich anzugreifen, als ich ihn um Hilfe bitten wollte! Außerdem wusste ich, dass er sich irgendwann wieder an den Angriff auf Nura-III erinnern könnte und uns dann sagen würde, was dort wirklich vorgefallen war und vielleicht sogar, wie wir die Retter aufhalten können!" Er sprach immer lauter und bereute es inzwischen hier zu sein. Eigentlich wusste er nicht genau, was er jetzt tun sollte, Nathalia hatte ihm zwar alles erklärt was er wissen musste über die To´kaèsh und über das, was in den letzten Tagen geschehen war, doch Nick war daraus kein bisschen schlauer geworden, zumindest nicht für sich selbst. "Und ich weiß genau, dass irgendetwas nicht mit Isaac stimmt! Selbst Nathalia scheint sich über ihn zu wundern, etwas ist mit ihm! Nathalia hat gesagt, dass er unruhig ist und sich selber gar nicht unter Kontrolle hat, dass er merkwürdig geworden ist! Und das hat nichts damit zu tun, dass er einer von diesen zehn ist!" Nick wusste nicht genau, warum Nathalia ihm das alles erzählt hatte, vielleicht weil sie nicht wusste, wem sie es sonst sagen konnte. Aber das hatte Nicks Befürchtung nur noch weiter verstärkt.
Jessica antwortete nicht sondern wandte sich wieder der Steuerkonsole des Schiffs zu, ohne dass dies nötig war. Das Bergungsschiff steuerte einen Piratenhafen in der Nähe des orbitgestützten Beschleunigers an. Der hellbraune Planet hinter ihnen wurde von einem sehr hellen Stern angestrahlt und auch der Hafen in gut einhundert Kilometern Entfernung war sehr hell. Jessica wusste genau, was Nick meinte. Irgendetwas war mit Isaac. Nicht seine Wutanfälle oder seine unerklärliche Heilung auf der Flame Sword. Sie musste an die Aufzeichnungen der verschiedenen Energiescanner denken, auf keiner Ebene war von Isaac irgendeine Art von Energie gekommen, selbst wenn er tot gewesen wäre hatte sein Körper noch Energie abgestrahlt. Nach dem alle Anzeigen gewaltige Pulsare um Isaac angezeigt hatten, war sein Signal weg gewesen. Inzwischen konnte Jessica Isaac wieder auf den internen Scannern erkennen, seine Energie wurde in einem ganz normalen Maß abgestrahlt, wie zuvor auch. Nick hatte recht, irgendetwas stimmte mit Isaac nicht, nur wusste Jessica nicht genau was. Vermutlich wusste Isaac es noch nicht einmal selber, sonst würde er sich nicht so merkwürdig verhalten.
Sie versuchte von Isaac abzulenken. "Aber warum bist du so gereizt gegenüber jedem von uns? Das bringt uns überhaupt nichts, wir sind schon so be*** dran, da musst du auch nicht den Beleidigten spielen."
"Sie sind doch daran schuld, dass wir so gut wie tot sind!", platzte es aus Nick heraus und er drehte sich wütend um.
"Das haben wir dem terranischen Militär zu verdanken!", rief Jessica. Nick wusste genau, wie sehr Jessica die Regierung hasste, auch wenn er keine genauen Gründe wusste. "Es waren terranische Jäger, die uns in dieses Trümmerstück von Zerstörer gebracht hat, es sind die Terraner die unser Schiff verfolgen! Das betrifft Isaac und Nathalia genauso wie uns beide!"
Bevor Nick wutentbrannt etwas erwidern konnte, öffnete sich die Tür zur Brück und Isaac trat ein, dicht gefolgt von Nathalia. Beide sahen, dass sich Nick und Jessica gegenüberstanden, sagten aber nichts.


"Du bist dir da sicher?", fragte Nathalia ungläubig. Vielleicht schon das zehnte Mal.
Isaac wurde ungeduldig. "Ja, ich bin mir sicher! Und als die Stimme ihren Namen gesagt hat, wurde der Kontakt schließlich abgerissen und ich lag wieder im Krankensaal. Und da waren auch meine Verletzungen allesamt geheilt!"
So ausführlich wie möglich hatte Isaac versucht Nathalia zu erklären, was geschehen war, doch ihm war aufgefallen, dass er sich nur an das Gespräch an sich erinnern konnte, sofern man diesen kurzen Wortwechsel als Gespräch bezeichnen konnte. Er hatte keine Ahnung, wie er sich währenddessen gefühlt hatte oder wie er das plötzliche Auftauchen des Fremden aufgenommen hatte. Das war ziemlich merkwürdig, denn Isaac konnte sich gerade an alles, wirklich alles erinnern, was er irgendwann mal erlebt hatte. Bis auf das, was vor Nura-III passiert war.
Doch Nathalia hatte Isaacs Begeisterung über diese Nachricht nicht wirklich geteilt. "Aber was ist, wenn du dir das nur eingebildet hast...?"
"Und mein Arm?", fragte Isaac drängend und hielt seine rechte Hand hoch. "Und meine Prellungen? Oder die Stellen, wo sich die Haken des MAGs in mein Fleisch gesetzt haben? Haben die sich von alleine geheilt?"
"Aber wie soll...Seyrià...oder wie es sich genannt hat dir geholfen haben? Es hat doch gesagt, dass sein Körper in Gefahr ist, wie kann es dich dann geheilt haben aber sich selbst nicht?" Noch immer schaute Nathalia Isaac an, als ob er verrückt wäre oder irgendeine abstoßende Kreatur und ihr Blick behagte ihm nicht.
Er holte tief Luft. Es war ihm wirklich ein Rätsel, wie jemand seinen Geist auf so unbestimmte Entfernungen schicken konnte, wenn der Körper angeblich kurz vor dem Tod steht. Außerdem wusste er nicht, wie sein Körper überhaupt geheilt wurde, da sein Bewusstsein durch die Anwesenheit des anderen Geistes aus dem Körper gelöst wurde.
Nathalia legte die Hände zusammen und schaute auf ihre Finger. "Selbst wenn wirklich jemand mit dir gesprochen hat, frage ich mich, von wo aus er mit dir Kontakt aufgenommen hat! Wenn man den Geist aussendet, ist dieses gelöst Bewusstsein immer noch an weltliche Entfernungen oder Ähnliches gebunden. Selbst diese paar Meter auf der Flame Sword haben meinen Körper stark angegriffen, ich will gar nicht wissen, wo sich Seyrià befunden hat, als er oder sie dich aufgegriffen hat."
Zuerst antwortete Isaac nicht, dann kam ihm eine Idee. "Aber was ist, wenn Seyrià gar kein Lebewesen ist? Vielleicht ist es das Gegenstück..." Er dachte nach, während Nathalia ihn verständnislos anschaute, dann sprang er plötzlich auf, sodass sie zusammenzuckte. "Natürlich, dieses Artefakt, welches Faèn sucht lässt sich für ihn nicht benutzen, weil es ohne Seyrià kein Leben erschaffen kann, sondern nur...vielleicht nur Körper! Also leere Hüllen, ohne ein Bewusstsein, ohne Leben! Und Seyrià..."
"Isaac, ich komm nicht mit!", meldete sich Nathalia zu Wort. Sie lächelte und ihr Blick war nachdenklich. Isaac glaubte nicht, dass sie es nicht verstanden hatte, doch er versuchte trotzdem noch einmal zu erklären, was er gemeint hatte.
"Seyrià hat gesagt, dass das Artefakt ohne ihn nicht benutzt werden kann. Das Artefakt, welches Faèn sucht, um neues Leben zu erschaffen, nachdem er das verdorbene und beschädigte Leben ausgelöscht hat. Und dennoch ist dieses Artefakt unglaublich wertvoll und mächtig, wenn es insgesamt zehn To´kaèsh gibt. Es muss demnach etwas können, irgendeine Besonderheit haben und die sieht vielleicht darin aus, dass es Körper erschaffen kann! Und Seyrià kann Leben erschaffen. Vielleicht ist Seyrià einfach das Gegenstück zu diesem Artefakt. Seyrià hat keinen Körper und das andere Artefakt hat kein Leben. Vielleicht können beide Bestandteile zusammen erst einen Körper mit Bewusstsein erschaffen!"
Nathalia schien noch einen Moment lang nachzudenken. Isaac war selber von seiner Idee überwältigt, vor allem weil sie von dem, was die To´kaèsh bisher über ihre eigene Suche wussten stimmen konnte und gleichzeitig extrem unwahrscheinlich und aus der Luft gegriffen war. Schließlich meinte sie: "Isaac, selbst wenn das stimmt...und auch das was du gerade gesagt hast...was bringt uns das?"
Allerdings. Genau das war Isaac gerade ebenfalls in den Sinn gekommen. Warum hatte er Nathalia überhaupt davon erzählen wollen? Von Anfang an hatte er eigentlich keinen richtigen Beweggrund gehabt, er hatte einfach versucht sich ein Bild über das zu machen, was die To´kaèsh für eine Aufgabe hatten, außer der großen Suche, die vermutlich nie erfolgreich sein konnte. Er wunderte sich im Moment wirklich, dass er so aufgewühlt war. Wahrheitsgemäß antwortete er: "Ich weiß es selber nicht. Aber mich interessiert, wie Seyrià, was auch immer das ist, seinen Geist aussenden konnte, wenn es doch noch nicht einmal einen Körper hat!"
"Vielleicht ist es auch ganz anders als wir uns es vorstellen!", meinte Nathalia und rieb sich das Gesicht. "Vielleicht solltest du wirklich aufhören daran zu denken. Wir können jetzt nichts weiter damit tun. Wir sollten uns lieber auf das vorbereiten, was uns jetzt wirklich bevorsteht."
Es fiel Isaac ziemlich schwer nicht an das zu denken, was die ganze Zeit über mit ihm geschah. Faèn hatte versucht ihn umzubringen, eine gewaltige, leuchtende Kreatur tauchte plötzlich auf und versuchte Isaac umzubringen und dann wurde sein Bewusstsein von irgendeiner fremden Existenz angegriffen. Wie sollte Isaac aufhören daran zu denken?
Isaac wusste nicht genau, was er jetzt tun sollte und da Nathalia nichts mehr zu sagen hatte, verließ er schließlich den Raum.


Das Bergungsschiff näherte sich mit einem beachtlichen Tempo dem Ringförmigen Piratenhafen, der gut zwei Kilometer Durchmesser hatte und jeweils fünfhundert Meter breit und hoch war. Alles in allem keine allzu große Raumstation, doch es war immerhin besser als nichts. Es waren kaum Schiffe unterwegs, hin und wieder begegneten sie ein paar Transportern oder Patrouillen der Piraten, doch sie wurden von allen ignoriert, was Isaac als ziemliches Glück ansah. Ihr Schiff war schließlich Äußerlich ziemlich demoliert und normalerweise würde so ein Schiff schnell von Sektorwachen umzingelt werden und sei es nur, um zu überprüfen, ob das Schiff noch flugfähig sei. Den Piraten hier war es scheinbar egal.
Sie hatten bereits eine Landeerlaubnis und Isaac beobachtete interessiert, wie ihr Schiff von den Docksensoren erfasst wurde und ihnen Navigationshilfen an den Schiffscomputer gesendet wurden, sodass Jessica das Schiff problemlos in einen der Hangars steuern konnte.
Anders als der Hangar der Flame Sword war dieser hier sehr eng und überfüllt, obwohl er riesig war. Die Dockabschnitte wurden von Brücken umrundet und alle Schiffe konnten den Hangar nur über die riesige, durch ein Kraftfeld geschützte, Schleuse an der unteren Seite des Hangars verlassen. An den Seiten der Halle waren die Brücken über zehn Meter breit und mehrere Kistenstapel, automatisierte Maschinen und andere Dinge standen dort. Auf den Brücken gingen immer wieder Vertreter aller möglichen Rassen entlang, einige waren die echsenartigen Reiiel, sehr viele Menschen und hin und wieder auch mal die riesigen Acronta. Einige Rassen konnte Isaac nicht genau bestimmen, wie ein Wesen, das einen fast schon menschlichen Oberkörper besaß- wenn auch deutlich behaarter- doch anstelle der Beine vier spinnenartige Auswüchse hatte. Es bewegte sich sehr ruckartig und krabbelte mit einem hohen Tempo über die Brücken, um dort irgendetwas zu tun.
Isaac war ziemlich überrascht, als er vom Cockpit des Bergungsschiffs auf das Treiben um ihn herum blickte. Viele der dort laufenden oder arbeitenden Leute blickten mit einem mäßigen Interesse auf das Bergungsschiff, welches durch die angerissene Außenhülle und geborstene Panzerplatten auffiel. Doch schon nach kurzem Gaffen gingen die meisten ihren gewohnten Aktivitäten nach. Isaac fragte sich, ob sich eine Piratenstation sonderlich von anderen Raumhäfen unterschied, doch hatte keine Gelegenheit sich groß auf der Raumstation umzuschauen. Er sollte in der Nähe des Bergungsschiffs bleiben und aufpassen, dass niemand einfach so das Schiff klaute, laut Nathalia war so etwas keine Seltenheit, weil es hier kein Sicherheitspersonal gab.
Außerdem sollte sich Isaac nach einem Schiff umschauen, was sie möglichst kostengünstig kaufen konnten. In solchen Piratenstationen gab es sehr viele gestohlene Schiffe, von kleinen Einmann-Gleitern bis zu schweren Korvetten oder Militärtransportern.
Mit einem kleinen Ruck wurde das Bergungsschiff von den Andockklammern erfasst und dann fixiert. Eine fahrbare Rampe glitt genau an die richtige Stelle, um das Schiff von einer der beiden Drucktüren verlassen zu können. Eine auf Computer gesprochene Nachricht erreichte das Bergungsschiff. "Im Namen von Amoran Ch´in heißen wir Sie willkommen." Laut Nathalia war Ch´in eine Familie, die sich ausnahmslos der Weltraumpiraterie verschrieben hatte und vielleicht handelte es sich bei diesem Amoran um den Aufseher und Leiter dieser Raumstation. Es spielte für Isaac und die anderen allerdings keine Rolle, da sie sich nicht allzu lange hier aufhalten wollten. Es war schon so riskant genug sich überhaupt in die Nähe eines Piratenclans zu begeben, da mussten sie sich nicht auch noch unnötig mit reinhängen.
Als Nathalia und Isaac die Brücke betreten hatten, war ihnen sofort klar gewesen, dass Nick und Jessica sich über irgendetwas gestritten hatten, doch als sie die beiden To´kaèsh erblickten, hatten sie beide mit wütendem Gesichtsausdruck geschwiegen. Isaac versuchte sich keine Gedanken darum zu machen, was andere für Probleme hatten, weil sein Verstand sowieso kaum noch mit dem mitkam, was er erlebte. Es war eigentlich ein Vorteil, wenn man wie Isaac wirklich jede Kleinigkeit, die man irgendwann mal mitbekam, wie Daten speichern konnte, doch gleichzeitig schwirrten alle möglichen Eindrücke, Gedanken, Informationen und anderes im Kopf herum und es war ziemlich lästig für Isaac.
Einen Moment lang schaute Isaac noch auf das Treiben unter ihm, dann wandte er sich wieder den anderen zu. Sie waren ausgesprochen ruhig und Isaac hatte im Moment keine Ahnung, was mit ihnen los war. Um dem Schweigen ein Ende zu setzen, sagte er: "Vielleicht sollten wir langsam mal losgehen..."
"Du machst gar nichts!", meinte Nick unfreundlich. "Du bleibst nur schön hier und spielst braver Junge!" Isaac antwortete nicht auf diesen Kommentar, allmählich ging ihm Nicks abweisende Art ziemlich auf die Nerven, vor allem weil er nichts dafür konnte, weil er nichts mit dem, was Nick und Jessica widerfahren, war zu tun hatte. Aber es war eh sinnlos sich gegen Nicks Sticheleien zu wehren.
Jessica stand auf und verließ mit einem "Na dann los!" die kleine Brücke des Schiffs.
Isaac und die anderen würden vorsichtig sein müssen, um nicht weiter aufzufallen. Zwar waren auf dieser Station vermutlich mehr Flüchtlinge, ärmere Bürger, Bettler und einfache Verbrecher, doch wenn das terranische Militär wirklich aktiv nach ihnen suchte, dann hätten sie ein ziemlich großes Problem, wenn man sie dann auch noch erkennen würde. Jessica sollte versuchen möglichst viel über das, was sich auf Nura-III abgespielt hatte und auch über andere Vorgänge der letzten Tage herauszufinden. Nick und Nathalia mussten nach irgendwelchen Personen Ausschau halten, die Kathleen helfen konnten. Und solche Personen sollten sich mit der Anatomie und dem Gift der Acronta gut auskennen und möglichst auch ein Gegengift haben, worauf die Aussicht, so jemanden hier zu finden fast null war.
Auch Nick verließ schließlich das Cockpit und meinte noch abfällig zu Isaac: "Du kannst ja schön hierbleiben, wo es sicher ist. Aber pass bloß auf, dass du nichts anstellst."
Isaac ballte die Fäuste, als Nick verschwand. "Was ist eigentlich sein Problem?", knurrte er.
Nathalia, die bis jetzt geschwiegen hatte, wandte sich nun Isaac zu und ihrem Gesicht war die Sorge überdeutlich abzulesen, was durch die dunkelgrünen Augen und den fast schon ängstlichen Blick noch auffälliger wirkte. Dennoch war ihre Stimme ruhig und ebenfalls etwas verstimmt, als sie antwortete: "Er ist noch verwirrt von dem, was passiert ist...!"
"Aber warum muss er es ständig an mir auslassen!" Isaac wunderte sich auch, dass Nick zwar nicht gerade freundlich zu Nathalia war, sie aber gleichzeitig nicht mit solchen Kommentaren störte. Nur ihn trafen immer wieder Beleidigungen und dumme Kommentare. Er wusste aber auch, dass Nathalia noch etwas anderes sagen wollte.
"Ich glaube aber, dass er recht hat!", sagte sie nach einem kurzen Schweigen. "Du solltest wirklich vorsichtig sein...immerhin...dein Bewusstsein wird von einem Wesen namens Seyrià berührt...und deine Erinnerungen..."
"Schon gut, ich weiß, was mit mir nicht stimmt!", unterbrach Isaac sie schärfer als gewollt. "Aber das heißt nicht, dass ich nicht auf mich aufpassen kann!"
Nathalia schaute zu Boden. "Ich habe Angst, Isaac." Ihre Stimme war eben noch laut und fest gewesen, doch nun war es nicht mehr als ein Flüstern und die Besorgnis in ihrem Gesicht wurde nun zu einer offenen Angst. "Ich...weiß einfach nicht mehr was ich machen soll...Faèn weiß ziemlich genau, wie er uns finden kann...und das Militär sucht nach uns..."
Isaacs Stimme war rau und er wusste wirklich nichts anderes zu sagen als: "Wir sind hier in Sicherheit...du brauchst wirklich keine Angst haben, dir..."
"Du weißt, dass es mir nicht um mich selbst geht! Ich habe einfach nur Angst dich wieder zu verlieren! Als ich dich auf der Flame Sword gefunden hatte, dachte ich, dass endlich wieder alles wie vorher werden könnte! Doch du konntest dich an nichts erinnern, du warst anders und wusstest von gar nichts mehr...ich habe einfach Angst, dass dir etwas passiert, jetzt wo ich dich gefunden habe. Ich habe vor allem Angst, dass irgendetwas passiert, wenn ich nicht hier bin...ich möchte dich nicht noch einmal verlieren!"
Er hatte keine Ahnung, was er tun sollte. Ihm wurde allmählich klar, wie schrecklich es für Nathalia gewesen sein musste, als er nach der Landung auf Nura-III nicht mehr entdeckt worden war und sie für mehrere Tage geglaubt haben musste, dass er tot gewesen sei. Nathalia war eigentlich seine Gefährtin, er wusste es nicht nur aus dieser einen Erinnerung. Auch er spürte eine tiefe Zuneigung zu ihr...doch etwas hatte sich verändert. Es war einfach eine Unsicherheit, eine Art Blockade, jedes Mal wenn er Nathalia sah, schien etwas in seinem Inneren zu verhindern, dass seine Gefühle sich entfalten konnten, wie als ob er wieder einen unkontrollierten Wutanfall hätte. So erging es ihm im Moment auch, er wusste nicht, was er tun konnte. Konnte er überhaupt irgendetwas tun?
In diesem Moment öffnete sich wieder die Tür zu der kleinen Brücke und Nicks Stimme ertönte ungeduldig. "Jess hat schon die ersten Probleme mit einem dieser Beamten hier! Vielleicht solltet ihr euch mal beeilen!"


