The Happy Life - Legends of Phoenix
Posted: Wed, 16. Feb 05, 21:12
Hier kommt Teil 1 von vermutlich 4 Teilen, eventuell auch mehr oder weniger, wer weiß.
Ach ja, zur Erläuterung des "Legends of Phoenix", alle Geschichten, die damit versehen sind, sind Legenden aus dem gleichen etwas anderen Universum, d.h. sie sind Bände einer unendlichen Geschichte.^^
RYU MIFRANE
THE HAPPY LIFE
Time to rock.
Vasharra, dritter Planet des Sonnensystems Majora Maiki im Sektor Farfarsouth. Dieses System gilt offiziell als boronisches Territorium, doch ist es abgelegen und wird kaum umsorgt. Es gibt insgesamt nur etwa fünf Millionen Lebewesen im gesamten System, und davon sind die wenigsten boronischer Herkunft. Im All dort gibt es nur eine Planktonfarm und eine delixianische Weizenhütte, deren Bau abgebrochen und deren Betrieb begonnen wurde. Nicht einmal eine Handelsstation ist dort zu finden. Die ersten beiden Planeten des Systems dienen als Minen, da sie recht reiche Vorkommen von seltenen Metallen aufweisen. Doch halten es die Arbeiter meist kaum einen Monat dort aus und so sind die Bohrmaschinen nur selten in Betrieb. Die Arbeit ist wahrhaft sehr unbeliebt und selbst die Unternehmer verschwinden von dort, da die Temperaturen und die Atmosphäre für alle Lebensformen äußerst unangenehm sind. Flora und Fauna sind sehr schwach ausgefallen, nur wenige Trockenbüsche und Insekten haben sich dort mit der Zeit entwickelt. Der vierte Planet hingegen ist eine Eislandschaft. Verlassene Bohrtürme stehen an vereinzelten Ölquellen. Doch Öl verlor nach einiger Zeit endgültig seinen Stellenwert und da die Abbaubedingungen ebenfalls von der miesesten Sorte sind, gab man die Bohrungen auch bald auf. Der dritte Planet des Systems jedoch strahlt vor Schönheit. Gigantische Tropenwälder zieren den Äquator Vasharras, drei Viertel der Oberfläche sind von Wasser bedeckt, Inselatolle überziehen die zahlreichen Meere zwischen den kleinen Kontinenten. Es gibt keinerlei Wüsten, nur endlose Strände. Nord- und Südpol sind von Eismassen bedeckt, Tiere in mannigfaltiger Form und Farbe wandern über die Oberfläche des Planeten. Vögel ziehen am Himmel umher, kunterbunte Fische durchziehen die Meere. Einwohner munkeln, sie wären die glücklichsten Wesen des Universums. Die Bevölkerung ist ähnlich bunt gestaltet wie die Vielfalt der Blumen, ein Querschnitt durch alle bekannten Rassen. Knapp vier Millionen Lebewesen bevölkern den Planeten – und somit gibt es keine Millionenstädte, da sich diese Vielfalt recht gleichmäßig verteilt. Immer wieder trifft man auf Wanderer, die auf gut Glück losziehen, in der Gewissheit spätestens nach dem nächsten Hügel ein neues Dorf zu finden.
Aufgrund all dieser Schönheit des Planeten fragt man sich doch, warum keine Bevölkerungsmassen hierher ziehen? Nun, der Grund ist recht einfach. Es kommen keine reichen Bonzen, um sich eine Villa am Strand zu bauen, denn es gibt kein Einkaufszentrum auf dem ganzen Planeten. Auch die technologische Entwicklung hinkt weit hinterher. Einige der Dörfer und Siedlungen sind beinahe noch mittelalterlich. Die Split beispielsweise haben keine einzige Siedlung errichtet, sie ziehen in Stämmen über das Land, so wie ihre Vorfahren vor tausenden Jahren es taten. Zudem gibt es keine nennenswerten Rohstoffquellen, die Firmen anziehen könnten; der Planet ist praktisch mit einer kleinen Bauerngemeinde vergleichbar, zumindest im Kontrast zu durchschnittlichen bewohnten Planeten.
Die Geschichtsschreibung auf Vasharra verrät nicht viel. Immer zwischendurch gibt es Konflikte und Kriege, aber diese Wörter sind eigentlich zu hart für eine Beschreibung. Vielmehr sind es Fehden unter mehreren Dörfern, und bei denen geht es so gut wie nie ernst zu. Vielmehr marschieren Armeen mit Mistgabeln an, spielen ein paar Formationen und Taktiken durch, tröten ihre Fanfaren und gehen dann zusammen feiern. Falls es um territoriale Forderungen geht, veranstaltet man halt einen Boxkampf. Kurzum ist die Bevölkerung wirklich lockerer als in so manch anderem Gebiet. Einzig und allein ist nur überraschend, dass der Planet bevölkert war, noch bevor die Boronen Farfarsouth erforschten. Die heimische Art der Majoraner lebte schon zuvor dort. Wirklich heimisch sind sie dort aber auch nicht – ihre Heimat Majoran, fern Vasharras, wurde vor Urzeiten in Schutt und Asche gelegt. Nur zwei Evakuierungsraumschiffe konnten den Klauen des Feindes entkommen, die Fortune und die Hereon – nahm man jedenfalls an. Ein weiterer kleiner Raumer konnte fliehen, circa hundertzwanzig Personen hatten sich an Bord quetschen könnten. Nach einer kleinen Odyssee hatte der Transporter dann Vasharra erreicht und seitdem tummeln sich in dieser Gegend Majoraner. Die reinblütige majoranische Art existiert jedoch nicht mehr, mit der Zeit vermischten sich die Arten und die ursprüngliche kraftvolle und mächtige Art der Majoraner starb aus – doch ihr Geist lebt in denen weiter, die sich heute noch auf Vasharra tummeln. Ein Durchschnittsmajoraner ist etwa 1.60m groß und hat rosarotes Blut. Deutlich mehr Unterschiede gibt es nicht zu den Menschen. Nur die Haarfarbe variiert auf Vasharra deutlich härter, das ganze Farbspektrum ist von Natur aus vertreten. Dennoch ist die extreme Ähnlichkeit mit den Menschen überraschend, da diese beiden Rassen zuvor nie in Kontakt gekommen waren, zumindest konnte dies niemand nachweisen. Auch die Kultur auf Majoran war überraschend menschlich, in altrömischem Stil gab es Theater und Badehäuser, gar ganze Städte hatten die gleichen Grundzüge wie Rom. Kein Historiker konnte sich das je erklären. Heute gibt es nur noch ein einziges bekanntes majoranisches Bauwerk, den Windtempel.
Und dort beginnt die zweifelhafte Legende eines zweifelhaften Helden.
Part I.
DIE NACHT DES ERWACHENS
Kapitel I.
Kurz vor Sonnenuntergang
Die Geisterbarke lag still in der Brandung eines schier endlosen Strandes. Die Sonne stand am Horizont, sie warf goldrotes Licht und wärmte die Wesen auf Vasharra. Eine nur knapp zwei Meter hohe Klippe grenzte Strand und Grünland ab. Dort oben wuchsen Bäume, Büsche, Blumen, dort unten krabbelten Krebse umher und bauten sich ihre Nachtbehausungen. Man nannte sie Handwerkskrebse, da ihre Hände eine hammerähnliche Form hatten und ihre Barthaare wie Nägel waren. Und während die Krebse wie jeden Abend ihre vergänglichen Einfamilienhäuser errichteten, lag ein junger Mann, vermutlich noch ein Teenager, oben am Rande der Klippe und betrachtete interessiert ihr Treiben. Er war nicht einfach irgendjemand, er war einer der letzten Majoraner. Rosa Blut floss durch seine Adern, was man jedoch nur an seinen Handgelenken ansatzweise erkennen konnte. Sein langes schwarzes Haar wehte leicht im Wind, ähnlich seiner weißen Mönchskutte. Eine schwere Brille lag auf seiner Nase, ohne die er so ziemlich nichts sah. Er zuckte zusammen. Es hatte wieder laut geknarrt, das gleiche Schauspiel wie jeden Abend begann, wenn die Wellen der Flut die Geisterbarke erreichten. Diese Barke war kein normales Schiff, es war ein Raumschiff – eines der Fluchtschiffe der Majoraner aus vergangenen Tagen. Jetzt war es nur noch ein veraltetes Stück Metall, schon seit Jahren hatte sich niemand mehr an sie heran getraut. Man sagte, es spuke dort bei Nacht und Tag. Niemand, der sich ihr näherte, sei je zurückgekommen, denn die Geister der im Kampf um Majoran gestorbenen Feinde würden sie alle töten. Tatsächlich war schon lange niemand mehr von der Barke zurückgekommen, denn schon lange war niemand mehr zu ihr gegangen. Der junge Mönch wäre beinahe eingeschlafen, doch die laute Glocke des majoranischen Tempels weckte ihn wieder. Es war wohl Zeit, nach Hause zurückzukehren, dachte er und erhob sich langsam. Das Klingen der Glocke bedeutete Torschluss, also müsste er wohl wieder über den Wall klettern, der Diebe fernhalten sollte. Das war kein Problem, er hatte dort eine Leiter aufgestellt. Er steckte die Hände in die Taschen seines Gewandes und schwankte langsam los. Knapp fünf Minuten Fußweg lagen vor ihm, doch das wusste er nicht, denn er besaß keine Uhr. Sein Job war das Austragen von Post im Tempel und an zwei der Nachbarinseln. Damit war er normalerweise schon gegen Mittag fertig, den Rest des Tages sollte er nach Meinung des Abtes mit dem Studieren der heiligen Schriften verbringen. Das sah der junge Mann anders – immerhin war er Windpriester, wenn hier jemand was über die Kräfte und Geister des Windes wusste, dann ja wohl er. Und die anderen Elemente waren ihm sowieso egal. Die Erdgeister beachtete er nicht, weil er im vierten Stock wohnte, die Wassergeister brachten ihm nichts zu trinken und die Feuergeister hatten schon zweimal seine Kerzenständer umfallen lassen, diese verdammten! Der Wind hingegen war recht interessant für ihn. Er mochte es halt, wenn irgendjemandes Haar darin wehte. Ansonsten hatte er nichts mit den anderen Windpriestern gemein, die auch alle Mönche waren. Das war sozusagen Grundbedingung. Andere Windpriester waren immer zugleich auch gewandte Magier, unser Herr hatte noch kein einziges Wunder vollbracht. Andere kannten die heiligen Schriften auswendig, er wusste nur, wo sie zu finden sind. Andere nahmen ihre Berufung ernst, er hatte nur seinen Spaß daran.