Nathalia und die anderen hatten schon jetzt die Nase voll von dieser Station. Sie waren gerade einmal eine Viertelstunde unterwegs und schon jetzt mussten sie sich durch volle Straßen quetschen. Überall waren Menschen, Reiiel, hin und wieder Acronta und andere Wesen. Viele waren Flüchtlinge, es hatte in letzter Zeit sehr viele Angriffe der Retter gegeben. Deren Soldaten machten keinen Unterschied zwischen jemandem, der floh oder jemandem, der sich mit Gewalt wehrte, sie töteten alles und jeden. Viele Flüchtlingskonvois steuerten abgelegene Piratenstationen an, dort wurden sie mit offenen Armen empfangen. Die Piratenclans konnten die Flüchtlinge auf den Raumhäfen weitgehend versorgen, gleichzeitig gewannen sie so an Einfluss und Ansehen. Normalerweise würden sich die meisten Leute nie in die Nähe einer Piratenstation begeben, doch die Not konnte einiges verändern.
Die drei hatten den Hangar schon lange verlassen und gingen durch die Straßentunnel zu einem der Substationen innerhalb des ringförmigen Hafens. Der Tunnel war sehr breit, über zwanzig Meter und auf beiden Seiten waren jeweils zwei Straßen, auf denen unzählige Leute liefen. Zwischen den beiden Straßen und mit einem Glas von den Straßen getrennt, verliefen zwei MN-Rails, auf denen hin und wieder einer der Züge vorbeifuhr.
Obwohl alles grundlegend aus Metall gebaut worden war, waren die Straßen mit etwas verkleidet, das fast schon wie Pflasterstein wirkte. Es war auch sonst kein Geheimnis, das dieser Piratenclan, der das System weitgehend kontrollierte sehr altmodisch war. Die Straßen hatten etwas trostloses, in den gelegentlichen Zwischenplätzen, die größeren Warte- und Aufenthaltsräumen ähnelten, lagen und saßen dutzende Leute verschiedener Rassen auf dem Boden und starrten trübsinnig umher. Zu den entsprechenden Zeiten wurden Essensrationen verteilt und jeder versuchte ansonsten für sich zu sein. Andere Unterkünfte gab es nicht aber das war besser als auf der Flucht zu sein oder als Leiche unter Schutt irgendwo in einer verwüsteten Stadt zu liegen.
Nathalia konnte es immer noch nicht fassen, was sie und die anderen To´kaèsh erreichen wollten. Die zehn To´kaèsh hatten den Rettern Befehle gegeben, Planeten, Städte und Raumstationen anzugreifen. Nie hatte sich Nathalia Gedanken darum gemacht, was mit denen war, die diese Angriffe überlebten. Sie hatte geglaubt, dass die Überlebenden versuchen würden irgendwie Rache zu nehmen, dass sie Informationen an irgendwelche Regierungen geben würden, um die Retter und damit auch die To´kaèsh aufzuspüren.
Stattdessen waren alleine auf diesem einen Raumhafen hunderte wenn nicht sogar tausende Flüchtlinge, die darauf hofften, dass sie irgendwie etwas ändern würde. Zugegeben, Nathalia hatte auf der Venator nie wirklich Nachrichten aus den terranischen Gebieten mitbekommen, sie wusste ja noch nicht einmal, wo sich das Fiera-System befand, doch sie hätte nie geahnt, dass die Angriffe so viel Elend auslösen würden.
Jessica und Nick liefen ein Stück weiter hinten und Nathalia konnte die Vorsicht der beiden schon fast greifen. Sie selber hatte kein Problem damit auf einem Piratenhafen umherzulaufen, doch die anderen beiden hatten wohl zuvor noch nie mit Piraten zu tun gehabt. Die Piratenclans waren keine "bösen Gauner" wie sie oft dargestellt wurden, sie waren eigentlich kaum von anderen Gesellschaften zu unterscheiden, außer in ihrer Weise an das zu kommen, was sie zum Leben brauchten. Was in der heutigen Welt keine Nahrungsmittel waren, sondern nichts anderes als Geld.
Hinter ihnen hörte Nathalia laute Rufe, doch sie versuchte sich nicht ablenken zu lassen. Jessica und Nick hingegen blieben wie Dutzende andere auch. Nathalia ging noch etwas weiter, dann fluchte sie. Der Hangar lag keine zweihundert Meter hinter ihnen und sie kamen durch das teilweise ziemlich dichte Gedränge kaum voran. In diesen Straßen würden sich keinesfalls Leute finden, die gerade mal ein Schiff zu verkaufen hatten. Wenn das so weiterging, würden sie noch tagelang hier feststecken.
Als sie Jessica und Nick erreichte, wandelten sich die Rufe um in panische Schreie. Nun war Nathalias Interesse doch geweckt, gleichzeitig stieg Angst in ihr hervor. Nein...das kann nicht mit Isaac zu tun haben...das wäre....
"Was ist da vorne los?", fragte Jessica verwirrt. Überall um sie herum hatten die Menschen, Reiiel und andere sich umgewandt und versuchten zu erkennen, was vor sich ging. Diejenigen, die auf der anderen Straßenhälfte waren konnten besser erkennen, was dort vor sich ging.
Nathalia konnte es selber kaum fassen. Sie waren keine halbe Stunde hier und schon passierte schon wieder irgendetwas? Eine zweifelnde Stimme in ihrem Hinterkopf lief ein leises "Isaac..." erklingen, doch Nathalia versuchte solche Gedanken zu verdrängen. Schon die ganze Zeit hatte sie Angst, dass sich ihr Gefährte irgendwie verändert hatte und die Zweifel in ihr wurden immer größer. Aber so groß konnte kein Zufall sein, dass er sich schon wieder in Gefahr befand...das war nicht möglich...
Der hell erleuchtete Tunnel wurde plötzlich durchgeschüttelt, dann waren laute Schreie unmittelbar vor ihnen zu hören und Nathalia sah unzählige kleine Gestalten umherspringen. Sie waren nicht größer als der Kopf eines Menschen und sahen aus wie kleine Laufvögel, nur dass sie ohne Probleme zwei Meter hoch springen konnten. Die dünnen Federn leuchteten in einem hellen orange. Es waren gut zwei Dutzend und sie rannten vor irgendetwas davon.
"Was war das denn?", fragte Nick überrascht.
"Die sind vor irgendwas geflüchtet!", rief ein alter Mann, der in ihrer Nähe stand.
Nathalia stand mit weit aufgerissenen Augen zwischen all den anderen Leuten und schaute auf die Stelle, wo die vogelartigen Wesen zwischen den Füßen der anderen verschwunden waren. Das ist unmöglich!, dachte sie schockiert und schaute sich hektisch um. Diese Kreaturen konnten nicht von ihr kommen...Nathalia konnte es doch kontrollieren...auf keinen Fall konnte sie diese Kreaturen unbewusst erschaffen haben...
"Nick!", fuhr sie den jungen Mann an, der sie etwas erschrocken über ihre aufgerissenen Augen und ihren entsetzten Gesichtsausdruck anschaute. "Was ist denn mit dir los?", fragte er verwundert. "Es sind nur ein paar Vögel gewes..."
"Die Kreatur, die dich und Isaac angegriffen hatte...hatte sie geleuchtet?", unterbrach sie Nick.
"Was soll das heißen?", fragte er noch immer ziemlich ahnungslos, worauf Nathalia hinaus wollte.
Wenn es stimmte, was Nathalia vermutete, dann hatten sie keine Zeit mehr. "Ein Leuchten, orange-gelb, irgendwo an der Kreatur! Habt ihr so etwas gesehen?"
"Ich glaube ja...die Mitte...also das, von wo diese Greifarme ausgegangen waren hat geleuchtet...aber mehr nicht..." Nick wusste gar nicht was er sagen sollte, doch Nathalia gab ihm auch keine Erklärung dazu.
In diesem Moment gab es eine Stationsdurchsage. Lautsprecher oder etwas Ähnliches waren verborgen, dennoch war die dunkle Männerstimme gut zu verstehen. "Achtung! Die Hangarbereiche B bis D werden angegriffen. Bitte räumen Sie sofort die entsprechenden Bereiche und die MN-Railtunnel in den umliegenden Gebieten. Sicherheitspersonal wird angewiesen, sich im Hangar A zu melden." Nathalia schaute wie versteinert zur Decke. Das Bergungsschiff lag in Hangar C...
Ohne etwas zu sagen spurtete sie los, quetschte sich zwischen den noch umher stehenden Menschen durch. Hinter sich hörte sie Jessicas und Nicks Rufe, doch sie konnte sich nicht um die beiden kümmern. Sie war schon fast bei den Zugängen zu den Haupthangars, es waren keine zehn Meter mehr. Plötzlich sprangen zwei gewaltige echsenähnliche Kreaturen aus den Gängen. Sie erinnerten ein bisschen an Raubkatzen, nur dass sie alleine bis zu den Schultern drei Meter hoch waren und eine schuppige, rot, gelb und grün gestreifte Haut besaßen. Die Zähne und die dreißig Zentimeter langen Klauen waren blutbesudelt und die Augen leuchteten...orange...
Ohne Rücksicht schleuderten die Kreaturen die Umher stehenden beiseite oder töteten sie, indem sie die kleinen Menschen mit dem riesigen Kiefer packten und mit einem Biss töteten, ehe sie sie mit einem Schlenker des Schädels achtlos beiseite schleuderten.
Die eine Kreatur wandte sich nach links, die andere nach rechts. Von dort aus wüteten die gewaltigen Monster unter den geschockten Passanten. Sie bewegten sich voran wie Eidechsen, ihre Beine wurden bogenförmig nach vorne geschoben. Eines dieser Beine schlug Nathalia um und die Klauen daran töteten einen Reiiel, der fast in zwei Hälften zerteilt zu Boden stürzte.
Nathalia rappelte sich auf und stolperte in die Abzweigung Richtung Hangar, aus der diese Wesen gekommen waren. Sie wusste schon lange was geschehen war...und es konnte nur Isaac betreffen.


Isaac wusste nicht was mit ihm los war. Wieso kam er sich selber so merkwürdig vor? Was stimmte einfach nicht mit ihm?
Nathalia und die anderen waren, als sie das Schiff verlassen hatten auf einen Beamten getroffen, der genauere Informationen über eine geplante Liegedauer des Schiffs, Daten über den Schiffstyp und Ausweise sehen wollte. Vermutlich schlugen sie sich noch immer mit ihm herum, denn von dem was Isaac mitbekommen hatte, war es ein Reiiel, eine über zwei Meter große Echse, die in leichte Stoffe gekleidet war. Dieser Reiiel sprach weder Deutsch, noch Englisch, nur Kurièy, die Sprache, die im System von Tenla und Nura-III gesprochen wurde. Nathalia war die einzige, die auch nur einen Teil von den Worten des Reiiels verstand, doch dass die Echse sich mit voller Absicht nicht bemühte langsam zu sprechen oder Sätze nicht wiederholte, trieb Nathalia zur Weißglut. Vor allem weil der Reiiel unhöflich und gereizt war, außerdem verlangte er vollkommen unwichtige Informationen und redete immer wieder vor sich hin. Schon nach wenigen Sekunden hatte Isaac wieder das Bergungsschiff betreten, weil ihn dieses Gerede ziemlich auf die Nerven ging. Seine Aufgabe war es sowieso nicht, sich außerhalb des Stationshangars aufzuhalten. Eigentlich würde er die nächsten Tage genauso auf diesem Bergungsschiff verbringen müssen, doch es war ihm gleichgültig.
Alleine schon weil er diesem Hafen und vor allem den vielen Leuten hier nicht wirklich traute, hatte Isaac wieder seinen MAG angelegt, doch wieder hatte er feststellen müssen, wie wichtig es war, dass die Rüstung mit seinem Nervensystem verbunden sein musste. Er hatte vergessen sein T-Shirt auszuziehen und als er die Kapsel verlassen hatte, war ihm die Rüstung sehr viel schwerer als sonst vorgekommen, bis er gemerkt hatte, dass auch der übliche Schmerz unter dem Hals und an den Schultern gefehlt hatte, wo sich normalerweise die Scanner unter die Haut griffen. Er war sowieso schon schlecht drauf und als er die Rüstung wieder in der engen Kapsel entfernen lassen musste, fluchte er lang und ausgiebig, was ihm allerdings überhaupt nicht weiterhalf.
Schließlich stand er in voller Rüstung, die zwar schwere Panzerplatten am Oberkörper und den Gliedmaßen besaß, ihn aber in seiner Bewegungsfreiheit kein bisschen einschränkten, sodass er den MAG kaum an seinem Körper spürte.
Doch als Isaac alleine im Hauptgang des Schiffs stand, überkam ihn wieder ein merkwürdiges Gefühl. Alles war seltsam. Das, woran sich Isaac erinnern konnte, kam ihm seltsam vor. Warum hatte er sich so verhalten, wie er es getan hatte? Das Gespräch eben mit Nathalia kam ihm von seinem eigenen Verhalten so unwirklich vor, dass er schon beinahe daran zweifelte, ob es wirklich stattgefunden hatte.
Isaac überkamen allmählich Zweifel über sich selbst. Hatte er keinen Schaden von den Wunden auf Nura-III zurückbehalten? Nicht einmal unbedingt Körperliche sondern Geistige. Seine Handlungen kamen ihm unnötig und seltsam vor. Warum hatte er diese Kreatur im Trümmerfeld angegriffen? Warum hatte er eben Nathalia nicht gesagt, wie es ihm ging? Und warum geschahen all diese Dinge ausgerechnet ihm?
Wütend trat Isaac gegen eine der metallenen Wände, der schwere Stiefel des MAGs hinterließ eine nicht allzu große Delle. Irgendetwas war nicht in Ordnung mit ihm, irgendetwas. Und Isaac wusste auch ziemlich genau, wann es angefangen hatte. Als er sein Bild im Spiegel gesehen und seine eigenen grünen Augen angeschaut hatte, hatte er wieder diese Zeichen gesehen und anschließend war er zusammengebrochen. Vorher hatte er noch Angst gehabt, war vollkommen verwirrt und durcheinander und hatte außerdem lebensgefährliche Verletzungen gehabt. Doch nach diesem Anfall hatte sich sein Körper innerhalb kürzester Zeit selbst geheilt und auch hatte sich sein Verhalten verändert. Es musste irgendetwas damit zu tun haben, was Isaac bei diesem Zusammenbruch gehabt hatte. Doch er wusste nicht was.
Alles war...kompliziert. Unnötig kompliziert. Niemand konnte Isaac sagen, warum er so war, warum er sich so merkwürdig verhielt. Mit einem unerklärlichen Gedanken schaute er auf seinen rechten Arm. Vielleicht war es vorhin wieder passiert; sein Körper hatte sich geheilt.
Vielleicht. Vielleicht war Seyrià nichts anderes als Isaacs Einbildung gewesen, vielleicht war Isaac vollkommen durchgedreht, vielleicht war sein gesamtes Leben eine Zeitverschwendung.
Fluchend schlug Isaac mehrfach gegen die metallene Wand. Hätte er keine Rüstung gehabt und er kein To´kaèsh gewesen wäre, hätte er sich vermutlich gewundert, warum Teile des Metall wie Glas zersplitterten und einen Blick auf eine dahinter liegende Trennwand freigaben. Er wunderte sich auch nicht, dass seine Hand nicht gebrochen war, dass nicht einmal sein Arm von diesen Erschütterungen wehtat. Ja, er war ein To´kaèsh, einer der zehn und damit war er ewig gebunden.
"Verdammte...!" Isaac wurde bewusst, dass er wieder zu viel nachdachte. Nathalia hatte ihm, als sie ihn auf der Flame Sword gefunden hatte, dass sein Verstand instabil wäre. Wenn er etwas nicht mehr verstehen konnte- wie zum Beispiel über sich selbst- konnte sein Bewusstsein zusammenbrechen. Als To´kaèsh hatte er zwar eine übermäßige Intelligenz, doch damit musste ein Verstand erst einmal klarkommen.
Isaac wollte endlich ein Mensch sein und sich auch wie ein solcher fühlen! Die ganze Zeit über kam er sich wie eine willenlose Maschine vor, wie etwas Lebloses.
Ohne groß nachzudenken drehte sich Isaac um und rannte in Richtung der kleinen Krankenstation auf dem Bergungsschiff. Auf dem Weg blieb er an einem der schwachsinnig platzierten Waffenschränke stehen und griff sich wahllos zwei Messer, sowie ein ET-45 mit Munition und eine andere Waffe, die vor einen großen Aufsatz hatte, der aussah wie ein X, an den Enden saßen vier Waffenläufe. Erst jetzt fiel Isaac auf, dass das Bergungsschiff ziemlich veraltet sein musste, nicht nur dass der Waffenschrank ein ziemlich lächerliches Sicherheitsschloss hatte, auch war die Tatsache, dass es überhaupt einen, für jeden zugänglichen Waffenschrank gab ziemlich ernüchternd. Das Schiff, auf dem Isaac sich befand war alt, beschädigt und bot weder Schutz, noch eine sichere Fortbewegung. Isaacs Aufgabe war es möglichst einen Verkäufer für ein Schiff irgendwo auf diesem Piratenhafen zu finden, doch es würde keinesfalls jemanden geben, der auf dieser kläglichen Raumstation in der Nähe eines Kriegsgebietes wie Nura-III ein Schiff verkaufen würde. Also musste sich Isaac etwas anderes einfallen lassen.
Als er seine Ausrüstung mehr oder weniger zusammen hatte, rannte Isaac weiter in Richtung der Krankenstation. Warum ihn mit einem Mal so ein Tatendrang gepackt hatte, war ihm selber nicht klar. Eigentlich hatte er die Aufgabe einen Verkäufer eines Schiffes zu finden und falls dies nicht möglich war einfach darauf zu warten, dass Nathalia und die anderen wieder zurückkommen würden. Keinesfalls sollte er Aufsehen erregen. Doch ihm war eben ein Gedanke gekommen; wer hatte ihm etwas zu sagen? Wer durfte entscheiden, dass Isaac zur Untätigkeit verdammt herumsaß und Daumen drehte? Niemand!
Isaac wollte auf seine Art und Weise versuchen, ein Schiff zu finden, mit dem sie weiterreisen konnten. Wie genau er das anstellen wollte, wusste er selber nicht, doch bevor er das Bergungsschiff hier verlassen wollte, musste er noch etwas erledigen. Etwas wissen.
Etwas verschwitzt und aufgeregt erreichte Isaac die breite Tür zur Krankenstation. Er hängte sich das ET-45 über die Schulter und öffnete die Tür; er war ziemlich nervös wegen dem, was er gleich tun wollte. Zwar hatte er schon am Tag zuvor daran gedacht, doch erst jetzt war er entschlossen es auch wirklich zu tun. Wenn die To´kaèsh jeden beliebigen Menschen durch das Aussenden ihres eigenen Bewusstseins mehr oder weniger ansprechen konnten, konnte Isaac das auf jeden Fall auch und mit einem Mal war es für ihn unglaublich wichtig zu erfahren, was Kathleen über ihn wusste. Denn vorher hatte Isaac sich mit ihren Antworten auf die Fragen die er gestellt hatte noch zufriedengegeben, doch Isaac wusste nun wesentlich mehr und er wollte nun nicht mehr im Dunkeln leben sondern wissen, wer um ihn herum lebte, was um ihn herum geschah und vor allem warum.
Als er die Tür zur Krankenstation öffnete und die beiden großen Türhälften zur Seite in der Wand verschwanden, hatte Isaac das Gefühl, dass sein Herz stehenbleiben würde.
Die acht Betten bis auf das, auf dem Kathleen lag, waren leer, der Raum war hell erleuchtet und die Schränke und Computeranzeigen hatten sich auch kein bisschen verändert. Es fehlte auch nichts, stattdessen war etwas anderes hier. Zwei fast schon menschliche Gestalten befanden sich auf der Station, sie beide waren ungefähr so groß wie Isaac, doch er erkannte sofort, dass es keine Menschen sein konnten.
Kleidung trugen sie beide nicht, auch deutete nichts darauf, dass sie irgendwie einmal Menschen gewesen waren. Die schmalen Gesichter hatten anstelle der Augen dunkle, leere Höhlen, aus denen ein fast schon unwirkliches, hellgelbes Leuchten kam, das Isaac sofort an die Kreatur im Trümmerfeld erinnerte. Die Haare waren strähnig und schmutzig und hingen nur noch fetzenweise auf dem Kopf, die Haut war fleckig und an manchen Stellen schienen die Knochen durch. Der Mund war leicht geöffnet und die Zähne waren spitz und saßen schief im Kiefer der Kreaturen. Das eine der beiden Wesen stand in der Nähe der Tür, durch die Isaac gerade hineingekommen war. Es hatte an den Armen und Beinen jeweils lange Klauen, ansonsten wirkte es schon eher wie ein Mensch.
Die andere Kreatur stand mit den kurzen klauen- und stachelbesetzten Beinen auf Kathleens Bett und hatte sich über die wehrlose Frau gebeugt. Anstelle der normalen zwei Arme hatte es insgesamt zwei Armpaare. Es hatte keine Hände und zwischen den langen Armen spannte sich eine große, dünne Hautschicht. Einer der Arme hing wie bei einem Skorpion in der Luft und Isaac konnte erkennen, dass anstelle der Hand an jedem Armstumpf vier handlange Stacheln saßen.
Einer dieser Arme hatte sich in Kathleens Schulter gebohrt, ein zweiter hatte ihr linkes Bein mit dem Bett verbunden und der dritte war in ihren Bauch eingedrungen. Das Wesen hatte seine Kiefer auf die rechte Schulter der Frau gepresst und Isaac konnte sehen, wie Blut aus dem Mund der Kreatur lief.
Isaac hatte keine Zeit zu reagieren, er konnte nicht weiter nachdenken. Als er die beiden Wesen gerade sah, dachte er immer noch nach, wie er sein Bewusstsein vom Körper trennen konnte, um mit Kathleen doch noch zu sprechen. Sein Verstand war zu langsam und Isaac kam nicht einmal dazu sich zu fragen, woher diese Kreaturen gekommen waren.
Sein Körper allerdings war schnell genug.
Das Wesen, welches vor Isaacs Eintreten noch suchend mit den Klauen an den Wänden gekratzt hatte, sprang aus dem Stand drei Meter auf Isaac zu- und wurde von mehreren Schüssen in die Brust getroffen, sodass diese beinahe zerrissen wurde. Isaac hatte gar nicht erst daran gedacht das schwere ET von seinem Rücken zu nehmen, er hatte stattdessen zu der Waffe mit den vier x-förmig angebrachten Läufen geschossen und zu seiner Verwunderung hatten die Projektile so gut wie keine Geschwindigkeit aber dafür eine unglaubliche Keilwirkung, die kleinen Geschosse zerfetzten beinahe den gesamten Oberkörper des Wesens...und trotzdem griff es erneut an.
Eine hellrote Flüssigkeit floss und spritzte in Strömen aus der Brust der Kreatur, doch es konnte sich mühelos wieder fangen und legte beide Handflächen mit den Klauen nach außen zusammen, um sie Isaac in die Schulter zu rammen. Aufschreiend ließ er die Waffe fallen, als die Krallen seinen Arm beinahe vollständig durchstachen, dann keuchte er und versuchte mit der anderen Hand eines der Kampfmesser zu erreichen. Das Monster versuchte Isaacs Arm abzutrennen, indem es seine beiden Hände nun wieder auseinander zu ziehen. Die Schmerzen waren für Isaac kaum erträglich, doch dann bekam er den Griff des Messers zu fassen und schlug ansatzlos in Richtung Kopf der Kreatur.
Ohne Probleme durchtrennte die lange Klinge den fast schon wie Pappe wirkenden Hals des Monsters und mit einer Blutfontäne wurde der hässliche Schädel von den Schultern der Kreatur gerissen. Diese taumelte ohne ein Anzeichen von Schmerz zurück, doch dafür war sie jetzt blind und konnte Isaac nicht mehr wahrnehmen. Sie lebte allerdings immer noch.
Keuchend und mit zusammengebissenen Zähnen griff Isaac nach der fallengelassenen Waffe. Trotz der holographischen Zielsysteme, die sowohl einen weißen Zielstrahl nach vorne projizierte, als auch die Angaben über Munition, Energie und die Entfernung des derzeit angepeilten Ziels, konnte Isaac seine Hand kaum ruhig halten und schaffte es erst beim zweiten Mal den Abzug zu drücken. Die vier Projektile rissen große Fleischbrocken und Knochenteile zwischen fast schon wasserfallartigen Blutströmen heraus, doch erst als Isaac mit drei weiteren Schüssen der orientierungslosen Kreatur den gesamten Oberkörper bis auf einige Fleisch- und Knochenfetzen zerschossen hatte und beide Arme ausblutend am Boden lagen, regte sich das Monster nicht mehr.
Isaac gönnte sich keine Atempause sondern richtete die Waffe ohne nachzuladen auf die zweite Kreatur und feuerte. Sofort richtete sich der Blick aus den inzwischen dunkel-orange leuchtenden Augen auf Isaac und die Kreatur löste sich von Kathleen, auch wenn Isaac das Wesen schon mehrfach durchlöchert hatte, sprang es leichtfüßig und mit einer fast schon bedrohlichen Eleganz vom Krankenbett. Dieses Mal ließ Isaac das Monster nicht an sich heran kommen, er schoss das gesamte Magazin leer und als auch die zweite Kreatur am Boden lag und sich nicht mehr bewegte, ließ Isaac die Waffe fallen und rannte auf Kathleen zu.
Sein Verstand war wie tot, er verlor keinen Gedanken daran, woher diese Wesen gekommen waren oder was sie überhaupt gewesen waren. Das einzige, was Isaac wusste war, dass die beiden Monster genau das gleiche Leuchten in ihren Augen gehabt hatten, wie die Kreatur im Trümmerfeld. Ein Leuchten, welches keine sichtbare Quelle hatte und trotz seiner Helligkeit nichts erhellte.
Hinter sich hörte Isaac einen unmenschlichen Schrei, doch er ließ sich nicht ablenken, sondern versuchte bei Kathleen einen Puls zu fühlen. Zu seiner Erleichterung und zu seiner Verwunderung lebte sie noch, trotz des schwarzroten Bluts, welches Kathleen aus dem Körper lief und trotz ihrer vorherigen Verletzungen lebte sie. Noch.
Zwar hatte Isaac keine Ahnung von Medizin oder Krankheiten, doch er traute es sich zu zumindest ihre Wunden behandeln zu können. In dieser Situation hatte er eh keine andere Wahl und Kathleen auch nicht. Er hastete zu einem der am Rand stehenden Schubladen und Tische und riss sie ohne Rücksicht heraus. Es dauerte fast zwei Minuten, bis er schließlich nach hektischem Gesuche endlich das richtige Medikament fand. Erst seit einem guten halben Jahrhundert war die Medizin überhaupt so weit entwickelt wie jetzt und Isaac war froh, dass es auf diesem alten Bergungsschiff zumindest an diesem Medikament nicht mangelte.
Den Namen des Mittels wusste er nicht und er las sich auch nicht die Aufschrift auf der kleinen Flasche durch. Er wusste, dass dieses Mittel dem Körper innerhalb von Sekunden einen Energieschub geben konnte, es verhinderte, dass schwere Wunden den Körper zu sehr schwächten und gab dem Kreislauf- und dem Nervensystem einen möglicherweise lebensrettenden Schub, der verhinderte, dass zu viele Zellen im Körper abstarben. Das einzige Problem, welches Isaac hatte war, dass er nicht genau wusste, wer oder was Kathleen war und wie ihr Körper auf dieses Mittel reagieren würde. Und selbst wenn sie ein normaler Mensch wäre, das Gift des Acronta würde dieses Medikament hier nahezu nutzlos machen.
Dennoch entnahm Isaac der Flasche so viel von der dünnen Flüssigkeit mit einer Spritze, wie er konnte und warf die Flasche anschließend beiseite. Mit einem Sprung über eines der Betten erreichte Isaac Kathleens reglosen Körper. Ihr Atem hatte ausgesetzt.
Isaac hoffte, dass es die richtige Stelle war und infizierte Kathleen den gesamten Inhalt der Spritze. Allmählich wurden die Schmerzen in seiner Schulter wieder schlimmer, eben hatte er sie gar nicht wirklich wahrgenommen, nur sein Arm hatte sich manchmal kaum bewegen lassen.
Von Außerhalb der Krankenstation hörte Isaac wieder Geräusche, Schreie, Schüsse...und Schritte, die näher kamen. Sofort verschloss er die Tür der Krankenstation wieder und rannte zur Türsteuerung, die ein Stück weiter an der Wand hang. Es war ein Kasten, an dem außen eine Steuerfläche angebracht war, mit der man die Tür dauerhaft öffnen, verbarrikadieren oder auf Automatik stellen konnte. Isaac schlug sich nicht mit diesen Anzeigen herum sondern nutzte seine Faust um den Kasten einzuschlagen. Obwohl er als To´kaèsh unglaubliche Kraft aufbringen konnte, waren seine Knöchel trotz der Rüstung taub, als er schließlich die Metallabdeckung abreißen konnte. Die dahinter liegenden Kabel ließen sich selbst nach mehreren Versuchen nicht mit einem Messer zerschneiden, sodass Isaac die merkwürdige Waffe mit dem X-Lauf wieder aufnahm und einmal auf den Stromkasten schoss. Die Kabel wurden zerrissen, ebenso wie ein Teil der Metallwand dahinter. Die Tür, die gerade noch ein blaues Symbol angezeigt hatte, wurde zuerst gelb und dann verschwanden die holographischen Anzeigen. Die Tür war blockiert.
Von außen hörte Isaac ein Kratzen und ganz leise auch vorsichtige Schritte, in der Ferne hörte er Schüsse und vereinzelt panische Schreie. Isaac war wie betäubt, er selber konnte noch immer nicht nachdenken und das war vermutlich auch gut so. Denn niemals könnte er begreifen, was hier vor sich ging.
Er rutschte neben Kathleens Bett zu Boden. Die beiden Augen des abgetrennten Schädels vor Isaac glühten noch immer. Die Kreatur hatte versucht Kathleen umzubringen, die Zweite deren Überreste in der Nähe der Tür lagen hatte Isaac angegriffen. Und wenn er die Geräusche von draußen richtig deutete- und er betete schon beinahe, dass er sich nicht irrte- dann waren hier noch mehr dieser Monster.
Langsam bekam Isaac wieder die Kontrolle über seinen Körper zurück und er stellte noch immer schwer atmend fest, dass er zitterte. Aus Angst? Bei jedem Herzschlag brannte seine Schulter noch mehr und die Geräusche vor der Tür wurden lauter, doch er rührte sich nicht mehr. Er fragte sich gar nicht, was das für Wesen waren, die vor der Tür lauerten oder was für Leichen hier auf der Krankenstation lagen. Es interessierte ihn auch gar nicht, er hatte tatsächlich Angst.
Was war mit den anderen geschehen? Hatte Nick Recht gehabt und es lag wirklich nur an ihm? Hätten sie Isaac auf Nura-III seinem Schicksal überlassen sollen? Vielleicht wäre es wirklich besser so gewesen. Isaac hatte Angst, dass Nathalia seinetwegen etwas zugestoßen sein konnte, dass er selber ohne es zu wissen für all das, was in den letzten Tagen geschehen war verantwortlich sein würde. John war von den Acronta getötet worden, weil er und die anderen auf Isaac hatten warten müssen, Kathleen war lebensgefährlich verwundet, nur weil sie ihn hatte beschützen wollen. Waren diese Kreaturen nur wegen ihm hier? Oder war es nur Zufall?
Isaac vergrub das Gesicht in den Händen, Tränen liefen ihm auf den Augen. Er konnte es einfach nicht mehr ertragen. So wollte er keinesfalls leben. Vor einigen Minuten noch wollte er etwas ganz normalen nachgehen, wenn auch nicht etwas Alltäglichen. Ein Schiff kaufen; auf einem Raumhafen. Etwas ganz Normales, viele die das Geld hatten, erwarben sich Raumfahrzeuge um damit eigenständig durch das Weltall reisen zu können. Aber dazu kam Isaac nicht! Isaac kam zu nichts, das irgendwie normal war! Es passierten immer so viele Dinge auf einmal, es konnte einfach nicht sein! Ständig, nahezu jede Minute musste Isaac um sein Leben kämpfen oder befand sich wie jetzt in einer unwirklich wirkenden Situation. Und das schlimmste war, dass er andere mit hineinzog, die nichts damit zu tun hatten! Er selber konnte nichts dafür…
Er war kein Mensch mehr. Nicht nach dem, was seit Nura-III geschehen war. So wollte er nicht mehr leben. Anfälle, Angriffe von Wesen, deren Herkunft ihm und allen anderen um ihn herum vollkommen unbekannt war, Visionen, Alpträume...
Die leuchtenden Augenhöhlen des toten Monsters glotzten Isaac noch immer an...was war das für ein Leuchten? Er hatte es schon bei dem Tentakelwesen im Trümmerfeld gesehen...? Ein gequälter Schrei hallte durch den Raum. Nein, er konnte nichts dafür, dass all das um ihn herum passierte, wegen ihm passierte, doch er konnte etwas dagegen tun. Mit blut- und tränenverschmiertem Gesicht sprang er auf und nahm wieder die pistolenartige Waffe mit den vier Läufen auf. Ihm war nun alles egal, alles. Vielleicht wurde er verrückt, vielleicht machte ihn das, was er erlebte wahnsinnig, ihm war alles egal. Breitbeinig stellte sich Isaac vor die deaktivierte Tür, die der einzige Zugang zur Krankenstation war. Von außerhalb war Gekratze zu hören, hin und wieder auch leise, schleichende Schritte.
Isaac lud die Waffe nach und feuerte mehrfach gegen die Metalltür. Die Projektile schlugen ungewöhnlich große Löcher in die Tür und die Monster dahinter. Er schloss die Augen und schoss das gesamte Magazin leer. Die Kreaturen erkannten, dass sich die Barrikade nach und nach auflöste und durch eines der entstandenen Löcher in der Tür quetschte sich eines der Monster in die Krankenstation.
Auch bei ihm leuchteten die Augen und es sah genauso aus wie die Kreatur, die Kathleen angegriffen hatte. Isaac versuchte gar nicht erst die Waffe zu heben, es war ihm vollkommen egal, was nun geschehen würde. Das Monster sprang mit seinen kurzen Beinen auf ihn zu, zwei der sechs Arme packten ihn.
"Isaac!" Die Stimme kam von hinten aus der Krankenstation und bei ihrem Klang überfuhr Isaac eiskaltes Grauen, er wollte sich umdrehen, doch dann gruben sich lange Zähne in seine Schulter und Isaac erhielt einen schrecklichen Schlag in den Bauch.