Während er durch den Dschungel wanderte, war das Tor mittlerweile geschlossen worden, was ihm aber nichts ausmachte. Vielmehr war er erstaunt über die bunten Früchte an den Palmen, die kleinen zutraulichen Affentierchen und die Vögel, so wie er jeden Tag über sie erstaunt war, vielleicht, weil er vergessen hatte, dass er es am jeweiligen Tag zuvor auch schon erstaunt gewesen war.
Irgendein Donnern war zu hören. Gewitter? Oder war ein Zauber im Hörsaal des Tempels daneben gegangen? Der junge Mönch beschleunigte seinen Schritt etwas. Das Geräusch war eindeutig aus Richtung des Tempels gekommen, doch hatte er solch ein Krachen noch nie zuvor vernommen.
Der Tempel erhob sich am Horizont, tauchte zwischen den Bäumen hervor. Der Mönch betrat das Gelände vor dem Tempel, das einige Meter im Umkreis abgeholzt und mit Blumen bepflanzt worden war. Der Hörsaal brannte lichterloh. Er hatte die Feuerpriester noch nie gemocht, insbesondere nicht die, die ständig irgendetwas in Brand steckten.
Schreie gellten auf, es wurde nach Wasser gerufen. Schon begann es leicht zu regnen. Die Wasserpriester waren ihm schon immer sympathisch gewesen. Langsam wie zuvor ging der Mönch weiter in Richtung der von ihm aufgestellten Leiter, da die Lage seine Hilfe weder erforderte noch er bereit war, sich die Finger zu verbrennen.
Irgendetwas zischte laut, ein metallenes Zischen. Er sah sich überrascht um. Ein längliches Ding flog am Himmel umher und rote Blitze zuckten. Der Windpriester blieb wie am Boden festgenagelt stehen und starrte ratlos nach oben. Was sollte das denn darstellen? Einer der Blitze schlug neben ihm im Boden ein. Die Blumen dort zerfielen zu einem Häufchen Asche. Er ging heran und betrachtete die glühende Asche einen Moment. Dann verkohlte ein weiterer Blitz den Boden dort, wo er gerade noch gestanden hatte. Und während er so langsam auf die Idee kam, dass dieses Feuerwerk vielleicht für ihn bestimmt war, rannte er um Leben und Tod in Richtung Festung und kletterte über die Leiter hinein.
Es war eine Holzfestung, sodass sie den Blitzen nichts entgegenzusetzen hatte. Einige der Windpriester, die Ahnung von ihrem Job hatten, stellten sich auf das Dach im fünften Stock und schossen mit Blitzen zurück, trafen jedoch dieses Ding dort oben nicht.
„Wer zum Teufel hat denn den Fluch gesprochen?“, kreischte der Mönch, als er in den Gängen der Tempelanlage auf eine Feuerpriesterin traf. Sie war von ähnlicher Statur wie er, nur etwas größer, hatte gelbrotes Haar und ein gleichfarbiges Gewand.
Zwar war man durchaus gewohnt, dass ab und zu mal etwas brennt, aber nicht alles gleichzeitig. Die Windpriester auf dem Dach waren gefallen wie die Fliegen, aber da sie fliegen konnten, prallten sie nicht am Boden auf. Die gesamte fünfte Etage war demnach eingestürzt und brannte lichterloh, ein paar Wasserschüler gaben ihr bestes, ein paar Regentänze aufzuführen, doch dies funktionierte nicht unter Beschuss.
„Wie, Fluch?“, rief die Feuerpriesterin. „Hast du in Geschichte nicht aufgepasst?“
„Wir werden in Geschichte unterrichtet?“, fragte er.
„Ja, Mayennis Ryu Mifrane Trevor Standarte...“, stöhnte sie.
Hierzu ist zu sagen, dass alle Majoraner unheimlich lange Namen haben, jedoch nicht, weil diese Namen irgendeine Bedeutung haben, sondern nur, weil ihre Eltern so verdammt kreativ und zumeist nicht bei Sinnen sind.
„Ja, was ist das denn, Reya?“, fragte er hektisch. Und damit hätten wir schon einmal die Namen geklärt. Reyas Eltern waren nicht kreativ, sogar der Name war von dem Kind geklaut, das nebenan geboren wurde.
„Das sind Raumschiffe, die schießen mit Waffen auf uns.“
„Brandpfeile?“, fragte er.
„...in etwa...“
Einer der besagten Pfeile schoss gerade durch die Decke und entzündete Ryus Gewand. Nachdem er sich ein wenig am Boden gewälzt und dabei sein Gewand gelöscht, dafür den Boden entzündet hatte, rannten die beiden zusammen ziellos umher und verkrochen sich letztendlich in den unterirdischen Kerkern. Dort war alles leerstehend und da sie beide im Moment nichts ausrichten konnten oder sich zumindest nicht trauten, hielten sie es für nicht unintelligent, sich zu verstecken.
Kapitel II.
Hochzeitsnacht
„Meinst du, sie haben es geschafft?“, fragte Reya ängstlich. Sie hatte sich an ihn geklammert und er freute sich ziemlich darüber.
„Keine Ahnung – ich habe ja immer noch nicht verstanden, worum es geht“, meinte er achselzuckend und kuschelte sich an sie an, da er das ängstliche Klammern wohl falsch interpretiert hatte. Die beiden kannten sich zwar gut, aber nicht so gut. Eine Ohrfeige später begann sie ihm alles zu erklären.
„Raumschiffe sind so was wie Holzschiffe, aber sie können fliegen“, erklärte sie.
„Holzschiffe können auch fliegen. Hat der Abt gesagt. Weißt du noch, als er letzte Woche unter Lügenzauber lag? Da hat er´s verraten“, grinste Ryu.
„Idiot...“
„Der Abt? Wieso?“
„Also, Raumschiffe können fliegen. Es gibt im All Piraten wie auf unseren Meeren, aber die da oben morden und rauben ohne Rücksicht auf die Opfer. Anders als hier. Sie wollen den Tempel ausrauben und uns alle zu Sklaven machen oder töten. Verstanden?“
„Woher kennst du solche Wörter?“, wunderte er sich. „Kommen mir irgendwie bekannt vor, aber die Bedeutung... na, ist ja auch egal.“
„Idiot“, sagte sie.
„Brrr...“, murmelte Ryu. Feuerpriester waren ihm schon immer unsympathisch gewesen. „Reya, sag mal, wollen wir mal oben schauen was los ist?“
„Nein, dabei könnten wir umkommen.“
Er überlegte einen Moment lang, was sie wohl meinen mochte. Das Wort verstand er zwar gut, aber ging er davon aus, dass die Raumschiffe schon wieder fort waren. Achselzuckend erhob er sich vom Boden und verließ dieses dunkle Verlies mit leichtem Schritt. Sie schüttelte erst angsterfüllt den Kopf und lief ihm dann doch nach. Offenbar war es mittlerweile dunkelste Nacht geworden und der Mond pflegte erst früh morgens aufzugehen, sodass nur die brennenden Trümmer die Gegend erhellten. Der gesamte Tempel brannte, aber es waren keine Schreie oder irgendwelche anderen Anzeichen menschlichen oder unmenschlichen Lebens zu bemerken. Die anderen Tempelbewohner hatten sich dazu entschieden, dass sie die Festung noch nie gemocht hatten und waren in alle Himmelsrichtungen fortgerannt. Möglicherweise brannte gerade das letzte bekannte majoranische Bauwerk nieder, aber ihre Leben waren ihnen – klugerweise – wertvoller.
Ryu und Reya, die aus den dunklen Kerkergängen ans Licht des Feuers kamen, standen direkt vor dem brennenden Koloss. All die kunstvolle Einrichtung und die schönen Bilder verbrannten und zerfielen zu Asche.
„Sieht irgendwie schön aus“, meinte Ryu.
„Ich finde, wir sollten trotzdem wegrennen“, sagte sie nachdenklich.
„Nicht so schnell!“, rief eine unbekannte, männliche Stimme. „Gebt mir alles Gold, das ihr habt! Und auch sonst alles von Wert!“
„Wir haben nichts, wir sind nur arme Mönche“, sagte Reya dem kugelrunden Paraniden. Ryu holte eine kleine goldene Kiste hervor und gab sie dem Mann, darauf gespannt, was er wohl damit machen würde.
„Idiot“, zischte Reya.
„Wieso?“, zischte Ryu zurück.
„Ruhe“, rief der Paranide. „Du, mit der Brille, du kannst gehen, dich brauchen wir nicht. Aber die Schöne hier wird eine ausgezeichnete Frau für meinen Sohn abgeben.“
„Okay“, sagte Ryu und wollte gerade gehen, aber Reya widersprach.
„Ich kann ihren Sohn nicht heiraten, ich bin schon fest verheiratet“, widersprach sie.
„Ich sehe keinen Ring?“, fragte der Paranide.
„Äh; also ich bin fest versprochen, verlobt sozusagen“, log sie weiter.
„Mit wem?“, fragte er.
„Mit, äh... mit ihm“, sagte sie und legte Ryus Arm um ihre Schultern. Er grinste und drückte sie an sich.
„Achso – nun, zufälligerweise bin ich Piratenpfaffe“, sagte der Paranide. „Und ganz ohne drumrum erkläre ich euch hiermit zu Mann und Frau. Da will ich nicht so sein, hier sind sicher noch andere schöne Weiber. Die Ringe könnt ihr euch später besorgen.“
Ryu grinste unsicher. Reya war nur unsicher. Der Paranide beglückwünschte sie nochmals und lief dann in die brennenden Trümmer, um ein wenig mehr Goldschmuck zu stehlen. Der Bräutigam war erst noch verwundert, warum er sein Goldkästchen nicht zurückbekommen hatte, doch ging er davon aus, dass man es ihm später wiedergeben würde.
„Hey, ich bin verheiratet“, sagte Ryu stolz. „Dürfen wir uns jetzt küssen?“
„Äh; nein. Komm, wir verschwinden.“
„Wie Bonnie und Clyde?“
„So ähnlich.“
Da ein Raumjäger dicht über ihnen durch die Luft schoss und der Pilot absichtlich durch die Mauer flog, erkannte auch Ryu, dass es keine Schande ist zu fliehen, wenn man damit sein Leben retten kann. Allerdings erkannte er das erst, nachdem Reya es ihm gesagt hatte und er schon auf halbem Wege zum Weststrand war.
„Wo rennen wir hin?“, fragte sie.
„An die Klippen“, sagte er und nahm sie an der Hand, damit sie ihn im dichten Gebüsch nicht verliert.
„Nehmen wir ein Schiff auf eine andere Insel?“, fragte sie.
„Wenn du willst“, lachte er nur. Den brennenden Tempel hatten sie wie alle anderen verlassen, ohne sich weiter darum zu scheren.
Nach einiger Zeit blieben sie an der Klippe zum Weststrand stehen, an einer nicht sonderlich hohen Stelle nahe der Geisterbarke, die bedrohlich in den Wellen quietschte. Fern am Horizont waren Schemen von Wolken zu erkennen, das gleichmäßige Schlagen der Wellen und die schrillen Nachtgesänge der Handwerkskrebse gaben eine grausige Musik. Die Bäume und Büsche wehten synchron im eisigen Wind, der vom riesigen Meer her kam, Sterne funkelten vom Himmel auf sie hinab.
„Wunderschön...“, sagte Ryu beeindruckt.
„Wunderschön?“, kreischte Reya. „Das nennst du wunderschön? Unsere Heimat ist gerade abgebrannt, und es ist saukalt, dunkel, diese verfickten Krebse kreischen rum und du laberst etwas von wunderschön? Sachma, geht´s noch?“
„Gegen die Kälte können wir etwas tun“, sagte er warm lächelnd und nahm sie in den Arm. Diesmal konnte er der Ohrfeige knapp ausweichen. Er hatte Feuerpriester noch nie gemocht. Sie warf ein paar Äste auf einen Haufen und bereitete ihnen ein Lagerfeuer, benutzte dazu jedoch keine Magie, sondern ein Feuerzeug, denn auch sie war in paranormaler Hinsicht nicht unbedingt begabt, und wenn ihre Zauber doch mal etwas entflammten, dann meist sie selbst. Nachdem sie das Feuer gemacht hatte, setzte sie sich und achtete darauf, genau auf der gegenüberliegenden Seite Ryus zu sein.
Der schmollte nur ein wenig und sah in den Horizont.
„Aber es ist doch trotzdem eine schöne Hochzeitsnacht, oder?“, fragte er freundlich.
„Halt´s Maul“, schnauzte sie. Er sah sie traurig an, was sie ignorierte. Irgendwie konnte er auch nachvollziehen, dass sie gerade äußerst gereizt war...
Kapitel III.
Eine kleine Nachtmusik
„Geht´s dir besser, wenn ich auch schlecht gelaunt bin?“, fragte Ryu.
„Ist mir doch egal...“
Er rollte mit den Augen und überlegte sich, wie er sie wohl aufheitern könnte. „Warte einen Moment“, sagte er und rannte fort. Keine Minute später kehrte er mit einem Banjo zurück, das er in einem nahegelegenen Baumhaus versteckt gehalten hatte. Überall hatte er kleine Verstecke und Nischen errichtet, teils aus Langeweile, teils um sich vor Bären zu verstecken.
„Bitte nicht...“, sagte Reya flehend. Er spielte eine kleine Melodie auf dem Banjo. Sie drohte, es anzuzünden, wenn er noch einen einzigen Ton mehr spielt. Er hatte Feuerpriester noch nie gemocht. Die Musik musste er wohl leider aufgeben.
„Also, was machen wir jetzt?“, fragte er. Langsam verging ihm die Lust daran, sie irgendwie aufheitern zu wollen, doch noch gab er nicht auf.
„Bestimmt nicht das, was du denkst...“, zischte sie.
„Was ich denke...?“, wiederholte er langsam und schaute fragend.
„Perversling“, sagte sie und schaute weg. Ohne zu verstehen, was sie ihm damit nun wieder mitteilen wollte, legte er sich ins Gras und sah den Himmel an. Langsam ging der Mond dort am Horizont auf, wo die Sonne zuvor untergegangen war, und ein fahles Licht beschien sie. Lange Zeit blieben sie dort so wortlos liegen und sitzen, bis der Mond die halbe Höhe erreicht hatte. Die Krebse schliefen noch tief und fest.
Plötzlich hörten sie ein lautes, aber kurzes Knarren, das nicht von der Barke stammte. „Piraten?“, fragte Ryu unsicher. Reya nickte. Sie sprach einen kurzen Zauber und das Feuer sammelte sich im Zentrum des Holzhaufens, erlosch dann, sodass die Dunkelheit die beiden verbarg. Zumindest Feuer löschen konnte sie mit Magie. Schade, dass der Tempel dazu eine Nummer zu groß gewesen ist. Schleichende Schritte waren zu hören.
„Flie...“, sagte Ryu, aber Reya hielt ihm den Mund zu. Ein unmissverständliches Zeichen. Die Schritte näherten sich. Ein Schatten tauchte zwischen den Bäumen auf und näherte sich ihnen. Reya schlich etwas zur Seite und zerrte Ryu mit sich.
„Hallo?“, fragte der Unbekannte, der dem Ton nach ein Argone zu sein schien. Blind lief er in ihre Richtung und versuchte, irgendwo weit entfernt jemanden zu erkennen, dessen Stimme er gerade noch gehört hatte. So wanderte er blindlings zur Feuerstelle und wäre beinahe in sie getreten, ohne Ryu und Reya zu bemerken, die daneben kauerten. Hätte er nur einmal nach unten geschaut, hätte er sie im Mondlicht erkennen können.
„Tss... na, mir soll´s wurscht sein, wer hier rumwandert“, flüsterte der Pirat für sich selbst.
„Eben“, sagte Ryu. Reya hätte ihn vermutlich geschlagen, wenn ihr Zeit dazu geblieben wäre. Doch der Argone hatte nervös zu seiner Waffe gegriffen und zielte blind irgendwohin.
„Etwas weiter links...“, sagte Ryu. „Jetzt schießen.“
Der Argone schoss und das Lagerfeuer ging dank seines Lasers wieder an.
„Danke“, sagte Ryu. „Es ist wirklich etwas kühl...“
Der Argone war sichtlich wütend und hätte sie wohl gnadenlos abgeschossen, wenn Reya das Ablenkungsmanöver, zumindest hielt sie es für eines, nicht genutzt hätte, um den Argonen mit dem Feuerzeug anzuzünden. Dem war seine Waffe und das Morden plötzlich herzlich egal und er ließ sein Gewehr fallen, rannte ein wenig ziellos vor den Flammen weg und stolperte schließlich die Klippe hinunter, rollte ab und platschte ins Wasser. Nach dem eher zufälligen Löschen rannte er fort.
„Der arme Kerl...“, flüsterte Ryu für sich.
„Er wollte uns umbringen!“, rief Reya.
„Das hat er bestimmt nicht so gemeint...“
„Idiot...“
Ryu sackte auf dem Boden in sich zusammen und blieb liegen. Diese ewigen Beleidigungen nervten ihn allmählich etwas, vor allem deshalb, weil es immer die gleichen waren. Mehr Kreativität! Aber nun, er hatte Feuerpriester noch nie gemocht...
Reya setzte sich zu ihm ans Feuer und sie schwiegen einen Moment. Sie kam ins Grübeln über die Zukunft, schließlich hatten sie gerade ihre Heimat verloren.
„Und was machen wir jetzt?“, fragte sie.
„Wahrscheinlich nicht das, was ich denke...“
Sie betrachtete ihn skeptisch, er grinste nur.
„Auf der Insel können wir nicht bleiben, hier ist keiner mehr, aber ich will auch auf keine andere Insel umsiedeln. Es gibt wohl keinen Platz mehr für uns in dieser Welt...“
Ryu zeigte in Richtung des Himmels. Sie sahen hinauf.
„Die Sterne...“, flüsterte sie. „Du willst mit mir zu den Sternen reisen?“
„Nein, da ist eine Sternschnuppe... zu den Sternen reisen? Versteh ich nicht...“
„Gute Idee“, lachte sie. Er verstand allenfalls Bahnhof, das heißt, wenn er gewusst hätte, was ein Bahnhof ist.