Child of Bodom
Posts: 928
Joined: Wed, 30. Nov 05, 19:47
x3

Post by Child of Bodom » Sun, 16. Jan 11, 23:49

Boah...ich bereue es inzwischen überhaupt mit VoL angefangen zu haben...zumindest die ersten fünf oder sechs Kapitel^^ Da ich die aber nicht mehr ändern kann, haue ich jetzt halt die Kapitel so raus. Ich will nämlich auch mal etwas beenden^^
O.K. Ich muss Trascher tatsächlich recht geben damit, dass Schriftsteller immer dann Frustriert sind und ihre Produktion für sch**** halten, wenn sie es eigendlich ganz und gar nicht ist... Ja du ließt richtig... Ich halte diesen Teil tatsächlich für einen der Besten bisher und das nicht nur, weil er einer von den längsten ist, sondern aus anderen Gründen, die ich mal anfange aufzuzählen...

Zuerst mal... Du gehst tatsächlich auf die Dinge ein, die den Leser (oder zumindest mich ^^) interessieren... Die Beziehung von Isaac und Nathalia erfährt endlich einiges an Darstellung, die Piraten-Station und besonders die Wesen die sich dort rumtreiben sind wunderbar dargestellt und endlich merkt man bei dir auch mal, dass es überhaupt andere Rassen neben den Menschen und Acronta gibt... ^^

Du scheinst dir viele meiner Ratschläge zu Herzen genommen zu haben, gerade das mit Nicks benehmen und auch wenn das wahrscheinlich ursprünglich ein Fehler gewesen war, hast du ihn tatsächlich ganz gut und sinnvoll wieder hin gebogen... Auch der Fehler mit dem Wesen (falls das überhaupt einer gewesen war) ist vergleichsweiße gut ausgebügelt worden und es ergibt zumindest einen geringen Sinn nach dem Wissen, dass der Leser momentan hat... Auch scheinst du dir meine Ratschläge bezüglich den Kampfsequenzen zu Herzen genommen zu haben... Die erscheinen jetzt tatsächlich viel flüssiger seit du dich auf das wesentliche dabei, die Kampfhandlungen selbst, konzentrierst...

Trozdem finde ich es echt erstaunlich, wie wir beide, zum selben Zeitpunkt ähnliche Dinge, nämlich die Psychische Belastung unserer Hauptcharaktäre auf Grund ihrer Fähigkeiten, thematisieren... Versteh mich nicht falsch, niemand hat hier vom anderen geklaut, geht ja auch gar nicht. die Teile sind ja gleichzeitig entstanden... ^^ Aber es ist trozdem erstaunlich und auch sehr erfreulich, dass sowas bei dir überhaupt thematisiert wird... Das ist nicht gerade selbstverständlich, musst und wirst du wahrscheinlich sowieso wissen... ^^

Ansonsten bleibt es abzuwarten, wer von den beiden Suchern jetzt für das alles verantwortlich ist, oder ob nicht doch wieder ganz was anderes dahinter steckt, als wir Leser jetzt denken... ^^ Alles in allem kann ich Traschers Rufe (die er bestimmt drunter setzen würde, wenn er nicht mitten im Wehrdienst wäre) nach "mehr" gerade bei dem Teil durchaus unterschreiben... Und auch wenn du dich vielleicht fragen magst, wie Leute wie ich (bei dem du es ja in den Kommentar geschrieben hast) oder ein paar andere, so gut schreiben können, lass dir gesagt sein, dass das nicht ungewöhnlich ist... Ich frage mich bei bestimmten Leuten hier im Forum auch immer wieder, wie die so gut schreiben können... Das ist normal will ich meinen... Und gerade dann heißt es: Einfach nen großen Haufen drauf kacken und weiter machen... ^^

Ädit: Mir ist jetzt beim längeren drüber nachdenken über die Story und deine Eigenkommentare eine Sache aufgefallen... Kann es irgendwie sein, dass du die Richtung deiner Story mittlerweile mindestens 3 mal umgeändert und eigendlich kein richtiges Ziel zu dem sie hinführen soll hast? Wenn das so ist, dann würde ich mir darüber dringend mal Gedanken machen, weil zu viele grobe Richtungsänderungen können durchaus schon Problematisch sein...

Majonese
Posts: 134
Joined: Sun, 14. Feb 10, 16:59

Post by Majonese » Sat, 29. Jan 11, 20:31

Neulich beim Schreiben:
-Hey PC, was ist denn los?
-Nix.
-gut so, ich habe nämlich keine Lust die Datei irgendwie zu verlieren. Wäre ja nicht das erste Mal!
...
-PC, warum zur Hölle rödelst du schon wieder so rum?
-ich mach doch gar nichts, alles läuft wie gesch...ich stürze in zwei Sekunden ab...
-WAS?!


Mehr brauche ich auch nicht zu sagen, ich glaube drei Viertel von diesem Kapitel sind neugeschrieben und bei der Rechtschreibfehlersuche habe ich gut zwanzig Fehler gehabt und das nur in der ersten Hälfte des Textes. Ich habe echt keine Lust mehr auf diesen Drecks-PC der mich sonst wo lecken kann.
Das ist zwar keine gute Entschuldigung für Fehler oder negative Aspekte der Kapitel aber eine echte moralische Bremse für mich selbst. Das ist schon das dritte Kapitel, welches ich nahezu komplett neuschreiben durfte und beim zweiten Mal ist es irgendwie ein ziemlich beschissenes Gefühl-.-