„Aber wir haben kein Raumschiff“, fiel ihr auf, womit dieser Traum doch wieder schwand.
„Die Blitzdinger?“
„Ja, die Blitzdinger“, erklärte Reya genervt.
„Haben wir doch“, sagte Ryu und sah weiter gen Himmel. „Die Geisterbarke.“
„Was? Das Schiff ist verflucht! Es fliegt auch garantiert nicht mehr. Ich steige niemals in dieses Wrack!“
Plötzlich hörten sie Schritte; viele Schritte. Und sie kamen näher. Rufe wie „Da vorne sind sie!“ und „Schnappt sie euch!“ erfüllten den Wald.
Ryu stand langsam auf, putzte sich den Staub ab und half Reya auf die Beine. „Ich habe das Gefühl, dass du die Barke früher betrittst, als es dir lieb ist.“
Sie sah ängstlich in Richtung des Waldes, Ryu rannte los und riss sie mit sich. Sie hatten wohl tatsächlich keine andere Wahl aus dieser Falle zu entkommen, denn der entzündete Pirat hatte den Vorfall wohl über Funk gemeldet.
Ryu riss die Seitentür der Barke auf, stieg hinein. Reya folgte und schloss die Tür wieder. Die Barke war offenbar nichts als ein alter, wirklich alter Argon Transporter vom Typ »Rising Sun«, ein Modell, das aus der Mode gekommen war, da es keinem anderen Schiff gegenüber irgendwelche Vorteile aufwies. Das Schiff war nichts anderes als ein rundlicher Klumpen Metall mit Frontscheibe und ein paar Antrieben, die recht wahllos an der Rückseite angebracht waren. Vermutlich hatten die Kämpfe der früheren Zeiten mehr Schuld am Aussehen als die Ingenieure.
„Was machen wir jetzt?“, fragte Ryu nachdenklich.
„Also ich glaube wir wissen nur, was wir nicht machen“, sagte Reya nur und sah sich verzweifelt um. Es gab hier nichts als einen Pilotensessel und die dazugehörige Schalttafel, die Tür in den Lagerraum war verklemmt.
Reya erinnerte sie an den Geschichtsunterricht. Damals hatte man diese Dinger mit Schaltern und solchem Kram bedient. Sie setzte sich auf den gut durchweichten Pilotenstuhl, sodass Wasser in alle Richtungen spritzte, und spielte an den Bedienungsknöpfen herum. Nichts geschah. Die Piraten hatten bereits die Küste besetzt und durchforsteten das Gelände. Zwei waren nahe der Barke, um die Brandwunden zu rächen.
„Warum geht das nicht an?“, heulte sie.
Ryu sah sich um. Ein kleines Knöpfchen in der Ecke blinkte. Er trat dagegen und das Licht ging an, die Systeme heulten auf. Man könnte auch sagen, sie schluchzten oder weinten auf, es klang jedenfalls ziemlich jämmerlich.
„Ich hab´s geschafft!“, kreischte Reya. Sie tippte weiter wild alle Knöpfe an und legte Schalter um, ohne dabei irgendwie ein System zu haben. Ryu sah sich weiter um. Ein paar gedruckte Logbücher lagen in der Ecke, sie waren recht vermodert, mehr konnte er nicht erkennen.
Kapitel IV.
Kurz vor Sonnenaufgang
Durch den Systemstart waren die Piraten auf das Wrack aufmerksam geworden und stürmten darauf zu, schossen auf es. Glücklicherweise richteten ihre Waffen an der Außenhülle nichts aus und sie waren zu blöd, um die Tür zu finden, sodass noch etwas Zeit verblieb, bis sie die Insassen erschießen könnten. Gerade hatten sie die Bazooka aus dem Lager in der Nähe angefordert...
„Wie startet man das?“, heulte Reya. Ryu hatte ihr wortlos zugeschaut.
„Das einzige, an dem du nicht rumgespielt hast, ist das Ding da... dieses... lange... Stock... mit rotem, äh... Dings dran, äh... Rotgrau, da rechts. Mit dem Strich und...“
Reya sah sich verzweifelt nach etwas um, das der Beschreibung entsprach, bis sie den Geschwindigkeitsregler fand und durchdrückte. Wie aus dem nichts ratterte es, das gesamte Gefährt wackelte und die Piraten wichen eingeschüchtert zurück. Dann passierte es – nichts.
„Sind wir gestartet?“, fragte Reya unsicher und versuchte nach draußen zu spähen. Jede Menge Pflanzen hatten sich dort vorne festgesetzt, aber da sie noch immer das Meer dazwischen sah musste sie davon ausgehen, dass sie noch am Boden waren. Reya zog den Schalter zurück und drückte ihn wieder durch. Nichts geschah.
„Was genau machst du da eigentlich?“, wunderte Ryu sich. „Es ist eh kein Esel angespannt, das Ding bewegt sich niemals.“
Diesen Kommentar ignorierend betätigte sie weiter alles, was sich irgendwie betätigen ließ. Währenddessen war der Pirat mit der Bazooka aufgetaucht und nahm sie ins Visier, ohne dass sie etwas davon wussten. Die anderen Piraten entfernten sich klugerweise, einige richteten ihre Fotokameras auf das Wrack.
„Wir sollten Pause machen, hier drinnen sind wir sicher“, meinte Ryu.
Glücklicherweise ließ sie sich nicht davon überzeugen und trat gegen einen Schalter. Niemand der Anwesenden wusste, warum, aber sie startete so die Motoren auf voller Leistung und mit einem lauten Knall, den man noch auf dem Tempelgelände hörte, zischte eine Rakete auf die Geisterbarke zu und die Geisterbarke gen Himmel. Der Pirat hatte gut gezielt und die Rakete schlug im Heck ein, schleuderte die Barke etwas umher. Es war ein Glück, dass sie getroffen hatte, denn sie korrigierte den Kurs des Schiffes, das in annähernd senkrechtem Winkel nach oben startete und bald außer Sichtweite war. Die Piraten hätten sich zwar gerne für die Verbrennungen eines ihrer Kameraden gerächt, doch so wild war die Sache nun auch wieder nicht und sie wandten sich wieder der Plünderung der Kunstgegenstände zu.
Ryu und Reya lagen auf der Rückwand des Cockpits, krallten sich aneinander und bangten um ihr Leben. Die G-Kraft war unglaublich hoch und da die Sicherheitsmaßnahmen dieses Schiffes nicht ausreichten, wäre jede andere Rasse, ausgenommen der Split, vermutlich daran gestorben, doch unsere Majoraner verletzten sich vermutlich stärker dadurch, dass sie sich aneinander krallten.
Ryu öffnete langsam die Augen und sah nach oben. Sie kamen der Wolkendecke schnell näher. Langsam löste sich sein festes Klammern und glich mehr einer Umarmung. Reya sah verwundert auf. Sie starrten in die Höhe, durchschlugen die Wolkendecke in wenigen Sekunden. Das Plankton an der Frontscheibe war mittlerweile fortgeweht und sie drehten sich immer weiter gen Himmel. Das Himmelblau verdunkelte sich und Sterne wurden sichtbar. Die automatischen Bordsysteme starteten und aktualisierten die Sternenkarten, identifizierten die Besatzung und summten leise. Der Lärm des Starts war vorüber und die Antriebe stimmten in das Summen ein, es herrschte ansonsten absolute Stille, nur Summen und leises Atmen...
Letztendlich wich das blau einem tiefen schwarz, magentarote und blaue Nebel waren weit entfernt sichtbar, hunderte Sterne schienen auf sie hinab.
„Wunderschön...“, flüsterte Ryu.
„Wunderschön...“, stimmte Reya zu. Sie vergaß die verlorene Heimat, die verlorene Habe und den Umstand, dass sie ihr Leben nur reinem Glück zu verdanken hatten. Denn dieser Ausblick war... wunderschön. Sie sahen dies zum ersten Mal in ihrem Leben und es war wohl alle Strapazen der vergangenen Nacht wert. Durch das linke Seitenfenster konnten sie die Sonne sehen, die langsam hinter dem Planeten hervortauchte und ein grelles, doch wundervolles Licht auf sie warf.
„Wie auf Wolke Sieben...“, sagte Ryu. Reya sah ihn fragend an, sie hielten sich immer noch in den Armen. Dann fiel ihr auf, dass sie leichter wurde – offenbar ließ die Anziehungskraft nach, nur noch der Antrieb hielt sie an der Hinterwand.
„Warum schwebe ich?“, fragte sie kurz darauf ein wenig hysterisch.
„Keine Ahnung, aber es ist verdammt cool“, lachte Ryu. Sicher verwunderte sie ihre neue Fähigkeit und sie konnten sich das alles kaum erklären, denn auch im Geschichtsunterricht hatten sie nur vage davon erfahren, wie Piloten eigentlich fliegen.
„Sag´ mal, was machen wir hier oben eigentlich?“, fragte Ryu nach einiger Zeit.
„Soweit ich weiß haben die im All auch Häuser. Wir könnten irgendwo hinfliegen und fragen, ob sie uns eine Arbeit anbieten.“
„Arbeiten?“, wunderte sich Ryu. „Wir machen Karriere und werden reich?“
„Weiß nicht ...“, meinte sie nur achselzuckend. Denn genau genommen waren sie beide gleich planlos, weder ihr Wissen noch seine, äh... jedenfalls nützte es ihnen nichts.
Die Aussicht genießend näherten sie sich dem Sektorenzentrum Farfarsouth. Die Antriebe ließen langsam nach, gingen schließlich aus, sie mussten abkühlen, denn sie waren überhitzt worden. Ryu und Reya sahen weiter Arm in Arm hinaus ins All, hatten die Strapazen vergessen und bewunderten die Welt dort oben, wurden langsam müde und schliefen schließlich langsam ein...
Ach ja, zur Erläuterung des "Legends of Phoenix", alle Geschichten, die damit versehen sind, sind Legenden aus dem gleichen etwas anderen Universum, d.h. sie sind Bände einer unendlichen Geschichte.^^
RYU MIFRANE
THE HAPPY LIFE
Time to rock.
Vasharra, dritter Planet des Sonnensystems Majora Maiki im Sektor Farfarsouth. Dieses System gilt offiziell als boronisches Territorium, doch ist es abgelegen und wird kaum umsorgt. Es gibt insgesamt nur etwa fünf Millionen Lebewesen im gesamten System, und davon sind die wenigsten boronischer Herkunft. Im All dort gibt es nur eine Planktonfarm und eine delixianische Weizenhütte, deren Bau abgebrochen und deren Betrieb begonnen wurde. Nicht einmal eine Handelsstation ist dort zu finden. Die ersten beiden Planeten des Systems dienen als Minen, da sie recht reiche Vorkommen von seltenen Metallen aufweisen. Doch halten es die Arbeiter meist kaum einen Monat dort aus und so sind die Bohrmaschinen nur selten in Betrieb. Die Arbeit ist wahrhaft sehr unbeliebt und selbst die Unternehmer verschwinden von dort, da die Temperaturen und die Atmosphäre für alle Lebensformen äußerst unangenehm sind. Flora und Fauna sind sehr schwach ausgefallen, nur wenige Trockenbüsche und Insekten haben sich dort mit der Zeit entwickelt. Der vierte Planet hingegen ist eine Eislandschaft. Verlassene Bohrtürme stehen an vereinzelten Ölquellen. Doch Öl verlor nach einiger Zeit endgültig seinen Stellenwert und da die Abbaubedingungen ebenfalls von der miesesten Sorte sind, gab man die Bohrungen auch bald auf. Der dritte Planet des Systems jedoch strahlt vor Schönheit. Gigantische Tropenwälder zieren den Äquator Vasharras, drei Viertel der Oberfläche sind von Wasser bedeckt, Inselatolle überziehen die zahlreichen Meere zwischen den kleinen Kontinenten. Es gibt keinerlei Wüsten, nur endlose Strände. Nord- und Südpol sind von Eismassen bedeckt, Tiere in mannigfaltiger Form und Farbe wandern über die Oberfläche des Planeten. Vögel ziehen am Himmel umher, kunterbunte Fische durchziehen die Meere. Einwohner munkeln, sie wären die glücklichsten Wesen des Universums. Die Bevölkerung ist ähnlich bunt gestaltet wie die Vielfalt der Blumen, ein Querschnitt durch alle bekannten Rassen. Knapp vier Millionen Lebewesen bevölkern den Planeten – und somit gibt es keine Millionenstädte, da sich diese Vielfalt recht gleichmäßig verteilt. Immer wieder trifft man auf Wanderer, die auf gut Glück losziehen, in der Gewissheit spätestens nach dem nächsten Hügel ein neues Dorf zu finden.
Aufgrund all dieser Schönheit des Planeten fragt man sich doch, warum keine Bevölkerungsmassen hierher ziehen? Nun, der Grund ist recht einfach. Es kommen keine reichen Bonzen, um sich eine Villa am Strand zu bauen, denn es gibt kein Einkaufszentrum auf dem ganzen Planeten. Auch die technologische Entwicklung hinkt weit hinterher. Einige der Dörfer und Siedlungen sind beinahe noch mittelalterlich. Die Split beispielsweise haben keine einzige Siedlung errichtet, sie ziehen in Stämmen über das Land, so wie ihre Vorfahren vor tausenden Jahren es taten. Zudem gibt es keine nennenswerten Rohstoffquellen, die Firmen anziehen könnten; der Planet ist praktisch mit einer kleinen Bauerngemeinde vergleichbar, zumindest im Kontrast zu durchschnittlichen bewohnten Planeten.
Die Geschichtsschreibung auf Vasharra verrät nicht viel. Immer zwischendurch gibt es Konflikte und Kriege, aber diese Wörter sind eigentlich zu hart für eine Beschreibung. Vielmehr sind es Fehden unter mehreren Dörfern, und bei denen geht es so gut wie nie ernst zu. Vielmehr marschieren Armeen mit Mistgabeln an, spielen ein paar Formationen und Taktiken durch, tröten ihre Fanfaren und gehen dann zusammen feiern. Falls es um territoriale Forderungen geht, veranstaltet man halt einen Boxkampf. Kurzum ist die Bevölkerung wirklich lockerer als in so manch anderem Gebiet. Einzig und allein ist nur überraschend, dass der Planet bevölkert war, noch bevor die Boronen Farfarsouth erforschten. Die heimische Art der Majoraner lebte schon zuvor dort. Wirklich heimisch sind sie dort aber auch nicht – ihre Heimat Majoran, fern Vasharras, wurde vor Urzeiten in Schutt und Asche gelegt. Nur zwei Evakuierungsraumschiffe konnten den Klauen des Feindes entkommen, die Fortune und die Hereon – nahm man jedenfalls an. Ein weiterer kleiner Raumer konnte fliehen, circa hundertzwanzig Personen hatten sich an Bord quetschen könnten. Nach einer kleinen Odyssee hatte der Transporter dann Vasharra erreicht und seitdem tummeln sich in dieser Gegend Majoraner. Die reinblütige majoranische Art existiert jedoch nicht mehr, mit der Zeit vermischten sich die Arten und die ursprüngliche kraftvolle und mächtige Art der Majoraner starb aus – doch ihr Geist lebt in denen weiter, die sich heute noch auf Vasharra tummeln. Ein Durchschnittsmajoraner ist etwa 1.60m groß und hat rosarotes Blut. Deutlich mehr Unterschiede gibt es nicht zu den Menschen. Nur die Haarfarbe variiert auf Vasharra deutlich härter, das ganze Farbspektrum ist von Natur aus vertreten. Dennoch ist die extreme Ähnlichkeit mit den Menschen überraschend, da diese beiden Rassen zuvor nie in Kontakt gekommen waren, zumindest konnte dies niemand nachweisen. Auch die Kultur auf Majoran war überraschend menschlich, in altrömischem Stil gab es Theater und Badehäuser, gar ganze Städte hatten die gleichen Grundzüge wie Rom. Kein Historiker konnte sich das je erklären. Heute gibt es nur noch ein einziges bekanntes majoranisches Bauwerk, den Windtempel.
Und dort beginnt die zweifelhafte Legende eines zweifelhaften Helden.
Part I.
DIE NACHT DES ERWACHENS
Kapitel I.
Kurz vor Sonnenuntergang
Die Geisterbarke lag still in der Brandung eines schier endlosen Strandes. Die Sonne stand am Horizont, sie warf goldrotes Licht und wärmte die Wesen auf Vasharra. Eine nur knapp zwei Meter hohe Klippe grenzte Strand und Grünland ab. Dort oben wuchsen Bäume, Büsche, Blumen, dort unten krabbelten Krebse umher und bauten sich ihre Nachtbehausungen. Man nannte sie Handwerkskrebse, da ihre Hände eine hammerähnliche Form hatten und ihre Barthaare wie Nägel waren. Und während die Krebse wie jeden Abend ihre vergänglichen Einfamilienhäuser errichteten, lag ein junger Mann, vermutlich noch ein Teenager, oben am Rande der Klippe und betrachtete interessiert ihr Treiben. Er war nicht einfach irgendjemand, er war einer der letzten Majoraner. Rosa Blut floss durch seine Adern, was man jedoch nur an seinen Handgelenken ansatzweise erkennen konnte. Sein langes schwarzes Haar wehte leicht im Wind, ähnlich seiner weißen Mönchskutte. Eine schwere Brille lag auf seiner Nase, ohne die er so ziemlich nichts sah. Er zuckte zusammen. Es hatte wieder laut geknarrt, das gleiche Schauspiel wie jeden Abend begann, wenn die Wellen der Flut die Geisterbarke erreichten. Diese Barke war kein normales Schiff, es war ein Raumschiff – eines der Fluchtschiffe der Majoraner aus vergangenen Tagen. Jetzt war es nur noch ein veraltetes Stück Metall, schon seit Jahren hatte sich niemand mehr an sie heran getraut. Man sagte, es spuke dort bei Nacht und Tag. Niemand, der sich ihr näherte, sei je zurückgekommen, denn die Geister der im Kampf um Majoran gestorbenen Feinde würden sie alle töten. Tatsächlich war schon lange niemand mehr von der Barke zurückgekommen, denn schon lange war niemand mehr zu ihr gegangen. Der junge Mönch wäre beinahe eingeschlafen, doch die laute Glocke des majoranischen Tempels weckte ihn wieder. Es war wohl Zeit, nach Hause zurückzukehren, dachte er und erhob sich langsam. Das Klingen der Glocke bedeutete Torschluss, also müsste er wohl wieder über den Wall klettern, der Diebe fernhalten sollte. Das war kein Problem, er hatte dort eine Leiter aufgestellt. Er steckte die Hände in die Taschen seines Gewandes und schwankte langsam los. Knapp fünf Minuten Fußweg lagen vor ihm, doch das wusste er nicht, denn er besaß keine Uhr. Sein Job war das Austragen von Post im Tempel und an zwei der Nachbarinseln. Damit war er normalerweise schon gegen Mittag fertig, den Rest des Tages sollte er nach Meinung des Abtes mit dem Studieren der heiligen Schriften verbringen. Das sah der junge Mann anders – immerhin war er Windpriester, wenn hier jemand was über die Kräfte und Geister des Windes wusste, dann ja wohl er. Und die anderen Elemente waren ihm sowieso egal. Die Erdgeister beachtete er nicht, weil er im vierten Stock wohnte, die Wassergeister brachten ihm nichts zu trinken und die Feuergeister hatten schon zweimal seine Kerzenständer umfallen lassen, diese verdammten! Der Wind hingegen war recht interessant für ihn. Er mochte es halt, wenn irgendjemandes Haar darin wehte. Ansonsten hatte er nichts mit den anderen Windpriestern gemein, die auch alle Mönche waren. Das war sozusagen Grundbedingung. Andere Windpriester waren immer zugleich auch gewandte Magier, unser Herr hatte noch kein einziges Wunder vollbracht. Andere kannten die heiligen Schriften auswendig, er wusste nur, wo sie zu finden sind. Andere nahmen ihre Berufung ernst, er hatte nur seinen Spaß daran.