________________________________________________
Kapitel 13
Ruvon und die anderen Soldaten stapften durch den Schnee, er selber hoffte, dass die Kingston-Station weitgehend unbeschädigt sein würde. Denn falls dies der Fall war, konnten sie die Überlebenden dorthin bringen. Eine MN-Railstation war immer noch besser, als irgendein halb verschütterter Keller, der seit vielleicht dreihundert Jahren nicht mehr genutzt wurde.
Was ihn am meisten beschäftigte war; als Kommandant war er eigentlich nutzlos. Ruvon hatte schon eine Menge Erfahrung im Kampf gesammelt, konnte mit verschiedenen Waffen sowohl im Distanz- als auch im Fernkampf hervorragend umgehen und wusste es, wie man im Kampf zu Handeln und zu denken hatte. Doch das hier war kein Kampf, kein Krieg...zumindest jetzt nicht mehr. Ruvon musste seine wenigen Soldaten davor bewahren ihr Leben unnötig zu verlieren und er hatte die Verantwortung über diese Männer und Frauen.
Zudem hatte er von Kriegstaktik kaum eine Ahnung. Wo man wie welche Truppen platzieren musste und wie man die Stärken seines Kampftrupps nutzen konnte, damit kannte sich Ruvon so gut wie gar nicht aus. Leider war er trotzdem der wohl Erfahrenste von allen Überlebenden. Vielleicht gab es noch irgendwo anders auf Nura-III Menschen oder Acronta, die überlebt hatten, doch selbst wenn dem so war, es half ihm in seiner derzeitigen Situation gar nichts.
Der Trupp musste immer wieder über größere Schneehaufen klettern oder brennende Wracks von Fahrzeugen oder eingestürzte Straßen umgehen. Die Stimmung war auf dem Tiefpunkt und Ruvon wäre lieber dem Feind in die Arme gerannt, als einfach in diesen trostlosen Schutt- und Leichenhaufen umher zuspazieren.
Doch langsam kamen sie der Kingston-Station näher. Sie sprachen kein Wort, hin und wieder meldeten sich Ailin, Jonas oder Mike, die Späher, die von den Glastunneln der MN-Rail einen guten Blick über die Stadt hatten und die Soldaten unten in den Straßen vor Gefahren warnen konnten. Das war allerdings nicht nötig, der gesamte Marsch war bis jetzt ereignislos gewesen und gerade deshalb war Ruvon auch so angespannt.
Die Retter waren zwar weitgehend ein Rätsel, warum sie angriffen, woher sie kamen, wer ihre Anführer waren und wie viele es von ihnen gab, doch ihre Angriffe hatten sich zu einem Muster entwickelt. Zuerst begann ein massiver Raketenbeschuss, dann setzten Invasionsschiffe zur Landung an. Zehntausende Soldaten griffen jeden an den sie sahen und ließen niemanden am Leben. Sie gingen dabei mit einer fast schon beängstigenden Präzision vor. Fast immer hatten die Angreifer eine hochmoderne Ausrüstung, die immer perfekt auf die Begebenheiten ihres Ziels abgestimmt war und durch die Unterstützung durch Panzer, Mechs, Hubschrauber und Jäger wurden ganze Völker in wenigen Tagen ausgelöscht. Und anschließend verließen fast alle Retter das Trümmerfeld wieder. Nur einige wenige Trupps blieben dann noch zurück, die die Städte und Dörfer durchsuchten.
Nie hatten die Retter etwas an ihrer Taktik geändert, sie hatten auch noch nie eine Niederlage einstecken müssen. Planeten, über denen gewaltige Flotten auftauchten waren bereits so gut wie tot.
Plötzlich hob Ruvon die Hand und blieb stehen. Die anderen Soldaten folgten etwas verspätet seinem Beispiel. Sie alle lauschten, ein Knirschen war zu hören, so als ob jemand durch den Schnee stapfen würden. Niemand war zu sehen.
"Was ist das?", fragte ein Soldat verwirrt und auch Ruvon wunderte sich. Die Geräusche waren inzwischen so laut, dass er glaubte, direkt vor ihm würde sich jemand durch den tiefen Schnee ziehen.
"Ailin? Kannst du etwas von dort oben erkennen?", funkte er die Späherin an, die nach seinem Wissen auf einer MN-Brücke direkt über ihnen war. Er schaute sich nach allen Seiten um.
Einen Moment später war ihre Stimme zu hören. "Nein...nein, ich sehe nur euch unten auf der Straße. Nein...warte..." Zuerst hatte Ruvon aufatmen wollen, doch ihr Stocken beunruhigte ihn weiter. Was waren das für Geräusche? Sie waren inzwischen noch lauter geworden, es erinnerte nun mehr an ein Knacken. Einige Soldaten hatten ihre Waffen gehoben und zielten nervös in die Straßen. Sie waren mitten auf einer Kreuzung und dadurch ein leichtes Ziel.
"Dort unten ist etwas!", hörte Ruvon nun Ailins aufgeregte Stimme. "Es ist in einer Straße in Richtung Süden! Es sieht aus...wie eine Spinne oder etwas Ähnliches. Jetzt bewegt es sich!"
Ruvon gab seinen Soldaten, die alles mitbekommen hatten ein Zeichen und sie bildeten eine Feuerlinie. Sie gingen ein Stück weiter nach rechts um an eine Häuserwand zu kommen. Zwar hörten sich Ailins Worte merkwürdig an, doch Ruvon versuchte zuerst kampfbereit zu sein. Eine Spinne? Was auch immer es war, es musste jedenfalls groß sein, sonst hätte Ailin es niemals von dort oben sehen können. Sie waren so kurz vor ihrem Ziel und alles war bis jetzt sicher gewesen, jetzt mussten sie sich mit irgendeinem Wildtier herumschlagen.
"Siehst du noch etwas?", fragte Ruvon wieder und schaute sich nach Ailin um. Er vermutete, dass sie in einem der Glastunnel hinter ihnen war, gut fünfzig Meter über der Straße und in der perfekten Position um die Kreuzung und die angrenzenden Straßen zu überblicken.
Zu seiner Verwunderung antwortete Ailin nicht. Er bekam keine Antwort, während seine Soldaten im Schnee standen und darauf warteten, dass sie etwas regte. Noch immer fielen unzählige Schneeflocken in Richtung Erde, doch inzwischen war es nicht mehr ganz so eisig wie zuvor. Dann hörte Ruvon Ailins aufgeregte und abgehakte Stimme. "Hier ist irgendetwas im Tunnel!", rief sie.
"Ailin...? In welchem Tunnel bist du jetzt...? Ailin...?" Ruvon hörte Schüsse. Dann einen panischen, grauenerfüllten Schrei. Anschließend verlor Ruvon die Verbindung über Ailins MAG.
Gleichzeitig verwandelten sich die unerklärlichen Geräusche in ein ohrenbetäubendes und unglaublich hohes Klirren, fast schon wie ein Pfeifen. Mit schmerzerfüllten Gesichtern griffen sich einige der Soldaten an die Ohren, andere wurden aus einem unerfindlichen Grund bewusstlos und die Kälte des Winters schlug in eine unerträgliche Hitze um. Stöhnend versuchte sich Ruvon auf den Beinen zu halten und zu schauen, was um herum geschah, während um ihn herum die Männer und Frauen zusammenbrachen.
Dann brach hinter dem Wrack eines Panzers ein großes sechsbeiniges Geschöpf hervor, welches den Körper einer haarigen Echse hatte und so auf groteske Weise einer Mischung aus Spinne und Schlange ähnelte. Mit unglaublich schnellen Schritten überwand es zwei Drittel der gut fünfzig Meter zwischen ihm und den Menschen, von denen nur noch drei auf den Beinen standen und das Spinnenwesen unter Feuer nahmen.