Während er durch den Dschungel wanderte, war das Tor mittlerweile geschlossen worden, was ihm aber nichts ausmachte. Vielmehr war er erstaunt über die bunten Früchte an den Palmen, die kleinen zutraulichen Affentierchen und die Vögel, so wie er jeden Tag über sie erstaunt war, vielleicht, weil er vergessen hatte, dass er es am jeweiligen Tag zuvor auch schon erstaunt gewesen war.
Irgendein Donnern war zu hören. Gewitter? Oder war ein Zauber im Hörsaal des Tempels daneben gegangen? Der junge Mönch beschleunigte seinen Schritt etwas. Das Geräusch war eindeutig aus Richtung des Tempels gekommen, doch hatte er solch ein Krachen noch nie zuvor vernommen.
Der Tempel erhob sich am Horizont, tauchte zwischen den Bäumen hervor. Der Mönch betrat das Gelände vor dem Tempel, das einige Meter im Umkreis abgeholzt und mit Blumen bepflanzt worden war. Der Hörsaal brannte lichterloh. Er hatte die Feuerpriester noch nie gemocht, insbesondere nicht die, die ständig irgendetwas in Brand steckten.
Schreie gellten auf, es wurde nach Wasser gerufen. Schon begann es leicht zu regnen. Die Wasserpriester waren ihm schon immer sympathisch gewesen. Langsam wie zuvor ging der Mönch weiter in Richtung der von ihm aufgestellten Leiter, da die Lage seine Hilfe weder erforderte noch er bereit war, sich die Finger zu verbrennen.
Irgendetwas zischte laut, ein metallenes Zischen. Er sah sich überrascht um. Ein längliches Ding flog am Himmel umher und rote Blitze zuckten. Der Windpriester blieb wie am Boden festgenagelt stehen und starrte ratlos nach oben. Was sollte das denn darstellen? Einer der Blitze schlug neben ihm im Boden ein. Die Blumen dort zerfielen zu einem Häufchen Asche. Er ging heran und betrachtete die glühende Asche einen Moment. Dann verkohlte ein weiterer Blitz den Boden dort, wo er gerade noch gestanden hatte. Und während er so langsam auf die Idee kam, dass dieses Feuerwerk vielleicht für ihn bestimmt war, rannte er um Leben und Tod in Richtung Festung und kletterte über die Leiter hinein.
Es war eine Holzfestung, sodass sie den Blitzen nichts entgegenzusetzen hatte. Einige der Windpriester, die Ahnung von ihrem Job hatten, stellten sich auf das Dach im fünften Stock und schossen mit Blitzen zurück, trafen jedoch dieses Ding dort oben nicht.
„Wer zum Teufel hat denn den Fluch gesprochen?“, kreischte der Mönch, als er in den Gängen der Tempelanlage auf eine Feuerpriesterin traf. Sie war von ähnlicher Statur wie er, nur etwas größer, hatte gelbrotes Haar und ein gleichfarbiges Gewand.
Zwar war man durchaus gewohnt, dass ab und zu mal etwas brennt, aber nicht alles gleichzeitig. Die Windpriester auf dem Dach waren gefallen wie die Fliegen, aber da sie fliegen konnten, prallten sie nicht am Boden auf. Die gesamte fünfte Etage war demnach eingestürzt und brannte lichterloh, ein paar Wasserschüler gaben ihr bestes, ein paar Regentänze aufzuführen, doch dies funktionierte nicht unter Beschuss.
„Wie, Fluch?“, rief die Feuerpriesterin. „Hast du in Geschichte nicht aufgepasst?“
„Wir werden in Geschichte unterrichtet?“, fragte er.
„Ja, Mayennis Ryu Mifrane Trevor Standarte...“, stöhnte sie.
Hierzu ist zu sagen, dass alle Majoraner unheimlich lange Namen haben, jedoch nicht, weil diese Namen irgendeine Bedeutung haben, sondern nur, weil ihre Eltern so verdammt kreativ und zumeist nicht bei Sinnen sind.
„Ja, was ist das denn, Reya?“, fragte er hektisch. Und damit hätten wir schon einmal die Namen geklärt. Reyas Eltern waren nicht kreativ, sogar der Name war von dem Kind geklaut, das nebenan geboren wurde.
„Das sind Raumschiffe, die schießen mit Waffen auf uns.“
„Brandpfeile?“, fragte er.
„...in etwa...“
Einer der besagten Pfeile schoss gerade durch die Decke und entzündete Ryus Gewand. Nachdem er sich ein wenig am Boden gewälzt und dabei sein Gewand gelöscht, dafür den Boden entzündet hatte, rannten die beiden zusammen ziellos umher und verkrochen sich letztendlich in den unterirdischen Kerkern. Dort war alles leerstehend und da sie beide im Moment nichts ausrichten konnten oder sich zumindest nicht trauten, hielten sie es für nicht unintelligent, sich zu verstecken.
Kapitel II.
Hochzeitsnacht
„Meinst du, sie haben es geschafft?“, fragte Reya ängstlich. Sie hatte sich an ihn geklammert und er freute sich ziemlich darüber.
„Keine Ahnung – ich habe ja immer noch nicht verstanden, worum es geht“, meinte er achselzuckend und kuschelte sich an sie an, da er das ängstliche Klammern wohl falsch interpretiert hatte. Die beiden kannten sich zwar gut, aber nicht so gut. Eine Ohrfeige später begann sie ihm alles zu erklären.
„Raumschiffe sind so was wie Holzschiffe, aber sie können fliegen“, erklärte sie.
„Holzschiffe können auch fliegen. Hat der Abt gesagt. Weißt du noch, als er letzte Woche unter Lügenzauber lag? Da hat er´s verraten“, grinste Ryu.
„Idiot...“
„Der Abt? Wieso?“
„Also, Raumschiffe können fliegen. Es gibt im All Piraten wie auf unseren Meeren, aber die da oben morden und rauben ohne Rücksicht auf die Opfer. Anders als hier. Sie wollen den Tempel ausrauben und uns alle zu Sklaven machen oder töten. Verstanden?“
„Woher kennst du solche Wörter?“, wunderte er sich. „Kommen mir irgendwie bekannt vor, aber die Bedeutung... na, ist ja auch egal.“
„Idiot“, sagte sie.
„Brrr...“, murmelte Ryu. Feuerpriester waren ihm schon immer unsympathisch gewesen. „Reya, sag mal, wollen wir mal oben schauen was los ist?“
„Nein, dabei könnten wir umkommen.“
Er überlegte einen Moment lang, was sie wohl meinen mochte. Das Wort verstand er zwar gut, aber ging er davon aus, dass die Raumschiffe schon wieder fort waren. Achselzuckend erhob er sich vom Boden und verließ dieses dunkle Verlies mit leichtem Schritt. Sie schüttelte erst angsterfüllt den Kopf und lief ihm dann doch nach. Offenbar war es mittlerweile dunkelste Nacht geworden und der Mond pflegte erst früh morgens aufzugehen, sodass nur die brennenden Trümmer die Gegend erhellten. Der gesamte Tempel brannte, aber es waren keine Schreie oder irgendwelche anderen Anzeichen menschlichen oder unmenschlichen Lebens zu bemerken. Die anderen Tempelbewohner hatten sich dazu entschieden, dass sie die Festung noch nie gemocht hatten und waren in alle Himmelsrichtungen fortgerannt. Möglicherweise brannte gerade das letzte bekannte majoranische Bauwerk nieder, aber ihre Leben waren ihnen – klugerweise – wertvoller.
Ryu und Reya, die aus den dunklen Kerkergängen ans Licht des Feuers kamen, standen direkt vor dem brennenden Koloss. All die kunstvolle Einrichtung und die schönen Bilder verbrannten und zerfielen zu Asche.
„Sieht irgendwie schön aus“, meinte Ryu.
„Ich finde, wir sollten trotzdem wegrennen“, sagte sie nachdenklich.
„Nicht so schnell!“, rief eine unbekannte, männliche Stimme. „Gebt mir alles Gold, das ihr habt! Und auch sonst alles von Wert!“
„Wir haben nichts, wir sind nur arme Mönche“, sagte Reya dem kugelrunden Paraniden. Ryu holte eine kleine goldene Kiste hervor und gab sie dem Mann, darauf gespannt, was er wohl damit machen würde.
„Idiot“, zischte Reya.
„Wieso?“, zischte Ryu zurück.
„Ruhe“, rief der Paranide. „Du, mit der Brille, du kannst gehen, dich brauchen wir nicht. Aber die Schöne hier wird eine ausgezeichnete Frau für meinen Sohn abgeben.“
„Okay“, sagte Ryu und wollte gerade gehen, aber Reya widersprach.
„Ich kann ihren Sohn nicht heiraten, ich bin schon fest verheiratet“, widersprach sie.
„Ich sehe keinen Ring?“, fragte der Paranide.
„Äh; also ich bin fest versprochen, verlobt sozusagen“, log sie weiter.
„Mit wem?“, fragte er.
„Mit, äh... mit ihm“, sagte sie und legte Ryus Arm um ihre Schultern. Er grinste und drückte sie an sich.
„Achso – nun, zufälligerweise bin ich Piratenpfaffe“, sagte der Paranide. „Und ganz ohne drumrum erkläre ich euch hiermit zu Mann und Frau. Da will ich nicht so sein, hier sind sicher noch andere schöne Weiber. Die Ringe könnt ihr euch später besorgen.“
Ryu grinste unsicher. Reya war nur unsicher. Der Paranide beglückwünschte sie nochmals und lief dann in die brennenden Trümmer, um ein wenig mehr Goldschmuck zu stehlen. Der Bräutigam war erst noch verwundert, warum er sein Goldkästchen nicht zurückbekommen hatte, doch ging er davon aus, dass man es ihm später wiedergeben würde.
„Hey, ich bin verheiratet“, sagte Ryu stolz. „Dürfen wir uns jetzt küssen?“
„Äh; nein. Komm, wir verschwinden.“
„Wie Bonnie und Clyde?“
„So ähnlich.“
Da ein Raumjäger dicht über ihnen durch die Luft schoss und der Pilot absichtlich durch die Mauer flog, erkannte auch Ryu, dass es keine Schande ist zu fliehen, wenn man damit sein Leben retten kann. Allerdings erkannte er das erst, nachdem Reya es ihm gesagt hatte und er schon auf halbem Wege zum Weststrand war.
„Wo rennen wir hin?“, fragte sie.
„An die Klippen“, sagte er und nahm sie an der Hand, damit sie ihn im dichten Gebüsch nicht verliert.
„Nehmen wir ein Schiff auf eine andere Insel?“, fragte sie.
„Wenn du willst“, lachte er nur. Den brennenden Tempel hatten sie wie alle anderen verlassen, ohne sich weiter darum zu scheren.
Nach einiger Zeit blieben sie an der Klippe zum Weststrand stehen, an einer nicht sonderlich hohen Stelle nahe der Geisterbarke, die bedrohlich in den Wellen quietschte. Fern am Horizont waren Schemen von Wolken zu erkennen, das gleichmäßige Schlagen der Wellen und die schrillen Nachtgesänge der Handwerkskrebse gaben eine grausige Musik. Die Bäume und Büsche wehten synchron im eisigen Wind, der vom riesigen Meer her kam, Sterne funkelten vom Himmel auf sie hinab.
„Wunderschön...“, sagte Ryu beeindruckt.
„Wunderschön?“, kreischte Reya. „Das nennst du wunderschön? Unsere Heimat ist gerade abgebrannt, und es ist saukalt, dunkel, diese verfickten Krebse kreischen rum und du laberst etwas von wunderschön? Sachma, geht´s noch?“
„Gegen die Kälte können wir etwas tun“, sagte er warm lächelnd und nahm sie in den Arm. Diesmal konnte er der Ohrfeige knapp ausweichen. Er hatte Feuerpriester noch nie gemocht. Sie warf ein paar Äste auf einen Haufen und bereitete ihnen ein Lagerfeuer, benutzte dazu jedoch keine Magie, sondern ein Feuerzeug, denn auch sie war in paranormaler Hinsicht nicht unbedingt begabt, und wenn ihre Zauber doch mal etwas entflammten, dann meist sie selbst. Nachdem sie das Feuer gemacht hatte, setzte sie sich und achtete darauf, genau auf der gegenüberliegenden Seite Ryus zu sein.
Der schmollte nur ein wenig und sah in den Horizont.
„Aber es ist doch trotzdem eine schöne Hochzeitsnacht, oder?“, fragte er freundlich.
„Halt´s Maul“, schnauzte sie. Er sah sie traurig an, was sie ignorierte. Irgendwie konnte er auch nachvollziehen, dass sie gerade äußerst gereizt war...
Kapitel III.
Eine kleine Nachtmusik
„Geht´s dir besser, wenn ich auch schlecht gelaunt bin?“, fragte Ryu.
„Ist mir doch egal...“
Er rollte mit den Augen und überlegte sich, wie er sie wohl aufheitern könnte. „Warte einen Moment“, sagte er und rannte fort. Keine Minute später kehrte er mit einem Banjo zurück, das er in einem nahegelegenen Baumhaus versteckt gehalten hatte. Überall hatte er kleine Verstecke und Nischen errichtet, teils aus Langeweile, teils um sich vor Bären zu verstecken.
„Bitte nicht...“, sagte Reya flehend. Er spielte eine kleine Melodie auf dem Banjo. Sie drohte, es anzuzünden, wenn er noch einen einzigen Ton mehr spielt. Er hatte Feuerpriester noch nie gemocht. Die Musik musste er wohl leider aufgeben.
„Also, was machen wir jetzt?“, fragte er. Langsam verging ihm die Lust daran, sie irgendwie aufheitern zu wollen, doch noch gab er nicht auf.
„Bestimmt nicht das, was du denkst...“, zischte sie.
„Was ich denke...?“, wiederholte er langsam und schaute fragend.
„Perversling“, sagte sie und schaute weg. Ohne zu verstehen, was sie ihm damit nun wieder mitteilen wollte, legte er sich ins Gras und sah den Himmel an. Langsam ging der Mond dort am Horizont auf, wo die Sonne zuvor untergegangen war, und ein fahles Licht beschien sie. Lange Zeit blieben sie dort so wortlos liegen und sitzen, bis der Mond die halbe Höhe erreicht hatte. Die Krebse schliefen noch tief und fest.
Plötzlich hörten sie ein lautes, aber kurzes Knarren, das nicht von der Barke stammte. „Piraten?“, fragte Ryu unsicher. Reya nickte. Sie sprach einen kurzen Zauber und das Feuer sammelte sich im Zentrum des Holzhaufens, erlosch dann, sodass die Dunkelheit die beiden verbarg. Zumindest Feuer löschen konnte sie mit Magie. Schade, dass der Tempel dazu eine Nummer zu groß gewesen ist. Schleichende Schritte waren zu hören.
„Flie...“, sagte Ryu, aber Reya hielt ihm den Mund zu. Ein unmissverständliches Zeichen. Die Schritte näherten sich. Ein Schatten tauchte zwischen den Bäumen auf und näherte sich ihnen. Reya schlich etwas zur Seite und zerrte Ryu mit sich.
„Hallo?“, fragte der Unbekannte, der dem Ton nach ein Argone zu sein schien. Blind lief er in ihre Richtung und versuchte, irgendwo weit entfernt jemanden zu erkennen, dessen Stimme er gerade noch gehört hatte. So wanderte er blindlings zur Feuerstelle und wäre beinahe in sie getreten, ohne Ryu und Reya zu bemerken, die daneben kauerten. Hätte er nur einmal nach unten geschaut, hätte er sie im Mondlicht erkennen können.
„Tss... na, mir soll´s wurscht sein, wer hier rumwandert“, flüsterte der Pirat für sich selbst.
„Eben“, sagte Ryu. Reya hätte ihn vermutlich geschlagen, wenn ihr Zeit dazu geblieben wäre. Doch der Argone hatte nervös zu seiner Waffe gegriffen und zielte blind irgendwohin.
„Etwas weiter links...“, sagte Ryu. „Jetzt schießen.“
Der Argone schoss und das Lagerfeuer ging dank seines Lasers wieder an.
„Danke“, sagte Ryu. „Es ist wirklich etwas kühl...“
Der Argone war sichtlich wütend und hätte sie wohl gnadenlos abgeschossen, wenn Reya das Ablenkungsmanöver, zumindest hielt sie es für eines, nicht genutzt hätte, um den Argonen mit dem Feuerzeug anzuzünden. Dem war seine Waffe und das Morden plötzlich herzlich egal und er ließ sein Gewehr fallen, rannte ein wenig ziellos vor den Flammen weg und stolperte schließlich die Klippe hinunter, rollte ab und platschte ins Wasser. Nach dem eher zufälligen Löschen rannte er fort.
„Der arme Kerl...“, flüsterte Ryu für sich.
„Er wollte uns umbringen!“, rief Reya.
„Das hat er bestimmt nicht so gemeint...“
„Idiot...“
Ryu sackte auf dem Boden in sich zusammen und blieb liegen. Diese ewigen Beleidigungen nervten ihn allmählich etwas, vor allem deshalb, weil es immer die gleichen waren. Mehr Kreativität! Aber nun, er hatte Feuerpriester noch nie gemocht...
Reya setzte sich zu ihm ans Feuer und sie schwiegen einen Moment. Sie kam ins Grübeln über die Zukunft, schließlich hatten sie gerade ihre Heimat verloren.
„Und was machen wir jetzt?“, fragte sie.
„Wahrscheinlich nicht das, was ich denke...“
Sie betrachtete ihn skeptisch, er grinste nur.
„Auf der Insel können wir nicht bleiben, hier ist keiner mehr, aber ich will auch auf keine andere Insel umsiedeln. Es gibt wohl keinen Platz mehr für uns in dieser Welt...“
Ryu zeigte in Richtung des Himmels. Sie sahen hinauf.
„Die Sterne...“, flüsterte sie. „Du willst mit mir zu den Sternen reisen?“
„Nein, da ist eine Sternschnuppe... zu den Sternen reisen? Versteh ich nicht...“
„Gute Idee“, lachte sie. Er verstand allenfalls Bahnhof, das heißt, wenn er gewusst hätte, was ein Bahnhof ist.
„Aber wir haben kein Raumschiff“, fiel ihr auf, womit dieser Traum doch wieder schwand.