Isaac taumelte zurück und das Wesen versuchte seinen Hals mit den langen Zähnen durchzubeißen. Ohne die Rüstung wäre es der Kreatur sogar gelungen. Zwei der Arme hatten sich hinter Isaac so zusammengelegt, dass er nicht nach hinten zurückweichen konnte, Isaac konnte sie kaum bewegen. Doch mit einem Mal schien er wieder klar denken zu können, eben noch war ihm alles egal gewesen, doch erst jetzt erkannte er, was er tat. Er kämpfte ums Überleben.
Die langen Klauen des Monsters fuhren wieder in seinen Arm und der Stoß riss ihn zur Seite. Es würde nicht mehr fiel fehlen, und es würde ihm den Arm kosten. Doch jetzt konnte sich Isaac aus dem Griff der Kreatur befreien und sprang zur Seite. Dafür bekam er einen Schlag gegen den Kopf, der ihn umwarf.
Mit der Waffe zielte er auf die Beine des Monsters und er benötigte nur einen Schuss, beide Beine wurden kurz über dem Knie abgetrennt und das Monster fiel zu Boden. Noch im Sturz riss schlug es mit seinen Armen zu. Isaac hechtete nach vorne, doch die Kreatur schaffte es mit einer Hand von oben in Isaacs rechtes Bein zu stoßen. Die Kraft reichte aus, um sein Bein mit dem darunterliegenden Metallboden zu verbinden.
Die Schmerzen waren unvorstellbar, Isaac verlor von einem Moment auf den nächsten seine Orientierung, alles drehte sich und er schaute zu dem sich aufbäumenden Monster auf, welches trotz seiner fehlenden Beine so bewegte, als ob es nie welche gehabt hätte. Es drückte mit dem Arm, der Isaacs Bein festhielt nach unten, sodass er sich nicht bewegen konnte. Das Wesen zog sich mit den anderen Händen heran, um die langen Klauen in Isaacs Körper zu schlagen.
Dazu kam das Monster aber nicht. Isaac sah von der Seite etwas heran sausen, dann wurde sein Bein plötzlich wieder freigegeben. Die Hand, welche ihn mit dem Metallboden verbunden hatte war von etwas abgetrennt worden. Mit einem leisen Klirren verschwand ein großes, dünnes Messer unter einem der Betten. Isaac wunderte sich. Er hatte beide seine Messer noch bei seiner Ausrüstung...außerdem hatten sie anders ausgesehen. Das waren nicht seine Waffen.
Ein weiteres Geschoss flog heran und blieb der Länger nach im Hals der Kreatur stecken. Isaac zögerte nicht und trat nach dem entstellten Schädel des Monsters. Dieser riss ohne Probleme vom Hals ab und das Wesen versuchte sich aufzubäumen. Es wusste nun nicht mehr wo Isaac war. Dafür konnte er seinen Gegner noch genau sehen. Isaac feuerte so lange, bis sich das Monster in ein fleischiges, blutiges Etwas verwandelt hatte. Dann kroch er von der widerlichen Kreatur weg.
Vom Boden aus konnte Isaac sehr genau sehen, wer diese Messer geschleudert hatte. Kathleen lag mit dem Rücken an ihr Bett gelehnt, auf dem Metallboden. Ihr Gesicht war zu einer schmerzverzerrten und erschöpften Grimasse geworden. Das Bett, auf dem sie gelegen hatte und der Boden daneben waren blutverschmiert.
Es war merkwürdig, dass sich Isaac noch immer nicht wunderte, dass sie von solchen Wesen angegriffen wurden. Doch jetzt war ihm nicht mehr alles gleichgültig. Seinetwegen befanden sich diese Kreaturen doch erst auf dem Schiff und vermutlich nun sogar schon im Hangar der Station! Er wusste nicht woher diese Kreaturen gekommen waren, doch es musste irgendetwas mit ihm zu tun haben. Sie konnten nur seinetwegen hier gewesen sein...!
Isaac betrachtete sein Bein vorsichtig. Die fleischige und entstellte Hand war abstoßend, doch die Klauen an ihr waren eine schreckliche Waffe. Zwei Krallen hatten sein Bein vollkommen durchstoßen, eine dritte hatte sich neben seinem Knochen vorbeigebohrt. Er vertraute darauf, dass seine Heil- und Widerstandskräfte als To´kaèsh stark genug waren und riss das abgetrennte Gliedmaße ohne viel Rücksicht heraus.
Vor Schmerz zitternd und nur mühsam beherrscht nicht laut zu schreien warf Isaac die Hand beiseite und zog seinen Oberkörper nach oben. Mit dem unverletzten Bein versuchte sich Isaac an der Wand hochzudrücken, um zumindest erst einmal zu stehen. Er biss die Zähne so fest zusammen, dass es knirschte. Dann versuchte er mit dem rechten Fuß aufzutreten.
Zu seiner Überraschung verschlimmerte sich der Schmerz nicht noch weiter, zwar konnte er sein Bein weder einknicken, noch drehen, doch von der Wunde ging eine starke Wärme aus. Isaac konnte diese Wärme sehr deutlich spüren, als er mit seiner Hand vorsichtig mit etwas Abstand an den blutenden Stellen vorbeifuhr. Tatsächlich begann die Wunde bereits zu heilen!
Da auch die Geräusche vor der Tür aufgehört hatten, fasste Isaac neuen Mut. Er wollte hier drin nicht sterben.
Zwar entfachte jeder Schritt eine flammende Schmerzenswelle in seinem Bein, doch da er zumindest einigermaßen gut laufen konnte, versuchte er das zu unterdrücken. So schnell er konnte, humpelte er zu Kathleen. Sie lag noch immer schwer atmend am Bett und schaute nicht einmal auf, als Isaac auf sie zu trat.
"Kathleen?", fragte Isaac leise und dieses Mal schaute sie verunsichert zu ihm hoch. "Danke!" So gut es ging beugte er sich zu ihr runter und packte sie unter den Schultern. Es kostete ihn viel Kraft die Frau hochzuziehen. "Kannst du laufen?" Schwach nickte sie, auch wenn sich Isaac nicht wirklich sicher war. Kathleen sah furchtbar aus, als sie noch vom Gift gelähmt auf dem Bett gelegen hatte, war ihr nicht anzusehen gewesen, wie schlecht es ihr ging. Noch immer hatte sie die Stiefel und das Beinkleid ihrer Rüstung, doch ihr Oberkörper war bis auf wenige Stellen, an denen die Rüstung noch nicht zerstört worden war, mit Verbänden bedeckt. Manche von ihnen waren sogar schon durchgeblutet. Dazu kamen die neuen Verletzungen, von denen Kathleen selbst wahrscheinlich nicht einmal wusste, woher sie kamen.
Es war Isaac ein Rätsel, wieso dieses einfache Medikament, welches nur dazu diente den Körper über einen gewissen Zeitraum zu stärken so gut gewirkt hatte. Sogar das Gift des Acronta war aus irgendwelchen Gründen plötzlich vollkommen wirkungslos. Dennoch hob sich Isaac solche Gedanken und Fragen für später auf.
Isaac legte sich Kathleens Arm um die Schulter und stützte sie. Ihr Blick war verzerrt und sie bewegte sich vor Schmerzen zitternd, doch tatsächlich konnte sie einigermaßen gehen, wenn auch nur mit Isaacs Hilfe.
Eben noch waren mehrere Monster vor der Tür gewesen, jetzt war nichts mehr von ihnen zu sehen. Auch hatten die Schreie und die anderen Geräusche im Hangar aufgehört. Im Moment wollte Isaac allerdings auf jeden Fall dieses Schiff verlassen, da sie hier in einer Sackgasse waren. Wenn weitere dieser Wesen auftauchten- egal wo und wie- hätten sie beide keine wirkliche Chance.
Kathleens Gesichtsausdruck wurde immer angestrengter, sie hatte kaum noch Kraft. "Wohin gehen wir?", fragte sie mühsam.
"Wir verlassen das Schiff", antwortete er knapp und als sie schließlich bei der geöffneten Druckschleuse ankamen, blickten sie auf einen Albtraum. Auf der Brücke, auf die Isaac Kathleen brachte lagen in unregelmäßigen Abständen teilweise grausam zugerichtete Leichen, Überreste von Kisten oder Maschinen und hin und wieder einige der Monster, die man kaum noch als solche erkennen konnte, weil sie in ihre Einzelteile zerlegt worden waren.
"Was ist das hier?", fragte Kathleen schockiert und blickte verunsichert umher.
Isaac antwortete nicht sondern schaute sich nur um. Das alles war seine Schuld? Seine Beine wurden schwach und er wurde ganz bleich. Nur seinetwegen war das alles hier passiert. Ein leiser Zweifel mischte sich ein. Hatten diese Wesen wirklich nur ihn haben wollen? Wieder erinnerte sich Isaac an die Kreatur im Trümmerfeld. Sie hatte nur ihn angegriffen, anscheinend war es hier auch so gewesen. Oder vielleicht doch nicht? Doch...das stimmte alles gar nicht. Die Kreatur hatte ja nicht nur Isaac angegriffen, sie hatte auch das Bergungsschiff mit den Tentakeln gepackt. Aber das war vielleicht auch nur Zufall gewesen. Irgendetwas stimmte hier nicht. Vielleicht hatte das Auftauchen dieser Kreaturen gar nichts mit Isaac selbst zu tun?
Isaac hörte in einiger Entfernung fragende Rufe und nach und nach kamen einige Gestalten vorsichtig über die Brücken des Hangars gelaufen. Sie alle hatten bleiche und schockierte Gesichter, einige trugen Waffen und Rüstungen, andere hatten Anzüge oder einfache Kleidung. Zwischen all den Gestalten erkannte Isaac sogar den Reiiel wieder, der ihn und die anderen empfangen hatte.
"Warte hier!", sagte Isaac und lehnte Kathleen behutsam an eine der wenigen Kisten, die teilweise umgeworfen und durcheinander auf der Brücke standen. Vermutlich waren sie mit Lebensmitteln oder irgendeinem Technikkram voll. "Ich schaue mal nach, ob ich herausfinden kann was passiert ist und wo die anderen sind."
Kathleen gab kein Zeichen, ob sie ihn verstanden hätte, sie sank in sich zusammen und blieb kraftlos an eine Metallkiste gelehnt liegen. Doch ihr Blick jagte Isaac Angst ein. Ihre Augen hatten etwas Sanftes und gleichzeitig schienen sie sich in seinen Kopf zu bohren. Dabei standen sie in einem ziemlichen Gegensatz zu Kathleens derzeitiger Verfassung, ihr Blick hatte nichts Erschöpftes, nichts Kraftloses.
Etwas unsicher wandte sich Isaac ab.
Isaac wusste nicht wie viele Kreaturen die Menschen, Reiiel und Acronta auf dem Hafen angegriffen hatten, doch alleine auf den Brücken im Hangar lagen gut siebzig Tote, dazu kamen hier und da noch die verstümmelten Körper der Monster. Seine Wunden schmerzten ziemlich schlimm und er hatte keine Ahnung, was er denken oder tun sollte. Alles, was hier passiert war, war so krass, dass es gar nicht wirklich sein konnte und trotzdem war sich Isaac ziemlich sicher, dass er nicht träumte, als er zwischen den Toten bis zum Ende der Brücke lief.
"Isaac!" Mit einem Mal sprang Nathalia von einer der Rampen, die vom Hangar zu den Straßen führten und sich nach und nach mit Menschen füllten. Es waren gut zwei Meter, doch sie federte ohne Probleme ab und packte Isaac noch im Lauf am Arm und riss ihn zur Seite. "Hast du versucht dein Bewusstsein von deinem Körper zu lösen?", fragte sie außer Atem.
Isaac hatte keine Ahnung, was sie von ihm wollte. "Nein, verdammt!", stöhnte er, seine Schulter brannte unter Nathalias Griff noch schlimmer.
"Warst du irgendwie bewusstlos?", hakte sie weiter nach und erst als Isaac den Kopf schüttelte, ließ sie ihn los.
Mit zusammengebissenen Zähnen hielt Isaac sich an der Schulter. "Was sollte das?", rief er wütend. Er war erleichtert, dass Nathalia nichts zugestoßen war, doch angesichts dieses Massakers konnte Isaac keinen glücklichen Gedanken mehr fassen. Vor allem weil es vielleicht doch an ihm lag.
"Und woher kamen dann diese Drohnen?", rief Nathalia außer sich und schaute sich hektisch um.
"Was für Drohnen? Diese Monster die uns angegriffen haben oder was?", fragte Isaac ungeduldig. Einige Leute blickten zu ihnen auf, die meisten waren aber noch zu schockiert über das, was passiert war. Einige standen mit leerem Blick herum, andere gingen umher und fragten jeden, was das zu bedeuten hatte, manche suchten auch Freunde, Bekannte und Familienmitglieder. Weiteres Sicherheitspersonal begann damit Verletzte fortzubringen und die Toten auf einer Brücke am Rand des Hangars abzulegen.
Nathalia zog Isaac die Brücke entlang, um vor neugierigen Zuhörern in Sicherheit zu sein. Ihr Blick fiel dabei auf Kathleen, die noch immer unverändert bei einigen Kisten lag und mit einem unerklärlichen Blick aufsah. Nathalia war durchaus die Überraschung aus dem Gesicht abzulesen, doch Isaac meinte: "Du sagst mir, was hier passiert ist und ich dir, was mir eben widerfahren ist! Also, was sind diese Drohnen?"
Nathalia seufzte und warf noch einen Blick zu den in einiger Entfernung stehenden Leuten. "Jeder der zehn To´kaèsh kann diese Drohnen erschaffen..."
"Moment mal!", unterbrach Isaac sie. "Wir alle können solche Lebensformen erschaffen? Aber wozu brauchen wir dann..."
"Diese Drohnen haben mehr mit einer Maschine zusammen, als mit einem richtigen Lebewesen. Sie sind nichts anderes als Körper, die sich mithilfe der Lebenskraft des To´kaèsh bewegen können. Sie haben aber nichts mit Tieren oder Pflanzen zu tun, gar nichts. Sie können nur das tun, wozu ihr Körper erschaffen wurde. "
"Aber wie können sie aus dem Nichts erschaffen werden?", wunderte sich Isaac.
"Keine Ahnung! Du könntest genauso fragen, warum es uns To´kaèsh überhaupt gibt", antwortete Nathalia. Sie schaute Isaac an und fragte nun: "Und was ist hier überhaupt passiert?"
Jetzt platzte es aus Isaac hinaus. Gerade eben noch hatte er sich verwirrt und geschockt gefühlt, jetzt konnte er sich schon wieder nicht mehr halten. "Ihr wart keine fünf Minuten weg und ich bin schon wieder fast draufgegangen, das ist passiert! Ich bin nicht einmal dazu gekommen das Schiff zu verlassen und ich wurde auch schon von diesen...diesen beschissenen Drohnen beinahe umgebracht!"
Nathalia wich nicht zurück, auch wenn Isaac beinahe schrie, sie wusste, dass es einer seiner unkontrollierten Gefühlsausbrüche war. Mit der unverletzten Hand fuhr er sich über das Gesicht, dann erklärte er Nathalia knapp, was geschehen war. Wie er auf die Krankenstation gekommen war, sich und Kathleen zuerst eingeschlossen hatte und ihr ein Medikament gegeben hatte. Auch, dass er anschließend versucht hatte, sich selbst durch die Monster umzubringen. Im Nachhinein kam es Isaac selbst merkwürdig vor, zuerst hatte er sich erschöpft und niedergeschlagen mit Kathleen auf der Krankenstation verbarrikadiert. Und dann hatte er plötzlich die Tür wieder aufgesprengt und den Monstern einem Weg nach Drinnen bereitet. Isaac konnte sich nicht mehr an den Grund dafür erinnern, doch es kam ihm merkwürdig vor.
Nathalia schaute zuerst zu Kathleen, dann zu Isaac hoch. "Und was jetzt?", fragte sie und Isaac hatte genau diese Frage befürchtet. Was jetzt? Auf der Station hatte es ein Massaker gegeben, zweifellos würde es Befragungen geben und irgendeinen Ermittlungskram. Eigentlich waren die Geheimnisse der To´kaèsh so gut wie niemandem bekannt, doch Isaac wollte das Risiko nicht eingehen. Wenn irgendjemand von diesen Drohnen wusste, würde es nur noch eine Frage der Zeit sein, bis man Nathalia und Isaac als To´kaèsh erkennen würde.
Aber was jetzt? Das wusste Isaac genauso wenig.
Er konnte es noch immer kaum glauben. Er stand auf einer Brücke in einem Raumschiffhangar an Bord einer großen Piratenstation. Gerade war er von...Drohnen angegriffen worden und nur knapp mit dem Leben davon gekommen. Was sollte er jetzt tun? Isaac hatte keine Ahnung mehr, was er von den Menschen und Dingen um sich herum halten sollte. Überhaupt keine.
Er schaute Nathalia in die Augen und konnte darin ebenfalls Verwirrung und Ratlosigkeit erkennen, doch sie wusste wenigstens wer sie war. Isaac selber war sich nicht mehr so sicher. Ihn quälte die Frage, ob er für das Auftauchen dieser Drohnen verantwortlich gewesen war.
An den Hangar schleusen wurden Rufe laut und Isaac blickte sich um. "Können noch welche von diesen Drohnen überlebt haben?", fragte er und versuchte zu erkennen, was dort vor sich ging. Sicherheitshalber nahm er sich das Gewehr vom Rücken und bereitete sich auf einen Angriff vor. Nathalia selbst hatte keine Waffe, dennoch schaute sie abwartend auf die Hangar schleusen.
"Ich glaube nicht, dass es noch Drohnen gibt. Eigentlich müssten sie alle mehr oder weniger tot sein."
"Wieso sind die eigentlich überhaupt verschwunden?", wunderte sich Isaac und wandte sich wieder Nathalia zu.
Sie schaute immer noch zu der Hangar schleuse, wo sich gut drei Dutzend Menschen und teilweise auch Reiiel versammelt hatten. Was genau der Anlass dazu war und vor allem nach diesem Gemetzel, ließ sich aus der Entfernung nicht erkennen. "Die Drohnen können so lange überleben, bis ihre Energie aufgebraucht ist. Wenn sie erschaffen werden überträgt der To´kaèsh einen Teil seiner Lebensenergie auf die Drohnen. Das ist wie bei einer Batterie. Wenn die Lebensenergie aufgebraucht ist, zerfallen die Körper der Drohnen augenblicklich."
Dieses Mal war deutlich zu erkennen, was den Tumult an der Hangar schleuse auslöste. Einige Menschen wurden beiseite geschleudert, dann sprang ein Mann auf die Brücke und rannte in einem beunruhigenden Tempo auf Isaac und Nathalia zu. Er war etwas kleiner als Isaac und wirkte sehr dünn und schwach. Die kurzen schwarzen Haare und das dürre Gesicht mit den gelb und ungesund wirkenden Augen kamen Isaac ziemlich bekannt vor.
"Pareil!", flüsterte Isaac und wusste nicht ob er froh über die Anwesenheit des To´kaèshs sein sollte oder beunruhigt. Pareil blieb gut zehn Meter vor Isaac und Nathalia stehen. Erst jetzt fiel Isaac wieder ein, dass es noch weitere Sucher gab! Er hatte es die ganzen letzten Tage über nicht ein einziges Mal bedacht. Erst als er Pareil vor sich stehen sah, kam ihm in den Sinn, dass die anderen To´kaèsh womöglich ebenfalls auf der Flucht vor Faèns Wahn waren. Doch Pareils Auftreten verunsicherte Isaac.
Der zerbrechlich wirkende Mann schien von einer Blase eingeschlossen zu sein. Auf seinem Gesicht prangte ein breites und spöttisches Grinsen. "Interessant, dass ich gleich zwei von uns hier finde. Aber es wundert mich nicht, dass ihr beide es seid! Wer hat denn hier wieder ein paar Drohnen erschaffen?", fragte er mit seiner fast schon jugendlichen Stimme. Seine Art zu sprechen trieb Isaac jedes Mal in den Wahnsinn, wie er sich nun wieder erinnerte. Mit Pareils Erscheinen waren wieder einige Erinnerungen zurück in Isaacs Kopf gegangen. Er wusste, dass er Pareil noch nie leiden konnte, vielleicht lag es an seinem kindhaften Auftreten, vielleicht war es auch einfach die offene Abneigung gegenüber Isaac und Nathalia.
Einen Moment lang war in Isaac der Gedanke aufgestiegen, dass die Drohnen von Pareil stammen mussten, doch nach dessen Frage schien das wohl nicht der Fall zu sein. Dennoch, irgendetwas warnte Isaac Pareil zu trauen. Er warf einen Blick zur Seite und sah Nathalia an, dass es ihr ebenso ging. "Was willst du hier?", fragte Isaac barsch. "Musstest du etwas auch vor Faèn flüchten?"
Das Grinsen auf Pareils Gesicht wurde noch breiter, falls das überhaupt noch möglich war. "Ganz im Gegenteil", meinte er gelassen und die Blase um seinen Körper zeichnete sich nun noch deutlicher von seinem Körper ab und gewann ein leichtes Blau. "Ich bin hier, weil Faèn mich geschickt hat! Er hatte auf Nura-III einige Probleme dabei dich zu töten und wollte stattdessen, dass ich behilflich bin. Wenn ich deine Kräfte aufgenommen habe, kann er sie sich problemlos nehmen. Und wenn ich dich", er zeigte auf Nathalia, "gleich mitnehme, umso besser."
"Du willst diesem Wahnsinnigen helfen?", rief Isaac, der verstand, worauf Pareil hinaus wollte.
"Wahnsinnig?" Dieses Mal wich das falsche Grinsen auf seinem Gesicht einem verärgerten Ausdruck. "Du willst lediglich überleben! Dir geht es nur darum zu leben, nicht aber darum deiner Aufgabe nachzugehen! Was glaubst du, warum die überhaupt einer der Zehn bist? Glaubst du, es war Zufall, dass Wesen wie wir erschaffen werden konnten? Ich bin bereit zu sterben, wenn es für das ist, was die zehn To´kaèsh seit Ewigkeiten verfolgen!" Und ohne Vorwarnung griff Pareil an.
In seiner Wut auf den To´kaèsh feuerte Isaac mit seiner Waffe auf ihn, doch ihm war klar, dass dies nichts brachte. Die Projektile blieben gut einen halben Meter vor Pareil in der Luft stehen und mit einem blauen Blitz schleuderte Pareil die Geschosse in alle Richtungen. Isaac hatte einen Moment lang nicht bedacht, dass Pareil eine Art kinetische Energie um sich herum aufbauen konnte, die leicht schimmernde Sphäre um ihn herum. Die Projektile von Isaacs Waffe wurden mit der gleichen Geschwindigkeit in alle Richtungen geschleudert, mit der sie auf Pareil zugesteuert hatten.
Überrascht warf sich Isaac zu Boden, nur wenige Zentimeter über seinem Kopf zischten drei Kugeln hinweg. Ein stechender Schmerz fuhr durch Isaacs Bein, als er versuchte sich wieder aufzurichten, knickte sein Bein einfach zur Seite.
"Mich wundert es, dass Faèn dich nicht töten konnte!", sagte Pareil gehässig und schaute mit einem seltsamen Lächeln auf Isaac hinab. Plötzlich sprang ein Schatten auf Pareil zu. Einen kurzen Moment lang dachte Isaac voller Schrecken, dass es eine dieser Drohnen war, von denen Nathalia ihm erzählt hatte, dann erkannte er, dass es Nathalia selbst war.
Nathalia konnte Pareil nicht direkt treffen, sie schien nur gegen die leicht bläuliche Sphäre zu schlagen, doch die Wucht schlug Pareil zurück und sein herablassendes Lächeln verschwand. Jetzt erkannte Isaac auch, warum Nathalia auf eine Rüstung verzichtet hatte. Ihr gesamter Körper hatte sich verändert, nicht nur ein kleines bisschen, sodass es kaum wahrzunehmen war. Ihre Augen hatten keine Pupillen mehr und waren komplett rot, die Haare flogen wie eine Mähne hinter ihr. Der Kiefer hatte sich auseinandergedehnt, lange und unregelmäßig angeordnete, spitze Zähne ragten heraus. An Nathalias Hals ließen sich die roten Adern so deutlich erkennen, als ob sie schon nicht mehr im Körper drin wären.
An einigen Stellen zerriss ihre Kleidung, da sie deutlich gewachsen zu sein schien. Die Hände und Füße waren langen und gebogenen Klauen gewichen. Auch hatte sich Nathalias Haltung stark verändert, sie stand leicht gebückt da und hatte so gut wie nichts mehr mit einem Menschen gemeinsam.
Pareil schien sie für einen Moment lang tatsächlich vergessen zu haben, doch jetzt konzentrierte er sich ganz auf Nathalia. Etwas schien sie in Pareils Richtung zu ziehen und mit einem Fauchen gab sie der kinetischen Energie nach und ließ sich mit ausgestreckten Krallen zu Pareil hintreiben. Pareil blieb vollkommen ruhig und Isaac konnte genau erkennen, dass Nathalia tatsächlich in die Sphäre um Pareil eindringen konnte. Sie holte aus- dann schien sich die Sphäre von Innen auszubeulen und ein Kraftstrahl traf Nathalia und warf sie gut zehn Meter weit über die Brücke.
Trotz seiner Schmerzen versuchte Isaac aufzustehen, doch eine verzerrte Stimme rief: "Nein, bleib unten Isaac!" Es war kaum zu glauben, dass es Nathalia war die sprach, ihre Stimme war tief und hatte fast schon etwas Raubtierartiges. Inzwischen stand sie schon wieder und schaute zu Pareil. Dieser schien Isaac vollkommen vergessen zu haben, doch Isaac hatte keine Ahnung, was er tun sollte. Auch wenn er Nathalia nicht alleine gegen den wahnsinnigen Sucher kämpfen lassen wollte, der Drang einfach zu verschwinden war stärker. Isaac begab sich in die Nähe des Brückengeländers. Wenn Pareil seine Kräfte haben wollte, konnte er Isaac nicht einfach über die Brücke schleudern und wirklich viel mehr konnte er mit der kinetischen Kraft nicht anfangen.
Inzwischen war Nathalia wieder ein paar Schritte auf Pareil zugegangen, der sich noch immer kaum einen Meter bewegt hatte. Sein Blick war berechnend, sein Mund war wieder zu einem falschen Lächeln verzerrt. Doch Nathalia versuchte es dieses Mal gar nicht Pareil direkt anzugreifen, ihr Hals schien dicker zu werden, so als ob sich etwas von ihrem Brustkorb durch den Hals schieben würde. Dann warf sich Nathalia nach vorne und ein Schwall einer gelblichen Flüssigkeit flog in Pareils Richtung. Überall dort, wo die Flüssigkeit auf das Metall der Brücke auftraf, zischte es und Isaac ahnte, dass es sich um eine Art Säure handelte.
Pareil wollte zuerst zurückspringen, besann sich dann allerdings eines Besseren und versuchte die Säuretropfen aus der Luft aufzufangen. Dabei löste er seine Sphäre kurzzeitig auf und einige Säuretropfen trafen in an den Armen und Beinen. Doch die Teile der Flüssigkeit, die direkt auf seinen Körper zusteuerten, änderten mitten im Flug die Richtung und bildeten kurz vor Pareils Kopf eine gelbliche Kugel.
Mit einem blauen Kraftblitz flog die perfekt gebildete Säurekugel auf Nathalia zu, die sofort erkannte hatte, dass Pareil seine Schutzsphäre kurzzeitig auflösen musste. Mit nur wenigen Schritten hatte sie die Hälfte der Distanz zwischen ihr und dem anderen To´kaèsh überwunden. Sie versuchte gar nicht erst der Säurekugel auszuweichen, die mit einer blitzartigen Bewegung in ihren Körper hinein fuhr. Die Flüssigkeit schadete Nathalia nicht im Geringsten, da sie aus ihrer eigenen Körperenergie heraus gebildet worden war.
Doch auch dieses Mal erreichten Nathalias ausgestreckte Klauen nicht Faèns ungeschützten Bauch, er hatte es noch im letzten Moment geschafft die Sphäre wieder aufzurichten. Wieder wurde Nathalia von einem Kraftstrahl weggeschleudert, doch dieses Mal war es ihr noch gelungen Pareil zu treffen, in dem sie einen langen Knochensäbel aus ihrem Arm heraus gebildet hatte.
Pareil sank stöhnend zusammen, Nathalia hatte ihn in den Bauch getroffen. Dennoch schien die Wunde nicht allzu tief zu sein, er richtete sich bereits wieder auf. Er ließ Nathalia keine Zeit sich aufzurichten. Eine leicht blau leuchtende Kugel ähnlich der, die sich um Pareil gelegt hatte, schloss Nathalia ein. Die Energie verhinderte, dass sie sich bewegte. Nathalia konnte sich nicht mehr im Geringsten bewegen, nicht einmal mehr ihre Gesichtszüge oder ihre Augen, sie sah aus wie eine Statue.
Schwer atmend wandte sich Pareil wieder Isaac zu, der noch immer mit zusammengebissenen Zähnen und einem dumpfen Pochen in seinem Bein am Rand der Brücke lehnte. Der Kampf zwischen Nathalia und Pareil hatte keine Minute gedauert und Isaac hatte noch nicht einmal einen Plan, der ihm helfen könnte.
Es war Isaac ein Rätsel, warum niemand von den anderen Leuten im Hangar eingriff. Zwar war niemand in ihrer unmittelbaren Nähe, doch mehr als dreißig Augenpaare schauten zu, wie Pareil langsam auf Isaac zuschritt. Er brauchte nur einmal kurz einen Handwink zu machen und unsichtbare Kraftadern zogen Isaac an den Armen nach oben. Pareil stand direkt vor Isaac und schaute ihn mit einer Mischung aus Triumph und Abscheu an. "Ich kann noch immer kaum glauben, dass Faèn dich nicht besiegen konnte. Du liegst herum wegen ein paar kleinen Kratzern und wartest darauf, dass dich jemand umbringt." Isaac entgegnete nichts sondern starrte Pareil mit abgrundtiefem Hass an. Er hasste sich selbst, Faèn, Pareil, einfach alle. Sie waren dafür verantwortlich, dass er nicht einmal mehr wusste, was er denken sollte. Sie hatten ihn in diese Situation gebracht und Isaac verspürte keinerlei Angst.
Da Isaac nichts erwiderte, seufzte Pareil nur und zog aus der Tasche seiner Hose ein Klappmesser. Weiter hinten auf der Brücke tobte eine mutierte Gestalt in ihrem kinetischen Gefängnis und versuchte sich durch die Bildung neuer Auswüchse wie Klauen, Sicheln und Stacheln zu befreien, doch noch immer konnte sie sich überhaupt nicht selbst bewegen.
Isaac spürte die recht kalte Klinge an seinem Hals und sah noch, wie Pareil die Muskeln anspannte, um sein Leben mit einem Ruck zu beenden.
Eine blutverschmierte Faust traf Pareil seitlich im Gesicht und riss ihn zur Seite. Stöhnend sprang er noch einen Schritt weiter und drehte sich blitzartig um, das Messer erhoben und zur Abwehr bereit. Seine zuerst noch entsetzte Miene wandte sich in ein leicht verwirrtes, in erster Linie aber spöttisches Lächeln um.
Vor ihm stand leicht wankend und keuchend Kathleen. Sie war leicht gebückt und aus ihren frischen Wunden lief noch immer Blut. Isaac konnte noch gar nicht genau erkennen, was sich vor ihm abspielte, da Pareils kinetischer Strom ihn losgelassen hatte und Isaac unsanft zu Boden gestürzt war. Als er Kathleen sah, die sich vor ihm aufgestellt hatte, krächzte er: "Verschwinde, Kathleen! Er ist ei..."
"Was ist denn mit dir passiert?", fragte Pareil gehässig mit einem grässlichen Lachen. "Du kannst ja nicht einmal aufrecht stehen bleiben...und außerdem versuchst du Isaac zu beschützen...interessant!" Er schickte beiläufig einen weiteren Kraftstrahl auf Nathalia zu, die sich durch Pareils Ablenkung schon wieder bewegen konnte. Augenblicklich legte sich die Energie wieder um ihren Körper und wieder blieb ihr nichts anderes übrig, als stur geradeaus zu schauen. Doch Pareils Blick galt nur Kathleen. "Du siehst schlimmer aus als meine Morgentoilette. Schau dich doch mal an, was ist denn mit deiner Haut passiert? Ich will gar nicht wissen, was für Eltern eine solche Missgeburt nicht umbringen lassen!"
"Kathleen, lauf weg!", versuchte Isaac es noch einmal und zog sich an einer Strebe des Geländers nach oben.
"Isaac, halt mal kurz die Fresse!", schnauzte Pareil ihn an und ein Kraftstrahl traf Isaac und riss ihn zu Boden. "Es passiert nicht oft, dass ich eine solche Gestalt wie deine kleine Freundin hier sehe." Isaac konnte Kathleens Gesicht nicht genau sehen, doch sie beugte sich leicht nach unten. Entweder hatte sie kaum noch Kraft oder sie bereitete sich darauf vor Pareil anzugreifen. Doch auch wenn sie um Einiges größer war, sie hätte keine Chance gegen einen To´kaèsh zu kämpfen.
Doch Pareil redete noch weiter. Er wollte, dass Kathleen ihn zuerst angriff. "Woher kennst du ihn eigentlich?", fragte Pareil sie und zeigte dabei auf Isaac. "So wie du aussiehst kommst du wahrscheinlich von der Straße. Auf irgendwelchen Planeten gibt es doch immer noch Müllfresser, vielleicht siehst du deswegen so hässlich aus." Er sprach wie im Plauderton und seine Beleidigungen waren nichts anderes als Provokation. "Dein Vater war vielleicht ein Säufer, solches Gesocks gibt es ja auch überall. Schau dir ihn an, dann weißt du was ich meine!" Wieder zeigte er auf Isaac. "Wenn ich auf andere aus deiner kleinen Krüppelfamilie treffe, richte ich ihnen einen schönen Gruß von dir aus, ehe ich sie umbringe. Außer vielleicht deine Mutter, die wahrscheinlich genauso krass aussieht wie du. Kannst du dir schon denken, was ich mit ihr anstellen werde?" Er zwinkerte Kathleen zu.
Pareil war geistig ziemlich durcheinander, das war Isaac sofort klar gewesen. Sein Blick und seine Mimik passten überhaupt nicht zusammen, auch entgleisten ihm immer wieder die Gesichtszüge und die Art zu reden wechselte immer wieder zu der eines pubertierenden Jungen. Doch er wäre nicht der erste To´kaèsh, der durchdrehte.
Doch als Pareil beiläufig auf Kathleens Mutter zu sprechen kam- auch wenn er sie nicht kannte und es nichts weiter als Geschwätz war- wich sie einen Schritt zurück und ballte die Fäuste. Kathleens Gesicht war vor Wut verzerrt und in ihren Augen glitzerten Tränen.
"Was ist denn jetzt los?", fragte Pareil. "Hast du ein Problem mit deiner Mutter oder was?" Isaac versuchte sich verzweifelt zu bewegen, doch seine Arme und Beine wurden durch die Energie so weit festgehalten, dass es sich so anfühlte, als würde er unter Sand begraben sein. Kathleen sah aus, als ob sie jeden Moment zusammenbrechen würde, sie zitterte bereits und atmete schwer.
"Du siehst nicht nur ziemlich krass aus, sondern vielleicht auch ein bisschen wütend?", meinte Pareil mit seiner widerlichen Stimme. "Wenn du mich angreifen willst, nur zu! Ich bin nur mit einem Messer bewaffnet." Unschuldig hob er die relativ kleine und schwache Waffe. "Du bist zwar mehr ein Witz auf Beinen aber ich glaube nicht, dass es dir oder Isaac sonderlich helfen wird nur hier herum zu stehen. Vielleicht legst du ja Wert auf einen ehrenvollen Tod, falls dem so ist solltest du auch versuchen etwas zu tun und nicht nur darauf zu warten getötet zu werden. Vielleicht legst du aber auch Wert auf die Ehre deiner Familie. Naja...deine Familie..."
Schon die ganze Zeit über hatte Isaac versucht zu sprechen, Kathleen irgendwie davon abzubringen. Doch die Schmerzen, seine ungünstige Position und noch dazu die unsichtbaren Kräfte, die seinen Körper festhielten machten es so gut wie unmöglich auch nur einen Ton herauszubringen. Doch einen Moment lang riss Kathleen den Mund zu einem wütenden Schrei auf, sodass Isaac die deutlich längeren und spitzeren Zähne sehen konnte.
Sie hatte noch nicht einmal einen einzigen schnellen aber auch sehr wackligen Schritt getan, als eine leicht erkennbare Kuppel an Pareils Handfläche erschien und sich dann auf seinen Befehl hin schlagartig ausdehnte. Als Isaac von der Energie erfasst wurde, riss sie ihn in die Streben der Brücke. Zwar lag sein Körper noch sicher auf der Brücke, doch sein Kopf hing hinab und er blickte auf die schimmernden Energiefelder, die die einzige Grenze zum Weltall bildeten. Wer hier hinunter fiel, wäre auf jeden Fall tot.
Noch hatte Isaac gar nicht richtig begriffen, was passiert war. Doch als er den Kopf wieder hochziehen konnte und sich mit Schmerzen aufrichtete, fiel ihm auf, dass die unsichtbaren Fesseln weg waren und er sich wieder bewegen konnte. Als sein Blick auf Pareil fiel, stockte ihm der Atem.
Seine selbstsichere und überhebliche Miene hatte sich zu Entsetzen gewandelt. Er war einige Schritte zurückgewichen und aus seinen Handflächen gingen wie Windströme dünne, blaue Lichtstrahlen ab. Doch diese Energiestrahlen trafen Kathleen nicht sondern liefen an ihrem Körper auseinander. Sie selbst schien es gar nicht zu bemerken sondern sprang mit schnellen Schritten auf Pareil zu.
Dieser war zu schockiert darüber, dass die kinetische Kraft keinen Einfluss auf Kathleen hatte um sich zu besinnen und einfach mit dem Messer anzugreifen oder zu fliehen. Im nächsten Moment drehte Kathleen den To´kaèsh am linken Arm zur Seite. Sie beugte sich zu dem vergleichsweise sehr kleinen Mann runter und vergrub ihre Zähne in Pareils Hals. Mit einem überraschten Schrei versuchte Pareil Kathleen irgendwie von sich zu drücken. Seine Augen waren geweitet und von seinem Hals aus lief das Blut in Strömen aus dem Körper.
Noch immer wallten sich blaue Energieströme um Kathleen, doch aus irgendeinem Grund hatte die kinetische Kraft keinen Einfluss auf die Frau.
Mit einem Tritt schaffte Pareil es Kathleen schließlich von sich wegzustoßen. Doch trotz ihres Zustands schien Kathleen nur noch Wut zu treiben. Ohne Mühe wich sie einem kraftlosen Schlag von Pareil aus und schlug dem To´kaèsh in den Magen. Er wich zurück und schleuderte das Messer blind nach ihr, ehe er stöhnend und die Hände an den Hals gepresst niedersank. Zu seiner eigenen Überraschung sah er, dass er getroffen hatte.
Die Klinge hatte Kathleen die rechte Gesichtshälfte vom Ohr bis zum Mund aufgeschnitten, Blutschlieren und ihr dumpfes Stöhnen gefolgt von dem Klirren des hinabfallenden Messers begleiteten die Wunde. Dann sank Kathleen schwer atmend auf die Knie.
Erst jetzt bemerkte Isaac seine Unfähigkeit. Er hätte Pareil mehrfach angreifen können, auch bevor er Isaac mit der Energie eingeschlossen hatte. Der Kampf hatte gerade einmal ein oder zwei Minuten gedauert, doch Isaac hatte das Gefühl es waren Stunden vergangen. Die Menschen am Ende der Brücke starrten vollkommen hilflos und verwirrt auf den für sie unverständlichen Kampf. Sie hatten gar nicht eingreifen können, weil sie noch nicht einmal verstehen konnten, wer da gegen wen kämpfte.
Doch er selbst, Isaac, hätte ohne Probleme eingreifen können, hätte Pareil ohne Probleme ausschalten können. Aber was hatte er getan? Nichts!
Jetzt aber sprang er auf und packte die noch neben ihm liegende Waffe und ging auf Pareil zu, der benommen und ausblutend auf dem kalten Metall lag. Doch Nathalia war schneller.
Die kinetischen Fesseln waren von ihr abgefallen, als Pareil die Kontrolle über seine Energie verloren hatte. Mit einem gewaltigen Satz war sie heran und rammte Pareil ihre langen Sicheln an den Armen durch den Körper. Ein erstickter Aufschrei ertönte, dann hob Nathalia den sterbenden Körper des To´kaèsh ohne sichtbare Probleme an.
"Bist du verrückt?", rief Isaac entsetzt. "Wenn er jetzt stirbt, dann gehen seine Energien in unsere Körper!"
"Nimm Kathleen und lauf weg!", ertönte Nathalias durch ihren veränderten Körper verzerrte Stimme, dann nahm sie Pareil, der aufgespießt auf den Sicheln hing und hetzte einige Schritte die Brücke entlang und hielt dabei in Richtung der schockierten Menschen, die bisher nur beobachtet hatten. Isaac wandte sich ohne Widerworte um, da er begriffen hatte, dass Nathalia den sterbenden To´kaèsh aus ihrer Reichweite bringen wollte. "Kathleen, warte!" Fluchend sprang er ihr hinterher. Sie hatte sich aufgerappelt und taumelte ziel- und orientierungslos die Brücke in die andere Richtung entlang.
Doch weder er, noch Nathalia bemerkten, dass sich an Pareils Hand bläuliche Kraftströme bewegten, die eine Art Kugel formten. Diese Kugel drehte sich um sich selbst und brachte die Luft in Aufruhr. Dann flog das Projektil auf die Brücke und zerbarst. Keine zwei Sekunden später schleuderte Nathalia, deren Körper bereits wieder seine normale Gestalt annahm, mit einer gewaltigen Kraftanstrengung den sterbenden Pareil mitten in die Menge der Menschen, von denen einige panisch zurückwichen, andere wegrannten und einige lauthals Fragen schrien. Als Pareil in die Menschenmenge fiel und zwei überraschte Männer umriss, rannte Nathalia bereits zurück. Noch bevor Pareil in einem Gewirr auf Gliedmaßen auf dem Boden aufschlug war er Tod und ein Mann, der direkt daneben stand kippte plötzlich mit leeren Augen zur Seite. Der To´kaèsh aus Pareils Körper hatte sich einen Neuen gesucht.
Von all dem bekam Isaac nichts mehr mit.
Die leuchtende Kugel platzte wie eine überreife Frucht und die Energie zerriss einen Teil der Brücke und schleuderte Isaac, unzählige Metallsplitter, Kisten und andere Dinge, die er gar nicht erkennen konnte in einem Wirbelsturm umher. Dabei rissen einige Splitter seinen Arm auf und zertrümmerten Teile der Rüstung, eine Kiste quetschte Isaacs Bein zusammen. In dem Moment als Pareil starb endete der Sturm abrupt und Isaac wurde zusammen mit den anderen Gegenständen einfach aus dem Zentrum weggeschleudert. Alles ging so schnell, dass Isaac nicht einmal genau erkennen konnte, was um ihn herum passierte. Zwar hatte er Glück und wurde zurück auf die Brücke geworfen, doch dabei durchschlug er mehrere Kisten und auch eine deaktivierte Sicherheitsschranke als ob sie nur aus Papier bestehen würden und blieb schließlich unter Schmerzen und Orientierungslosigkeit liegen. Wo genau wusste er nicht, sein Verstand driftete bereits ins Leere und er verlor das Bewusstsein.