„Die Blitzdinger?“
„Ja, die Blitzdinger“, erklärte Reya genervt.
„Haben wir doch“, sagte Ryu und sah weiter gen Himmel. „Die Geisterbarke.“
„Was? Das Schiff ist verflucht! Es fliegt auch garantiert nicht mehr. Ich steige niemals in dieses Wrack!“
Plötzlich hörten sie Schritte; viele Schritte. Und sie kamen näher. Rufe wie „Da vorne sind sie!“ und „Schnappt sie euch!“ erfüllten den Wald.
Ryu stand langsam auf, putzte sich den Staub ab und half Reya auf die Beine. „Ich habe das Gefühl, dass du die Barke früher betrittst, als es dir lieb ist.“
Sie sah ängstlich in Richtung des Waldes, Ryu rannte los und riss sie mit sich. Sie hatten wohl tatsächlich keine andere Wahl aus dieser Falle zu entkommen, denn der entzündete Pirat hatte den Vorfall wohl über Funk gemeldet.
Ryu riss die Seitentür der Barke auf, stieg hinein. Reya folgte und schloss die Tür wieder. Die Barke war offenbar nichts als ein alter, wirklich alter Argon Transporter vom Typ »Rising Sun«, ein Modell, das aus der Mode gekommen war, da es keinem anderen Schiff gegenüber irgendwelche Vorteile aufwies. Das Schiff war nichts anderes als ein rundlicher Klumpen Metall mit Frontscheibe und ein paar Antrieben, die recht wahllos an der Rückseite angebracht waren. Vermutlich hatten die Kämpfe der früheren Zeiten mehr Schuld am Aussehen als die Ingenieure.
„Was machen wir jetzt?“, fragte Ryu nachdenklich.
„Also ich glaube wir wissen nur, was wir nicht machen“, sagte Reya nur und sah sich verzweifelt um. Es gab hier nichts als einen Pilotensessel und die dazugehörige Schalttafel, die Tür in den Lagerraum war verklemmt.
Reya erinnerte sie an den Geschichtsunterricht. Damals hatte man diese Dinger mit Schaltern und solchem Kram bedient. Sie setzte sich auf den gut durchweichten Pilotenstuhl, sodass Wasser in alle Richtungen spritzte, und spielte an den Bedienungsknöpfen herum. Nichts geschah. Die Piraten hatten bereits die Küste besetzt und durchforsteten das Gelände. Zwei waren nahe der Barke, um die Brandwunden zu rächen.
„Warum geht das nicht an?“, heulte sie.
Ryu sah sich um. Ein kleines Knöpfchen in der Ecke blinkte. Er trat dagegen und das Licht ging an, die Systeme heulten auf. Man könnte auch sagen, sie schluchzten oder weinten auf, es klang jedenfalls ziemlich jämmerlich.
„Ich hab´s geschafft!“, kreischte Reya. Sie tippte weiter wild alle Knöpfe an und legte Schalter um, ohne dabei irgendwie ein System zu haben. Ryu sah sich weiter um. Ein paar gedruckte Logbücher lagen in der Ecke, sie waren recht vermodert, mehr konnte er nicht erkennen.
Kapitel IV.
Kurz vor Sonnenaufgang
Durch den Systemstart waren die Piraten auf das Wrack aufmerksam geworden und stürmten darauf zu, schossen auf es. Glücklicherweise richteten ihre Waffen an der Außenhülle nichts aus und sie waren zu blöd, um die Tür zu finden, sodass noch etwas Zeit verblieb, bis sie die Insassen erschießen könnten. Gerade hatten sie die Bazooka aus dem Lager in der Nähe angefordert...
„Wie startet man das?“, heulte Reya. Ryu hatte ihr wortlos zugeschaut.
„Das einzige, an dem du nicht rumgespielt hast, ist das Ding da... dieses... lange... Stock... mit rotem, äh... Dings dran, äh... Rotgrau, da rechts. Mit dem Strich und...“
Reya sah sich verzweifelt nach etwas um, das der Beschreibung entsprach, bis sie den Geschwindigkeitsregler fand und durchdrückte. Wie aus dem nichts ratterte es, das gesamte Gefährt wackelte und die Piraten wichen eingeschüchtert zurück. Dann passierte es – nichts.
„Sind wir gestartet?“, fragte Reya unsicher und versuchte nach draußen zu spähen. Jede Menge Pflanzen hatten sich dort vorne festgesetzt, aber da sie noch immer das Meer dazwischen sah musste sie davon ausgehen, dass sie noch am Boden waren. Reya zog den Schalter zurück und drückte ihn wieder durch. Nichts geschah.
„Was genau machst du da eigentlich?“, wunderte Ryu sich. „Es ist eh kein Esel angespannt, das Ding bewegt sich niemals.“
Diesen Kommentar ignorierend betätigte sie weiter alles, was sich irgendwie betätigen ließ. Währenddessen war der Pirat mit der Bazooka aufgetaucht und nahm sie ins Visier, ohne dass sie etwas davon wussten. Die anderen Piraten entfernten sich klugerweise, einige richteten ihre Fotokameras auf das Wrack.
„Wir sollten Pause machen, hier drinnen sind wir sicher“, meinte Ryu.
Glücklicherweise ließ sie sich nicht davon überzeugen und trat gegen einen Schalter. Niemand der Anwesenden wusste, warum, aber sie startete so die Motoren auf voller Leistung und mit einem lauten Knall, den man noch auf dem Tempelgelände hörte, zischte eine Rakete auf die Geisterbarke zu und die Geisterbarke gen Himmel. Der Pirat hatte gut gezielt und die Rakete schlug im Heck ein, schleuderte die Barke etwas umher. Es war ein Glück, dass sie getroffen hatte, denn sie korrigierte den Kurs des Schiffes, das in annähernd senkrechtem Winkel nach oben startete und bald außer Sichtweite war. Die Piraten hätten sich zwar gerne für die Verbrennungen eines ihrer Kameraden gerächt, doch so wild war die Sache nun auch wieder nicht und sie wandten sich wieder der Plünderung der Kunstgegenstände zu.
Ryu und Reya lagen auf der Rückwand des Cockpits, krallten sich aneinander und bangten um ihr Leben. Die G-Kraft war unglaublich hoch und da die Sicherheitsmaßnahmen dieses Schiffes nicht ausreichten, wäre jede andere Rasse, ausgenommen der Split, vermutlich daran gestorben, doch unsere Majoraner verletzten sich vermutlich stärker dadurch, dass sie sich aneinander krallten.
Ryu öffnete langsam die Augen und sah nach oben. Sie kamen der Wolkendecke schnell näher. Langsam löste sich sein festes Klammern und glich mehr einer Umarmung. Reya sah verwundert auf. Sie starrten in die Höhe, durchschlugen die Wolkendecke in wenigen Sekunden. Das Plankton an der Frontscheibe war mittlerweile fortgeweht und sie drehten sich immer weiter gen Himmel. Das Himmelblau verdunkelte sich und Sterne wurden sichtbar. Die automatischen Bordsysteme starteten und aktualisierten die Sternenkarten, identifizierten die Besatzung und summten leise. Der Lärm des Starts war vorüber und die Antriebe stimmten in das Summen ein, es herrschte ansonsten absolute Stille, nur Summen und leises Atmen...
Letztendlich wich das blau einem tiefen schwarz, magentarote und blaue Nebel waren weit entfernt sichtbar, hunderte Sterne schienen auf sie hinab.
„Wunderschön...“, flüsterte Ryu.
„Wunderschön...“, stimmte Reya zu. Sie vergaß die verlorene Heimat, die verlorene Habe und den Umstand, dass sie ihr Leben nur reinem Glück zu verdanken hatten. Denn dieser Ausblick war... wunderschön. Sie sahen dies zum ersten Mal in ihrem Leben und es war wohl alle Strapazen der vergangenen Nacht wert. Durch das linke Seitenfenster konnten sie die Sonne sehen, die langsam hinter dem Planeten hervortauchte und ein grelles, doch wundervolles Licht auf sie warf.
„Wie auf Wolke Sieben...“, sagte Ryu. Reya sah ihn fragend an, sie hielten sich immer noch in den Armen. Dann fiel ihr auf, dass sie leichter wurde – offenbar ließ die Anziehungskraft nach, nur noch der Antrieb hielt sie an der Hinterwand.
„Warum schwebe ich?“, fragte sie kurz darauf ein wenig hysterisch.
„Keine Ahnung, aber es ist verdammt cool“, lachte Ryu. Sicher verwunderte sie ihre neue Fähigkeit und sie konnten sich das alles kaum erklären, denn auch im Geschichtsunterricht hatten sie nur vage davon erfahren, wie Piloten eigentlich fliegen.
„Sag´ mal, was machen wir hier oben eigentlich?“, fragte Ryu nach einiger Zeit.
„Soweit ich weiß haben die im All auch Häuser. Wir könnten irgendwo hinfliegen und fragen, ob sie uns eine Arbeit anbieten.“
„Arbeiten?“, wunderte sich Ryu. „Wir machen Karriere und werden reich?“
„Weiß nicht ...“, meinte sie nur achselzuckend. Denn genau genommen waren sie beide gleich planlos, weder ihr Wissen noch seine, äh... jedenfalls nützte es ihnen nichts.
Die Aussicht genießend näherten sie sich dem Sektorenzentrum Farfarsouth. Die Antriebe ließen langsam nach, gingen schließlich aus, sie mussten abkühlen, denn sie waren überhitzt worden. Ryu und Reya sahen weiter Arm in Arm hinaus ins All, hatten die Strapazen vergessen und bewunderten die Welt dort oben, wurden langsam müde und schliefen schließlich langsam ein...