"Sei ruhig!", schnauzte er Nathalia an. Er wusste genau, dass sie neben seinem Bett stand. Seit gut zwei Stunden lag er wach, zwei Stunden lang in denen er noch nicht einmal die Augen geöffnet hatte. Wozu auch, ihm war sowieso klar, wo er sich befand. Auf einem Bett in einer Krankenstation. Diese befand sich zufällig auf irgendeinem Raumschiff und das Schiff war in irgendeinem abgelegenen Planetensystem.
Isaac hatte Nathalia hereinkommen hören, doch er hielt die Augen geschlossen und versuchte einen Gedanken zu fassen. Seit zwei Stunden. Zwar hatte er keine Ahnung wie lange er schon hier lag, doch während seiner Bewusstlosigkeit hatte er den gleichen Traum gehabt wie sonst auch. Alles war wie beim letzten Mal als er irgendwo aufgewacht war und nicht mehr wusste, was überhaupt los war. Es war Isaac sofort klar, dass er nichtfragen sollte was passiert war, nachdem Pareil gestorben war. Er würde es bereuen. Stattdessen lag er lieber ewig lang und ohne ein Zeitgefühl auf einem Bett, ohne sich auch nur einmal umgeschaut zu haben.
"Ich...wusste nicht dass du wach bist", kam Nathalias überraschte Stimme.
"Jetzt weißt du es!", meinte er barsch. "Ich wurde nur von einem schwachen Energiestrahl getroffen, das ist kein Grund mich für tot zu erklären und sich dann zu wundern, dass ich noch lebe!"
"Nur von einem Energiestrahl getroffen?", fragte Nathalia ungläubig. "Ich glaube nicht, dass du mitbekommen hast, was nach Pareils Tod los war! Wir kamen nicht einmal mehr bis zum Bergungsschiff, ich musste..."
"Ich will es nicht hören!" Isaac richtete sich auf und öffnete nun doch die Augen. Er lag tatsächlich auf einer Krankenstation. Auf einem Bett. Trug ein dünnes Gewand und lag unter einer ebenso dünnen Decke. Natürlich, was auch sonst? "Es ist mir sch****, was mit dir, mir Kathleen, Nick, Jessica, Pareil oder mit irgendjemandem sonst passiert ist! Mir reicht´s, ich habe die Schnauze voll! Sei einfach still und geh weg!" Ohne es zu wollen wurde Isaac immer lauter aber im Moment war es ihm egal, ihm war wirklich alles egal.
Ihm fiel allerdings auf, dass die Krankenstation auf der er sich befand deutlich von dem kleinen und düsteren Raum auf der Flame Sword unterschied. Das Licht wirkte keinesfalls künstlich, auch wenn es von einer großen Deckenlampe kam, es wirkte freundlich und war gleichzeitig nicht blendend. Auch die Wände waren anders, anstelle von trostlosen Grautönen waren die Wände hier weiß und es ließ sich auch nicht genau sagen ob sie aus Metall waren oder aus einem einzigen Stück Plastik. Vermutlich war es Metall, doch es sah längst nicht so aus wie welches.
Als Isaac sich schließlich Nathalia zuwandte erschrak er. Zum ersten Mal stelle er sich die Frage, wie viel Zeit seit Pareils Tod vergangen war.
Nathalia saß an seinem Bettrand und schaute ihn traurig an. Ihre Haare waren kürzer als Isaac sie in Erinnerung hatte, auch waren sie nun schwarz und Nathalia hatte sie nachlässig zusammengebunden, einige Strähnen fielen ihr ins Gesicht. Auch das sah anders aus, sie wirkte deutlich schmaler und auch ein wenig blass, fast schon krank. Auf ihrer Stirn lag ein recht frisch wirkender Verband und Nathalia sah müde und erschöpft aus.
Aber irgendwie hatte Isaac ein merkwürdiges Gefühl, als er in ihr vertrautes Gesicht blickte. Ihm kam der merkwürdige Gedanke, dass sie ihm wie eine Fremde vorgekommen war. Seit er auf Nura-III von Faèn beinahe getötet worden war, seit seine Erinnerungen einfach verschwunden waren und er mit nichts aufgewacht war. Jetzt allerdings regte sich etwas in Isaac.
Er beugte sich vor und nahm Nathalia in die Arme. Sie wirkte überrascht, wich aber nicht zurück. "Ich weiß wirklich nicht mehr was mit mir passiert! Es tut mir leid... es tut mir leid dass das alles passiert ist!"
Nathalia fragte verwundert: "Was meinst du damit?"
"John und Kathleen sind von den Acronta erwischt worden, weil sie auf mich warten mussten. John hatte vorgehabt mich zu einem Soldaten von SHIELD zu machen und deswegen hatten sie auf mich warten müssen. Und das vorhin auf der Brücke war auch meine Schuld! Ich meine, ich hatte ja auch nichts Besseres zu tun als einfach zuzuschauen!" Mit einem Lächeln stand Isaac auf. Aus irgendeinem Grund fühlte er sich so gut wie noch nie, zwar hasste er schon jetzt seine Situation aber irgendetwas hatte sich im Vergleich zu vorher verändert. "Was ist eigentlich mit dir?"
"Glaub mir Isaac, ich sah schon schlimmer aus!", lächelte sie nun doch und erhob sich. "Wir haben übrigens so Manches über dich herausgefunden. Es wird dich auf jeden Fall interessieren."
"Echt?", drehte sich Isaac kurz um, ehe er sich dem Schrank an der Wand widmete, in dem ein ganzer Haufen an frischer Kleidung lag. "Und was hast du herausgefunden?"
"Dass du nach Nura-III eine Art Persönlichkeitssplitter in deinem Gedächtnis hattest und dich daraufhin ziemlich verändert hast."
"Und wie soll ich mir das vorstellen?", fragte Isaac. "Dass mir ein Eisensplitter im Kopf steckt?" Die Tatsache, dass Nathalia das überhaupt ansprach gefiel Isaac überhaupt nicht. Wie sollte er sich denn verändert haben? Alles was sich immer wieder änderte war sein Umfeld und die Art wie er als nächstes in eine lebensbedrohliche Situation geriet.
"Stell dir es ruhig so vor, ein besseres Bild kann ich dir nicht davon geben. Was auch immer sich in deinem Verstand festgesetzt hat ist jetzt weg."
Jetzt wandte sich Isaac um. "Was meinst du mit weg? Dass ich jetzt wieder normal bin oder wie? Ich war doch schon immer so wie jetzt auch."
"Nein, genau das nicht, Isaac. Ist dir aufgefallen, dass du ganz gelassen bist und nicht einmal irgendeine Art von Gefühlsausbruch hast, obwohl du irgendwo aufgewacht bist ohne eine Ahnung wo überhaupt? Nick hat mir erzählt, dass du bei deinem ersten Erwachen auf der Flame Sword aggressiv wurdest und geschrien hast."
Isaac konnte noch nicht genau erkennen, was das für ein Unterschied sein sollte. Auf der Flame Sword war alles anders gewesen, Isaac hatte...genau das war es nicht, es war genauso. Isaac hatte keine Ahnung wo er war, wie er hierhergekommen war, was er jetzt tun sollte und vor allem warum. Und Nathalia hatte Recht, er reagierte erstaunlich gelassen.
"Aber was soll das überhaupt für ein Splitter gewesen sein, der sich in meinen Verstand gebohrt hat?"
Nathalia schaute ihn mit einem Lächeln an und sagte: "Wenn du es unbedingt wissen möchtest, es war ein Splitter von Faèns To´kaèsh." Als Isaac den Mund aufmachte, hob sie nur die Hand und er hielt sich zurück. "Lass mich erst einmal erklären. Faèns To´kaèsh hat sich gespalten, als er versucht hat dich umzubringen. Wieso genau wissen wir auch nicht, auf jeden Fall hat Faèn kurzzeitig die Kontrolle über seine Fähigkeiten verloren und damit auch die Explosion verursacht, die schließlich die gesamte Railstation in Brand gesteckt hatte, woraufhin er flüchten musste. Bei dieser Entladung seiner Energie hat sich der To´kaèsh in Faèn in hunderte Splitter geteilt. Diese waren nur einen kurzen Moment lang da, ehe sie sich wieder zusammenfügten. Doch hast du mindestens einen davon abbekommen. Deswegen hast du dich nicht mehr erinnern können, deswegen hast du dich auch so merkwürdig verhalten!"
"Ich habe mich nicht seltsam verhalten!", protestierte Isaac, auch wenn das glatt gelogen war. Seine Stimmungs- und Regungsschwankungen waren ihm selber immer ziemlich krass vorgekommen aber wenn es stimmte was Nathalia sagte, wunderte sich Isaac trotzdem über etwas daran.
Nathalia schaute auf eine Uhr an ihrem Handgelenk. "Das ist es ja genau Isaac, du wunderst dich gar nicht über das, was ich sage sondern nimmst es einfach hin, ohne groß darüber nachzudenken. Aber reicht dir das als Erklärung oder möchtest du noch etwas wissen?"
"Ja, allerdings!", meinte Isaac und ahnte nichts Gutes bei der Antwort auf seine Frage. "Wie lange war ich bewusstlos?"
Last edited by Majonese on Sun, 30. Jan 11, 19:06, edited 1 time in total.

Trascher
Posts: 310
Joined: Fri, 27. Apr 07, 08:05
x4

Post by Trascher » Sun, 30. Jan 11, 15:30

So, nu bin ich endlich mal dazu gekommen mir deine ganzen 2 neuen Teile durch zu lesen.

Erstmal das Negative vorweg:
Doch auch dieses Mal erreichten Nathalias ausgestreckte Klauen nicht Faèns ungeschützten Bauch, er hatte es noch im letzten Moment geschafft die Sphäre wieder aufzurichten. Wieder wurde Nathalia von einem Kraftstrahl weggeschleudert, doch dieses Mal war es ihr noch gelungen Pareil zu treffen, in dem sie einen langen Knochensäbel aus ihrem Arm heraus gebildet hatte.
Das Dicke soll glaub ich Rareil heißen :) davo9n mal abgesehen ist der Satz irgendwie unlogisch

Ansonsten .... Zu Wenig!!!!!!

Das Neutrale:
Mir ist aufgefallen, das du in Namen gern ` und ´ benutzt, warum dieses? Nur Betonungstechnisch oder wie? Weiß nicht ob sich das bei einem rein geschriebenen Text anbietet.
Desweiteren ist mir mal so aufgefallen, dass sich deine neuen Teile jetzt relativ anspruchsvoll lesen, was auf den Satzbau zurück zu führen ist. Sollte man vielleich auch ein wenig überdenken, nicht jeder kommt damit klar und findet daran gefallen. Mir gefällts trotzdem :)

Das Positive:
Ordentlich viel wurde ja geschrieben, zudem waren genügend Infos dabei, aber nicht zu viele, Spannungsauf- und Abbau waren sehr gut gehalten, weiter so.
Ansonsten erreicht deine Story langsam den Status "Link anklicken und kucken ob neuer Teil da ist", so wie leichtes Suchtpotenzial.
Due weißt also was du z tun hast oder?

Achso,
wo bleibt der nächste Teil???

PS.: Das Problemchen mit dem PC kenn ich, ist mir aber immer bei Vorträgen ... die schon fast fertig waren, passiert...... ist viel schlimmer bei 10-12h Arbeit :)
Frei aus Überzeugung ~ Gebunden aus Einsicht

Unser Leben für Ihre Sicherheit ~ Feuerwehr

*modified* - Gezwungen durch das Spiel

Child of Bodom
Posts: 928
Joined: Wed, 30. Nov 05, 19:47
x3

Post by Child of Bodom » Mon, 31. Jan 11, 18:06

So, jetzt schreib ich schon zum 3ten Mal den verdammten Kommentar... Verdammter Firefox, der hasst mich in letzter Zeit irgendwie sehr... -.-´

So und nun zum neuen Teil... Ich finde es äußerst genial gemacht, wie du es gerade geschafft hast, einfach wieder bei Null anzufangen... ^^ Wenn ich das könnte, würden viele meiner Projektleichen heute noch laufen... ^^ Respekt also erstmal dafür...

Der Kampf mit dem anderen Sucher war so lala... Ich will deinen Stil auf dem Sektor eigendlich nicht unbedingt so sehr kritisieren, aber wenn du Geschwindigkeit in nem Kampf rüber bringen willst versuch die Sätze so zu bauen, dass sie dazu animieren das ganze schneller zu lesen... Zu betonen, dass der Kampf nur eine Minute gedauert hat bringt dem Leser, der sich das ganze langsam gelesen hat nicht allzu viel, weil er sich dann nur denkt "Verdammt, das hab ich mir grade völlig falsch vorgestellt"... Möglicher Weiße irre ich mich auch, wäre sicherlich nicht das erste mal, dass ich schlechte Ratschläge verteile... ^^
Was mich allerdings viel mehr gestört hat war, dass du Isaac wieder mitten in der Actionsequenz bewusstlos gemacht hast... Wie oft denn noch? Das ist eine schlechte Art mit der Sache umzugehen... Vor allem nachdem du ja andeutest, dass noch einiges danach passiert ist... Allerdings possitiv wiederum muss ich vermerken, dass du das Geschehen nicht wieder im Dialog nachgeliefert hast und mach das BITTE auch nicht... Ansonsten, hast du vlt. schon mal über Sichtwechsel nachgedacht für solche Szenen?

Ansonsten sieht man 2 Dinge ganz deutlich... Einmal, dass ich recht hatte und Isaac´s ach so tolle besondere Fähigkeit ihm im Kampf tatsächlich nen feuchten Kehricht bringt und zweimal, dass du dir tatsächlich sehr große Mühe dabei gegeben hast die 10 Sucher unterschiedlich zu machen... Das ist dir tatsächlich gut gelungen, das muss ich dir auf jeden Fall lassen, besser als mir, würd ich sogar sagen... ^^

Ansonsten richtet sich mein Interesse vor allem auf Isaacs neue Persönlichkeit, sowie Kathleen... Die kommt mir echt verdammt wie ein Vampir-Wesen oder sowas vor, sowohl von ihrem Verhalten (Zähne in den Hals rammen ^^), als im nachhinein auch von ihrer Optik her (Spitze Zähne, rote Haut mit seltsamen Zeichnungen, übergröße ^^)... Und vor allem interessiert mich die Frage wie viel Zeit vergangen ist... Geht die Story nochmal komplett neu los, oder geht sie da weiter wo sie aufgehört hat? ^^

Return to “Kreative Zone”